Doppelspiel
sah, dass Frank ihn anschaute. »Da ich dich ja kenne«, scherzte Frank, »hielt ich das für eine gute Idee.« Shaw schnappte sich ein antiseptisches Tupferpäckchen und warf es Reggie zu. »Für dein Gesicht. Waller hat dich ziemlich erwischt.«
Reggie reinigte ihr Gesicht, so gut sie konnte, und kümmerte sich dann um Dominics Arm.
Die Sirene ließ sie alle den Kopf rumreißen.
»Ein Streifenwagen ist hinter uns«, sagte Whit, nachdem er in den Außenspiegel geschaut hatte.
»Scheiße, wir können unmöglich anhalten und uns da rausreden«, sagte Shaw und gab wieder Gas.
Gut zehn Kilometer später, als das Sirenengeheul in der provenzalischen Landschaft verhallt war, sagte Whit: »Du bist ein ziemlich guter Fahrer.«
»Lass uns einfach dankbar dafür sein, dass sie nicht die Möglichkeit für eine Straßensperre hatten. Dann wäre ich nämlich nur noch ein ›ziemlich guter‹ Gefangener gewesen.«
Schließlich erreichten sie den Privatflugplatz. Neben dem Flugzeug parkte ein glänzend schwarzer Range Rover. Der Arzt an Bord des Jets reinigte Franks Wunde, renkte Dominics Knochen wieder ein und schiente den Arm mit zwei kleinen Holzstücken und jeder Menge medizinischem Klebeband. »Er braucht einen Gips«, sagte der Arzt. »Aber dafür fehlt mir hier das Material.«
Shaw half Reggie, sich ihr Gesicht zu verbinden, während Whit in einer Ecke der luxuriösen Kabine hockte und ihnen mit versteinerter Miene zusah. Der Copilot kam nach hinten. »Wenn Sie wollen, können wir sofort starten«, sagte er zu Frank. Frank setzte sich langsam auf und rieb sich den Arm, wo der Arzt ihm eine Spritze mit Schmerzmitteln gesetzt hatte.
»Nein, das werdet ihr nicht.«
Alle drehten sich zu Whit um, der die Waffe auf sie gerichtet hatte. »Ihr zwei könnt gehen«, sagte er und deutete auf Frank und Shaw. »Aber wir drei werden uns den Wagen da draußen nehmen und weitermachen.«
»Das ist keine gute Idee«, bemerkte Shaw.
»Für uns schon«, schoss Whit zurück. »Ich weiß nicht, wer ihr Typen seid, und ich will es auch gar nicht wissen. Danke für die Hilfe, aber jetzt sollten wir uns in Freundschaft trennen.«
»Ihr werdet ihm nie entkommen«, sagte Frank und versuchte aufzustehen, doch Shaw legte ihm die Hand auf die Schulter.
»Darauf lasse ich es ankommen.«
»Ihr werdet eine Geisel brauchen«, sagte Shaw. »Ohne habt ihr nämlich keine Chance gegen den Typen hier.« Er deutete auf Frank. »Ihm stehen mehr Ressourcen zur Verfügung, als ihr bewältigen könnt. Aber er will mich auch nicht verlieren. Damit hättet ihr ein Druckmittel in der Hand.«
Whit schaute skeptisch drein. »Du willst, dass wir dich als Geisel nehmen? Wohl kaum.«
»Dann habt ihr keine Chance«, schnappte Shaw.
Whit stieß Shaw mit dem Finger auf die Brust. »Verpiss dich.«
Reggie trat zwischen die beiden. »Er hat recht, Whit.«
»Ich werde deinen Loverboy nicht mitnehmen, nur weil du …«
Shaw schob Reggie zur Seite und trat einen Schritt auf Whit zu. »Ihr konntet ja noch nicht einmal den Zugriffsort richtig erkunden. Ihr habt euch in einen Hinterhalt locken lassen, und wäre ich nicht gewesen, dann wärt ihr jetzt tot. Das hast du selbst gesagt. Jetzt müssen wir aus dem Land, und ohne Flieger müssen wir uns einen anderen Weg suchen. Ich kann das, denn ich habe das schon hundert Mal gemacht. Könnt ihr das auch?«
Jetzt schaute Whit nervös zu Reggie.
»Er hat recht, Whit«, meldete Dominic sich zu Wort. »Auf so etwas sind wir nicht vorbereitet.«
Ein paar Sekunden lang schäumte Whit innerlich vor Wut. »Also schön. Aber sobald du auch nur die kleinste Kleinigkeit versuchst …«
»Jaja, wie auch immer.« Shaw drängte sich an ihm vorbei und ging zur Flugzeugtür.
»Shaw!«, rief Frank. »Das kannst du nicht tun. Du weißt doch noch nicht einmal, wer diese Leute sind.«
»Wir bleiben in Kontakt, Frank. Ich hoffe, du bist bald wieder gesund.«
Die anderen folgten ihm aus dem Flugzeug.
Als sie in den Range Rover stiegen, fragte Whit Shaw: »Hey, wie bist du überhaupt entkommen?«
»Mit einer Toilette, ein wenig Wasser und etwas Muskelschmalz. Und ach ja … Ihr solltet vielleicht jemanden anrufen, der euren Freund wecken und abholen kann.«
»Verdammt aber auch.« Whit war beeindruckt.
Kapitel sechzig
F edir Kuchins Villa war leer. Kein SUV stand davor, kein Fenster war offen, und kein Zigarrenrauch stieg aus dem Garten auf. Die Taschen waren gepackt; die geschundenen Männer sammelten sich, und dann waren sie
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