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Donovans Gehirn

Donovans Gehirn

Titel: Donovans Gehirn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Curd Siodmak
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an grausame Morde gewöhnt war, fuhr er fort: »Natürlich erinnert er sich nicht, jemanden überfahren zu haben. Er sagt, er kam von einem Bierabend und war leicht betrunken. Ein seltsames Zusammentreffen, daß es gerade seine Mutter war, die er tötete!«
    »Das Motiv?« fragte ich wieder.
    Der Beamte zuckte die Achseln und wurde plötzlich verschlossen. Als Hüter einer sonderbaren Auslese Gefangener verlangte man von ihm, unparteiisch zu sein, doch gegen Hinds schien er eine starke persönliche Abneigung zu hegen.
    Nach einer gewissen Zeitdauer beeinflußt die Gefängnisatmosphäre die Wärter wie die Sträflinge gleichermaßen. Nach ein paar Jahren Dienst beginnen auch die Wärter die Welt in einem anderen Licht zu sehen. Recht und Unrecht werden zu abstrakten Begriffen, und es entwickelt sich ein starkes Verständnis für die Motive der Verbrechen.
    Nur ein Mann, der mit seinen Händen gearbeitet hat, kann den Arbeiter verstehen. Nur wer auf Schiffen gefahren ist, versteht Männer, die das Meer lieben. Jeder künftige Richter sollte eine Lehrzeit als Gefängniswärter durchmachen. Die Justiz sollte nicht nur theoretisch gelehrt werden.
    Doch in Hinds' Fall verdammten die Sträflinge wie die Wärter den Mörder gleichermaßen.
    »Darf ich Hinds sehen?« fragte ich.
    Der Direktor stand auf und drückte auf einen Klingelknopf.
    »Ich mußte ihn absondern – sonst hätten ihn die anderen Gefangenen umgebracht. Ich habe niemals einen solchen Haß unter ihnen gesehen. Sie würden sein Essen vergiften, wenn sie die Möglichkeit dazu hätten!«
    Ein Beamter trat ein und salutierte gemächlich.
    »Bringen Sie Dr. Cory zum fünfzehnten Stockwerk«, sagte der Direktor, »und lassen Sie Hinds holen.«
    Der Mann salutierte wieder, und wir verließen das Zimmer.
    Wir gingen hinüber zum Aufzug. Die eisenvergitterte Tür glitt zurück.
    »Fünfzehn«, sagte der Beamte zu dem farbigen Liftjungen. Er sah mich aus den Augenwinkeln an, als nähme er es mir übel, daß ich Hinds besuchen wollte.
    Wir kamen an. Die Tür öffnete sich in einen großen Raum, in dem Tische mit zehnzölligen Scheidewänden längs der Mitte die Besucher von den Sträflingen trennten.
    »Warten Sie hier. Ich muß ihn aus Highpower holen«, sagte der Beamte unfreundlich.
    Highpower ist der zehnte Stock, wo die Mörder gefangengehalten werden.
    Ich setzte mich auf eine Bank und las die Aufschrift über der Scheidewand: »Diese Seite ist für Anwälte.«
    Auf der anderen Seite stand: »Gefangene.«
    Der Raum war ziemlich voll. Gefangene in blauen Overalls traten ein, setzten sich und sprachen mit leiser Stimme. Die Anwälte nahmen die Hüte nicht ab, und alle schienen es eilig zu haben.
    Der Raum summte von Stimmen. Im gelben Licht sahen die Gesichter bleich aus.
    Mein Polizist kehrte zurück. Hinds war bei ihm.
    An der eisenverrammelten Tür, die von zwei Beamten bewacht wurde, ließ man Hinds frei. Der eine Wärter, der ihn begleitet hatte, deutete finster auf mich, dann drehte er sich rasch um und ging weg, als fürchte er, durch die Nähe Hinds' die Pest zu bekommen.
    Er trat zu mir und sah mich leer an.
    »Mein Name ist Patrick Cory«, sagte ich über die Breite des Tisches und streckte ihm die Hand hin, die er übersah. Er setzte sich mir gegenüber und sah mich an, als sei ich der Gefangene und er der Besucher von draußen.
    Er war ein recht hübscher Junge, vielleicht fünfundzwanzig, gut gewachsen, schlank und muskulös. Das glatte blonde Haar war zurückgekämmt, die blauen Augen waren klar, sein Mund aber war hart und fast lippenlos. Nicht ein weicher Zug war in seinem Gesicht. Er war der Prototyp des enttäuschten jungen Menschen, der in einer sonderbaren Auffassung von Tapferkeit das Leben nicht sehr achtet.
    Dieser Junge würde bis zu den Stufen des Galgens zynisch sein. Er würde auf dem Wege zum Henker scherzen und seine Rolle bis zum Tode spielen. Ebensogut konnte er plötzlich seine großtuerische Verächtlichkeit verlieren und in einen Abgrund der Angst fallen, die in einer Sekunde einen Wurm aus ihm machte, der sich am Boden wand.
    Wenn er vorhatte, den Unzurechnungsfähigen zu spielen, so würde er diesen Plan durchführen, bis er wirklich verrückt war und in eine Anstalt gebracht werden mußte.
    Doch da er beliebte, sich für einen Helden zu halten, und sein Dünkel stärker war als sein Lebenswille, behandelte er die ganze Welt mit Verachtung. Er war ein Fanatiker ohne Ursache – und mit Fanatikern zu diskutieren ist

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