Doppelspiel
Er traf ihn mitten auf den Hinterkopf. Seine Knie gaben nach, und er fiel auf den Bürgersteig. Benommen versuchte er, sich wieder aufzurappeln, doch ein zweiter Schlag schickte ihn erneut zu Boden. Er spürte, wie er gefesselt, hochgehoben und in einen kleinen Laderaum geworfen wurde.
Und dann wurde Shaw schwarz vor Augen.
Kapitel fünfundvierzig
R eggie stand früh auf. Die Nacht war noch nicht dem Morgen gewichen. Sie öffnete ihr Schlafzimmerfenster und schaute hinaus. Aus Gewohnheit blickte sie dabei auch zu der Villa nebenan, sah aber nichts. Doch sie war sicher, dass Kuchins Männer draußen Wache schoben. Heute ging es nach Roussillon und später dann zum Abendessen in sein Haus. Reggie graute es vor beidem, obwohl sie wusste, dass es ihr schier unendlich dabei helfen würde, den Mann zur Strecke zu bringen. Standhaft zählte sie die Stunden und Minuten, bis sie Kuchins Leben endlich ein Ende bereiten würden. Es konnte ihr gar nicht schnell genug gehen.
Reggie duschte, zog sich an und verließ die Villa durch die Hintertür. Es gab da etwas, was sie tun wollte. Nein, etwas, was sie tun musste . Sie stieg den Hügel nach Gordes hinauf. Einige Leute waren bereits unterwegs, einschließlich eines Mannes, der die Straße mit einem Schlauch abspritzte. Er nickte Reggie zu, als sie an ihm vorbeiging. Reggies Weg führte sie am Marktplatz vorbei und in die nächste Straße. Shaws Hotel lag links von ihr. Sie ging hinein und weckte den übermüdeten Portier.
Auf Französisch fragte sie: »Können Sie bitte im Zimmer von Bill Young anrufen? Sagen Sie ihm, Jane Collins sei hier.«
Der Portier, ein älterer, dünner Mann mit wirrem weißen Haar und eingefallenen Wangen, sah ein wenig verärgert und misstrauisch aus. »Es ist noch sehr früh, junge Dame«, sagte er. »Ich bezweifele, dass er schon auf ist.«
»Er erwartet mich«, log Reggie.
»Um diese Uhrzeit?«
»Wir wollen zusammen frühstücken.«
Der Portier sah nicht gerade überzeugt aus, aber er rief an.
»Keine Antwort«, verkündete er und legte wieder auf.
»Vielleicht ist er ja in der Dusche«, sagte Reggie.
»Vielleicht.«
»Könnten Sie in ein paar Minuten bitte noch mal anrufen?«
»Das könnte ich, wenn es denn nötig ist.«
»Ja, es ist nötig«, erklärte Reggie höflich, aber entschlossen.
Der Portier versuchte es fünf Minuten später noch einmal.
»Es hebt noch immer niemand ab«, sagte er in einem Tonfall, als wäre das Thema damit durch.
»Haben Sie ihn hinausgehen sehen?«
»Nein.«
Plötzlich kam Reggie ein Gedanke. »Er hat doch nicht schon ausgecheckt, oder?«
»Warum sollte er, wo er doch mit Ihnen frühstücken will?«
»Pläne ändern sich bisweilen.«
»Nein, er hat nicht ausgecheckt. Jedenfalls nicht, seit ich im Dienst bin.«
»Können Sie mal im Gästebuch nachsehen, ob er ausgecheckt hat, bevor Sie Ihren Dienst angetreten haben?«
Der Mann seufzte, tat ihr aber den Gefallen. »Nein, er hat nicht ausgecheckt.«
»Können Sie dann in sein Zimmer?«
»Warum?«
»Um nachzusehen, ob alles in Ordnung mit ihm ist. Er ist vielleicht krank oder hatte einen Unfall.«
»Ich bezweifele ernsthaft, dass …«
»Er ist Amerikaner. Die verklagen einen für jede Kleinigkeit. Wenn er krank oder verletzt ist und sie nicht nachsehen, obwohl ich Sie darum gebeten habe, dann könnte das verdammt teuer für Ihr Hotel werden.«
Diese Worte zeigten die gewünschte Wirkung. Der Mann schnappte sich einen Schlüssel und ging nach oben. Reggie schickte sich an, ihm zu folgen.
»Wo wollen Sie denn hin?«, fragte der Portier.
»Ich habe eine medizinische Ausbildung. Wenn er verletzt ist, kann ich helfen.«
Sie gingen gemeinsam rauf. Oben angekommen klopfte der Portier, rief dann und klopfte erneut.
»Schließen Sie die Tür auf!«, drängte Reggie.
»Das verstößt gegen die Hotelpolitik.«
»Oh, um Himmels willen!« Reggie riss dem Mann den Schlüssel aus der Hand, stieß ihn aus dem Weg und schloss auf. Dann ging sie hinein, und der Portier folgte ihr. Es dauerte nur eine Minute, um festzustellen, dass niemand hier war, doch Shaws Sachen waren noch da.
»In dem Bett hat niemand geschlafen«, sagte Reggie und schaute den Portier vorwurfsvoll an.
»Es ist nicht meine Aufgabe sicherzustellen, dass alle Gäste in ihren Betten liegen«, erklärte der Mann entrüstet.
Reggie dachte rasch nach. Der Mann hatte seinen Dienst um Mitternacht angetreten, und Bill hatte ihre Villa gegen elf verlassen. Bis hierher waren es von dort fünf
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