Doppelspiel
Rock an, dazu ein hellblaues Tanktop. Auf Schuhe verzichtete sie jedoch, denn sie mochte die kühlen Fliesen unter ihren Füßen. Dann richtete sie sich ausgiebig Haar und Gesicht im Badezimmer und nahm sich sogar fünf Minuten Zeit, um ein Armband und dazu passende Ohrringe auszusuchen.
Sie war noch vollkommen damit beschäftigt, sich zurechtzumachen, als sie plötzlich wie festgefroren war und in ihr geschminktes Gesicht starrte, in dem die Augen durch Eyeliner und Mascara sogar noch größer wirkten als sonst.
Es ist Eifersucht. Ich spiele den einen gegen den anderen aus. Mehr ist das nicht .
Whits Stimme hallte in ihrem Kopf wider. »Dann machst du das alles also nur für die Mission?«
Reggie starrte ihr Spiegelbild weiter an. Es ging immer nur um die Mission. Ein Monster weniger auf der Liste. Das war alles, was sie wollte. Und dabei war völlig egal, wie sie ihr Ziel erreichte.
Das Geräusch der Türklingel erschreckte sie so sehr, dass sie fast kollabiert wäre. Sie schaute auf ihre Uhr. Punkt acht Uhr. Reggie legte letzte Hand an ihr Make-up und lief die Wendeltreppe hinunter. Als sie die Haustür öffnete, hielt Shaw ihr zwei Flaschen Wein entgegen. »Der Weinhändler in der Stadt hat geschworen, das seien die zwei besten Rotweine, um damit eine wohlhabende, anspruchsvolle junge Dame zu umgarnen.«
Reggie nahm eine der Flaschen und las das Etikett. »Und er hat recht gehabt. Ich bin beeindruckt. Die müssen dich ein kleines Vermögen gekostet haben, selbst in der Provence.«
»Ich habe mir noch nie von Geld den Spaß verderben lassen. Und als ehemaliger Lobbyist bin ich es gewohnt zu feilschen.«
Reggie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste Shaw auf die Wange. Er folgte ihr in die Küche, und sein Blick haftete dabei an ihrer Hüfte.
»Vermisst du die Arbeit nicht?«, fragte sie.
»Nicht wirklich. Genau genommen hat man mir eine gewaltige Summe Geld dafür bezahlt, Leuten noch mehr Geld zu verschaffen, die ohnehin schon zu viel davon haben.«
»Ich habe schon alles vorbereitet. Dein Werkzeug wartet auf dich.« Reggie deutete auf ein Sägezahnmesser und ein Hackbrett neben einem Haufen Gemüse.
»Okay, aber zuerst etwas für den Durst.« Shaw schnappte sich den Korkenzieher vom Tresen, öffnete eine Flasche, schenkte zwei Gläser ein und gab eines davon Reggie. Sie stießen an und tranken einen Schluck. Dann stellte Shaw das Glas wieder ab und nahm sich das Messer. »Und? Was gibt es?«, fragte er und begann, das Gemüse zu schneiden.
»Als Hauptgang werde ich einen Eintopf mit Huhn, Tomaten und Gemüse servieren, geschmacklich verfeinert mit einer streng gehüteten, geheimen Gewürzmischung. Als Vorspeise gibt es eine Käseplatte, Cracker und ein paar gefüllte Oliven. Dann wäre da noch der Salat, Brot und Olivenöl sowie ein kleines Sahnedessert, das ich allerdings in einer Bäckerei gekauft habe, denn ich kann so was nicht. Der Kaffee ist natürlich französisch.«
»Klingt wunderbar.«
»Weißt du, so deprimierend Goya auch sein kann, ich habe den heutigen Tag sehr genossen.«
Shaw schaute zu ihr, während sie den Eintopf rührte. »Ich auch«, sagte er. »Das muss an der Begleitung gelegen haben.«
Reggie runzelte die Stirn. »Okay, um dir nichts zu verheimlichen: Evan hat mich gefragt, ob ich morgen mit ihm nach Roussillon fahren will.«
Shaw war mit den Tomaten fertig und machte sich nun über den Sellerie her. »Und? Fährst du?«
»Ich habe Ja gesagt, aber ich denke, dass ich allein fahren und mich erst dort mit ihm treffen werde.«
»Okay.«
»Du hörst dich aber nicht okay an.«
»Wenn es nach mir ginge, hättest du nichts mit dem Kerl zu tun.«
»Aber es geht nicht nach dir.«
»Das ist mir nur allzu schmerzhaft bewusst.«
»Glaubst du wirklich, dass der Typ so übel ist?«
»Sagen wir einmal so: Ich will nicht, dass du herausfinden musst, dass ich recht habe.«
Sie lächelte. »Ich werde mich mit der Tatsache trösten, dass du hier bist, um mich zu beschützen.«
Shaw schnitt das Gemüse mit solch übertriebenem Eifer, dass Reggie fragte: »Stimmt etwas nicht?«
Shaw ließ das Messer fallen und wischte sich die Hände an einem Geschirrtuch ab. »Meine Pläne haben sich geändert. Ich … Ich muss morgen weg. Zurück nach Hause.«
Reggie wurde kreidebleich. »Du musst weg? Warum?«
»Es ist etwas mit meinem Sohn.«
»O Gott! Das tut mir leid. Ist es sehr ernst?«
»Er ist nicht krank oder so. Es ist eher ein emotionales denn ein körperliches Problem,
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