Doppelspiel
alles viel zu starr, viel zu vorhersehbar. Die da oben sind schon lange da … vielleicht viel zu lange.«
»Ich wusste gar nicht, dass Sie sich auch für Geopolitik interessieren.«
»Es gibt viele Dinge, die Sie nicht über mich wissen. So … Ich glaube, wir sind da.«
Rice schaute aus dem Fenster und sah das Gebäude. Der Flug war in den letzten zwanzig Minuten ausgesprochen turbulent gewesen, da sie immer knapp vor einem Gewitter hergeflogen waren, und dreißig Meilen Fahrt über holprige Landstraßen hatten Rices Magen auch nicht gerade beruhigt. Und der Gedanke an die Leute, mit denen sie sich nun treffen würden, bereitete ihm noch auf andere Art Übelkeit. Seinen Boss hatte der Sturm selbstverständlich ebenso wenig gekümmert wie das bevorstehende Treffen.
Jeder, der nach Material für eine Atombombe suchte, um so viele Menschen wie möglich zu töten, war natürlich wahnsinnig. Rice akzeptierte, dass das auch für seinen Arbeitgeber galt – zumindest teilweise –, und er hatte gelernt, was er tun musste, um im Umfeld dieses Mannes zu überleben. Ihre Geschäftspartner heute Abend waren jedoch eine Unbekannte. Rice wünschte, Waller hätte nicht darauf bestanden, dass er ihn begleitete.
Als Rice versucht hatte, sich zu weigern, war Waller wie erwartet äußerst offen gewesen. »Als rechte Hand des Bosses kann man sich nicht aussuchen, mit wem man sich trifft und mit wem nicht. Und die Zimperlichen können nicht zur rechten Hand aufsteigen. Und zu Ihrer Information sei gesagt, dass Sie unglücklicherweise ausschließlich in dieser Funktion für mich von Nutzen sind, Alan.«
Die Worte waren scherzhaft gewesen, der Tonfall nicht. So war Rice dann ins Flugzeug gestiegen und durch mehrere Zeitzonen geflogen, um seinem Boss dabei zu helfen, den Tod Tausender zu verhandeln.
»Wie wollen Sie das Meeting eröffnen?«, fragte Rice.
»Wir werden uns begrüßen, und wir werden lächeln. Wenn Sie uns etwas zu essen und zu trinken anbieten, werden wir dankend annehmen, und schließlich werden wir verhandeln. Nebenbei bemerkt … Zeigen Sie denen nicht Ihre Schuhsohle. Das gilt als schwere Beleidigung.«
»Gibt es sonst noch etwas, das ich wissen sollte?«
»Ja, das Wichtigste.«
Rice schaute ihn erwartungsvoll an.
»Falls wir rennen müssen, dann rennen Sie, und zwar schnell.«
Rice war entsetzt. »Glauben Sie wirklich, dass es so weit kommen wird?«
»Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass ich irgendwelchen Beduinen im Kaftan nicht vertraue, die die Welt in die Luft jagen wollen.«
»Warum um Himmels willen sind wir dann hier?«
»Das habe ich Ihnen doch gerade erklärt. Ich suche neue Herausforderungen.«
»Glauben Sie wirklich, dass wir die Flucht ergreifen müssen?«
»Vielleicht. Und falls ja, dann stellen Sie sicher, dass ich immer vor Ihnen bin.«
»Und wenn nicht?«
»Dann werde ich Sie erschießen und über Ihre Leiche springen.«
Kapitel zweiundzwanzig
D as Haus war groß, modern und lag meilenweit von jeder anderen Behausung entfernt. Am Tor empfing sie ein Mann in dunklem, maßgeschneidertem Anzug und mit einem Turban auf dem Kopf. Er durchsuchte Waller und Rice und konfiszierte Wallers Waffe. »Das ist eine eigens für mich angefertigte 9 mm von Heckler & Koch«, erklärte Waller dem Araber. »Wenn ich sie zurückbekomme, erwarte ich, keinen Kratzer darauf zu sehen.«
Falls der Mann das verstand, so ließ er sich das zumindest nicht anmerken.
»Was ist mit meinen Männern?« Waller deutete hinter sich und zu den sechs stämmigen Kerlen, die ihre Waffen nicht abgegeben hatten. Waller glaubte, die Antwort auf seine Frage zu kennen, und tatsächlich sagte der Araber dann in stockendem Englisch, die Männer könnten gerne ins Haus kommen und ihre Waffen behalten. Waller runzelte perplex die Stirn, schwieg aber.
Rice schaute die dunkle Fassade hinauf. »Sieht so aus, als sei niemand daheim«, bemerkte er hoffnungsvoll.
Als sie sich dem Ende der Auffahrt näherten, sagte Waller. »Oh doch, sie sind da. Ich bin sicher, wir werden sehr willkommen sein.«
»Warum habe ich nur den Eindruck, als würden Sie das nicht ernst meinen?«
»Ich bin mir sogar ziemlich sicher. Vermutlich gehen gerade Ihre Nerven mit Ihnen durch.«
»Warum wohl?«, murmelte Rice vor sich hin.
Die Innenbeleuchtung war so schwach, dass Rice die Augen zusammenkneifen musste, um in den äußersten Ecken des großen Raums etwas zu erkennen. Die Bodyguards folgten Waller und Rice, und Waller und Rice folgten dem Mann mit
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