Donovans Gehirn
sinnlos.
»Ich wollte Sie fragen, ob Sie Roger Hinds kennen.«
Er hatte eine andere Eröffnung des Gesprächs erwartet. Er mißtraute mir, weil er voll Argwohn gegen die Tricks war, durch die das Gesetz ihm vielleicht ein Bekenntnis ablocken konnte.
»Ja«, sagte er mürrisch, »ich hatte einen Onkel, der sich erhängt hat – wenn es der ist, den Sie meinen.«
»Wie lange ist das her?« forschte ich.
»Ehe ich geboren wurde – aber ich erinnere mich, daß meine Mutter von ihm sprach.«
Die Erwähnung seiner Mutter berührte ihn gar nicht.
Einen Augenblick saßen wir schweigend. Hinds blickte auf seine Hände, die dünn und weiß waren, mit breiten Nägeln.
Ich war ganz ich selbst, ohne jeden Zwang des Hirns, und konnte fragen, was meine Neugierde mir eingab.
»Kennen Sie Warren Horace Donovan?«
»Persönlich nicht«, sagte Hinds. »Ist das der, der vor ein paar Wochen im Flugzeug abstürzte? Ich las es in der Zeitung.«
Er starrte noch immer auf seine Hände, meine Fragen interessierten ihn nicht. Wir manövrierten wie zwei Fechter, jeder wartete, daß der andere anfing.
»Ich bin hier, um Ihnen zu helfen – soweit ich kann.« Sofort wurde er aggressiv.
»Ich brauche keine Hilfe. Wenn sie mich hängen wollen – okay. Aber sie kriegen mich nicht klein. Sie behandeln mich lausig, aber mir ist es gleich.«
Er hielt seinen Widerstand aufrecht, indem er alle haßte.
»Herr Fuller wird Sie verteidigen«, sagte ich.
»Das hat er mir gesagt. Er soll 'ne große Nummer sein. Ich möcht' wissen, wer ihn engagiert hat.«
Er sah mich fragend an, aber schnell kehrte der mürrische Ausdruck in sein Gesicht zurück. Er wollte sich nur auf sich selbst verlassen. Wenn ihm jemand helfen wollte, so wurde sein Selbstvertrauen bloß geschwächt. Zänkisch kehrte er Ursache und Wirkung um, um sich selbst ins Recht zu setzen.
»Sie können mir nichts tun. Ich hab' die Alte nicht vorsätzlich überfahren. Sie können's nicht beweisen. Sogar diese große Kanone, der Anwalt, kann auch bloß die Wahrheit sagen.«
Plötzlich grinste er. »Sie haben Sie hergeschickt, damit Sie mich zum Sprechen bringen! Also, hauen Sie ab und erzählen Sie ihnen, daß ich sie nicht mit Absicht überfahren hab'.«
Er wiederholte seine Worte, um seine Unschuld zu bestätigen. Er zeigte seine Verteidigungswaffen. Wenn er sich weigerte zu gestehen, war das Gesetz machtlos, dachte er.
»Wenn Sie unschuldig sind, wird man Sie freilassen.«
»Wird ihnen nichts anderes übrigbleiben. Ich hab' noch 'ne Masse Sachen vor. Ich würde verdammt ungern schon sterben.«
Sein dünner Mund schloß sich hart und die Muskeln seiner Kinnbacken sprangen heraus.
»Sagen Sie ihnen nur, sie bringen mich nicht zur Strecke! Und wenn sie mich wieder ins Loch stecken und mich halb totschlagen und mir verdorbenes Essen geben und all die Jungens hier auf mich hetzen! Ich kenn' ihre Tricks! Sie können mir nichts tun! Und sie werden's zu büßen haben – lassen Sie mich 'mal hier raus sein!«
Er stand auf. Die Besprechung war vorbei, was ihn betraf. Durch mich hatte er der Welt mitgeteilt, wie sehr er sie verachtete.
»Und wenn sie mich hängen – kleinkriegen sie mich nicht«, sagte er laut und ging, den Kopf hoch, zu dem Wärter zurück – er wußte, der ganze Raum sah ihm nach.
Dieser Junge ist ein Mörder – wenn je einer zum Mörder geschaffen wurde. Aber er hat einen schlechten Start im Leben gehabt, keiner nahm sich die Mühe, die Kräfte in ihm zu entwickeln, die ihn zurückgehalten hätten. Er ist nicht allein zu verdammen – obwohl auch kein Grund vorliegt, ihn zu verteidigen.
Er wird wieder morden, wenn er glaubt, daß ihm jemand im Wege ist.
Der Fahrstuhl brachte mich hinunter.
Was hat aber Donovan mit dem Burschen zu tun? Wenn Cyril Hinds sein unehelicher Sohn wäre, so könnte ich Donovans Haltung verstehen. Nun, vielleicht weiß Fuller die Wahrheit.
Elfter Dezember
Der Portier händigte mir einen Brief aus mit einer Einladung, am 13. um sieben Uhr in Howard Donovans Haus in Encino zu speisen.
Ich werde bestimmt hingehen, um ihn zu sehen und mir all die Fragen anzuhören, die ich nicht beantworten werde.
Ich wußte wohl, daß Howard wieder auftauchen würde!
Schratt rief an. Er erzählte mir, daß Janice wieder in Washington Junction ist. Als ich fragte, warum sie nach Hause gefahren sei, scherzte er – Janice und er seien so gute Freunde, daß sie meine Abwesenheit ausnützen müßten, um ein wenig allein zu sein.
Dem Hirn
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