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Dorn: Roman (German Edition)

Dorn: Roman (German Edition)

Titel: Dorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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vielen Hirschgeweihen kunstvoll gefertigt, legte sie sich um das gewaltige Haupt.
    Aus dem Augenwinkel nahm ich eine Bewegung wahr, drehte den Kopf und sah, wie der Wachmann vor Leonhrak mit der Keule ausholte und danebenschlug. Der Nordmannprinz wollte nachsetzen, doch der Riese schlug mit der leeren Rückhand und traf Leonhrak am Arm. Er fiel krachend in einen Haufen Holzscheite, die an der Innenwand des Zelts aufgeschichtet waren.
    Also begann das Ende jetzt! Ich erhob Erlenfang drohend, hörte im Hintergrund das zigfache Gestampfe von Riesenfüßen auf dem Grund der Ebene. Die ersten sahen zum Eingang herein.
    »Hört auf!«, schrie Lia so laut sie vermochte. »Bei allem, was euch heilig ist, hört auf!«
    Der Wachmann über Leonhrak holte mit seiner Keule aus.
    »Stopp!«, mahnte Ruhman laut und vernehmlich.
    Und der Wachmann hielt inne.
    Langsam ließ sich Ruhman auf einen gewaltigen Klappstuhl sinken, dessen Streben wieder aus den Stämmen junger Bäume gemacht schienen. Er ächzte unter dem Gewicht des Königs.
    »Ihr wagt es, mich zu infiltrieren«, brummte Ruhman und wie ein Donnern grollte seine Stimme durch das Zelt.
    »Der Held vom Wall, der Prinz der Harjenner und eine Elbin. So, so«, seufzte er bedeutungsschwer. »Ich werde euch dafür mit dem Tod bestrafen, soviel sei gewiss. Aber zunächst werdet ihr mir erklären, wie ihr überhaupt so dumm sein konntet, in mein Lager einzudringen.«
    Die Verblendung des Riesenkönigs stand in seinen Augen geschrieben – es würde keine Gnade für uns geben.
    Doch wer von uns rechnete schon mit dem Mut und der Gerissenheit einer jungen Elbin, die wieder ins Lot bringen wollte, was ihr Bruder der Welt angetan hatte.
    »Ich bin nicht gekommen, um dich zu töten, König Ruhman. Du bist ein mächtiges Wesen und es wäre falsch, dich der Welt zu rauben.«
    Blitzschnell nahm sie ihren Rucksack von der Schulter und griff hinein.
    »Ich bin hier, um dich und die Deinen von eurem Leid zu erlösen«, sagte sie entschlossen und warf den Nollonar in Ruhmans Richtung. Reflexartig versuchte der Riesenkönig die nachtschwarze Kugel zu fangen …
    … und berührte sie so.
    Keuchend stand er auf, wankte als sei ihm schwindelig – seine Männer verfielen in aufgeregtes Raunen, einer von ihnen riss mich am Kragen empor.
    »Was habt ihr getan?«, brüllte er mich grollend an, und sein schlechter Atem wehte mir ins Gesicht.
    Doch da wurde der Blick des Riesenkönigs bereits klar – alles Rot war daraus verschwunden. Wie ein alter Mann hustete er. Dann hob er die Hand, um seinen Riesen Einhalt zu gebieten.
    »Nein«, sagte er – es klang so schwach für ein so mächtiges Wesen. Und all sein Gefolge hielt inne, als Ruhman fortfuhr: »Wir wissen nicht, wer wir sind … oder was wir tun.«

Interludium
    Morgen
    »Und so hast du den König der Riesen von seinem Wahnsinn erlöst?«, fragte Hinck eifrig. Aber Deckard wehrte ab.
    »Nein«, sagte er und es klang etwas wehmütig. »Ich war lediglich zugegen. Es war Lia. Ganz allein Lia, die ihr Leben riskiert hatte für das Wohl eines fremden Volkes.«
    Die Sonne berührte bereits den Horizont und Hinck wusste, dass sein hoher Gast es für heute wahrscheinlich gut sein lassen würde. Der Markgraf hatte nun schon so viel erzählt, aber herausgefunden, warum er sich eigentlich hier aufhielt und auf welches Ereignis er wartete, das wusste Hinck bis jetzt nicht. Und Deckard hatte es auch nicht durchschimmern lassen.
    »Für heute lassen wir es gut sein, Hinck.«
    Da war es! Verflucht noch eins. Und wenn morgen schon passierte, weshalb Deckard von Falkenberg hier war?
    Es war nicht zu ändern. Hinck versuchte sich seine Missmutigkeit nicht anmerken zu lassen.
    »Ich hatte keine Ahnung von den Elben«, machte er eine halbherzige Unternehmung, den jungen Grafen noch zu ein paar Sätzen zu bewegen. »Ich dachte, sie seien schlimme Zauberwesen und würden Kinder entführen, um grässliche Dinge mit ihnen anzustellen.«
    »Aberglaube«, sagte Deckard nur. »Du wirst bemerkt haben, dass das alles Aberglaube ist.«
    »Natürlich, so weit war ich bereits«, murrte Hinck. »Aber ich dachte, du erzählst mir mehr davon, wie die Elben wirklich sind, Herr.«
    »Keine Sorge«, zwinkerte Deckard ihm aufmunternd zu. »Das werde ich morgen gerne tun.«
    »Morgen«, stöhnte Hinck.
    Doch Deckard von Falkenberg blieb dabei. »Ja, morgen.«



Kapitel 13
    Der gläserne Palast
    »Land!«, brüllte der Nordmann auf dem Mast der Skrara.
    Ich sah von meinem

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