Doppelspiel
wollen zusammen kochen.«
»Bill kommt also, ja. Ich verstehe. Und ich nehme an, Sie können Bill nicht absagen, oder?«
»Nein, aber morgen und übermorgen habe ich noch nichts geplant.«
»Dann will ich mich dafür schon mal anmelden und für alle Tage danach. Morgen früh könnten wir zum Beispiel nach Roussillon fahren.«
Reggie tat so, als würde sie darüber nachdenken. »Ich denke, das klappt, aber lassen Sie uns einen Tag nach dem anderen angehen.«
»Hervorragend.« Waller beugte sich vor und küsste ihr die Hand.
Reggie drehte sich um und sah einen schlanken Mann aus Kuchins Villa auf sie zukommen. Ihr fiel auf, dass der Mann leicht humpelte. Er trug eine blaue Hose und einen ärmellosen gelben Sweater über einem weißen Hemd.
Kuchin richtete sich wieder auf. »Ah, Alan, ich möchte Ihnen diese liebreizende junge Dame vorstellen. Alan Rice, Jane Collins.«
Sie schüttelten sich die Hand.
»Alan ist einer meiner engsten Mitarbeiter. Er arbeitet die ganze Zeit, aber ich habe ihn überzeugt, sich mir wenigstens kurz hier anzuschließen.«
»Das war eine gute Entscheidung, Alan«, sagte Reggie. »Es gibt nur wenige Orte auf der Welt, die mit der Provence vergleichbar wären.«
»Das sagt Evan mir auch ständig.«
»Ich hoffe, Sie genießen Ihre Zeit hier.«
»Zumindest habe ich das geplant.«
Später saß Reggie auf ihrem Bett und starrte auf den Boden. In ein paar Tagen würde es passieren, und bis dahin durfte sie keinen Fehler begehen. Aber selbst wenn sie alles perfekt machte, konnte es noch in die Hose gehen. Reggie wusste, dass sie Fedir Kuchin da hatte, wo sie ihn haben wollte. Aber sie machte diesen Job schon lange genug, um ebenfalls zu wissen, dass nicht immer alles so war, wie es den Anschein hatte. Kuchin war clever, sehr clever sogar; deshalb durfte sie nicht davon ausgehen, ihn vollständig getäuscht zu haben. Er spielte die Rolle des älteren Verehrers bewundernswert gut, doch mehr als eine Rolle war es vermutlich nicht.
Reggie vergrub das Gesicht in den Händen. Die Karriere, die sie sich ausgesucht hatte, war nicht leicht. Sie durfte niemandem vertrauen, und es trieb sie noch etwas anderes um.
Jeder Mensch hat Potenzial für das Böse .
Obwohl Reggie Kuchins Aussage widersprochen hatte, sah sie doch auch einen Hauch von Wahrheit darin. Tatsächlich konnte man auch das, was sie tat, in gewisser Hinsicht als ›böse‹ betrachten. Richter und Henker in einer Person. Wer war sie eigentlich, dass sie sich solch eine Macht anmaßte? Wer oder was gab ihr das Recht dazu? Und dann war da noch der Grund, warum sie sich dieses Leben ausgesucht hatte. Das Bild ihres toten Bruders huschte durch ihren Geist. Er war erst zwölf gewesen und so unschuldig. Ein tragischer Verlust.
Reggie lief ins Badezimmer, drehte das Wasser auf und spritzte es sich ins Gesicht. Sie durfte nicht mehr an solche Dinge denken. Sie musste sich konzentrieren.
Zum Wohle der Mission spielte sie Bill gegen Kuchin aus. Jedes Mal, wenn sie Zeit mit einem der beiden Männer verbrachte, dann nur für die Mission, sagte sie sich selbst. Bill Young war lediglich eine praktische Figur in diesem Spiel, nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Kurz setzte ihr Verstand aus, und als ihre Synapsen wieder funktionierten, traf sie die Erkenntnis wie ein Schlag.
Wenn Kuchin glaubt, dass ich wirklich an Bill interessiert bin, dann könnte er …
Ein Teil von Reggie war kalt und berechnend, und dieser Teil sagte ihr, Kollateralschäden seien nun mal nicht zu vermeiden, und die Mission heilige die Mittel. Ein anderer Teil von ihr war jedoch von der Vorstellung angewidert, dass ein Unschuldiger sterben könnte, nur damit sie ihr Ziel erreichte. Für sie war das der Inbegriff des Bösen, das zu bekämpfen sie vorgab.
Jetzt bring das mal miteinander in Einklang, Reggie .
Doch sie hatte bereits alles in Gang gesetzt. Wie sollte sie das jetzt noch aufhalten?
Kapitel vierundvierzig
R eggie zog sich aus und duschte. Sie schrubbte sich so hart ab, dass sie das Gefühl hatte, die Haut löse sich von den Knochen. Anschließend zog sie sich Jeans und T-Shirt an, ging nach unten, nahm ihren Einkaufskorb und verließ das Haus durch die Hintertür, um ihrem Nachbarn nicht über den Weg zu laufen. Dann marschierte sie den Hügel hinauf und in die Stadt.
Eine Stunde später kehrte sie mit einem Korb voll Zutaten für das Abendessen wieder zurück. Sie bereitete alles in der Küche vor, wischte kurz durchs Badezimmer und zog sich einen weißen
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