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Dornenkuss

Dornenkuss

Titel: Dornenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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Brandung liegen blieb. Der hatte erst einmal andere Sorgen.
    Doch Gianna und ich schafften es nicht, Paul abzuhängen. Er jagte uns wie ein blutrünstiger Stier. Immer wieder schoss heiße Luft in meinen Nacken, weil er versuchte, mich im Lauf mit dem Handtuch zu erwischen. Und es war verdammt schwierig, Kurven zu rennen, wenn man vor lauter Lachen kaum Luft bekam.
    Das Haus erschien mir wie eine rettende Festung. Wenn ich nicht bald aufhören würde zu lachen, würde ich Schluckauf bekommen und der konnte Stunden anhalten. Nach Luft schnappend schloss ich die Tür auf, während Paul begann, Gianna durchzukitzeln.
    »Mamma mia! Stopp, Auszeit …« Schwer atmend stützte sich Gianna an die Wand im schmalen Flur und hob abwehrend die linke Hand. »Sonst kriegst du Sexverbot, Paul, ich meine das ernst! Ich kann nicht mehr!«
    Paul zögerte sichtlich. Gianna mochte ja klein beigeben, aber ich war noch nicht bereit für einen Waffenstillstand. Drohend hob ich mein feuchtes Handtuch an und tat so, als wolle ich es über dem Kopf kreisen lassen. Der nasse Sand, der überall in den feinen Schlingen des Frottee klebte und unsere Handtücher in Geschosse verwandelte, rieselte knisternd auf die Fliesen.
    »Schwesterchen, ich warne dich.« Pauls stahlblauer Blick verfing sich schalkhaft in meinem. »Du hast nicht die geringste Chance gegen mich. Außerdem muss ich sowieso kacken.«
    Mit zwei übertrieben tuckigen Sprüngen hüpfte er zur Badezimmertür. Ich warf ihm das Handtuch hinterher, doch es streifte nur noch seinen Hintern.
    »Oh Goooott …«, seufzte Gianna. »Guck mal, wie ich aussehe! Aua! Und wieso muss Paul eigentlich immer so grob daherreden? Kann er nicht sagen, dass er aufs Klo muss, wie alle anderen Menschen? Oder auf Toilette?«
    »Paul kennt das Wort ›Toilette‹ nicht. Ich glaub, er hat es noch nie benutzt.«
    Kichernd beäugten wir uns. Die sandigen Handtücher hatten rote Striemen auf unseren Oberschenkeln und Armen hinterlassen und Paul sah bestimmt nicht besser aus. Doch am meisten freute mich, dass er bisher nicht schlappgemacht hatte. Sein Atem hatte eben nicht einmal gerasselt. Es ging ihm besser, endlich!
    »Los, lass uns unter die Dusche springen. Und dann denken wir uns einen Racheplan aus.«
    Ich nickte nur, unfähig zu sprechen. Ja, dieser Nachmittag war noch lange nicht vorüber. Die Jungs sollten uns kennenlernen. Gemeinsam begaben Gianna und ich uns unter die Gartendusche, deren nachmittägliches Rinnsal kaum ausreichte, um uns den Sand vom Körper zu spülen. Hoffentlich wurde bald wieder das Wasser angestellt. Danach hängte ich die Handtücher zum Trocknen auf und Gianna huschte in die Küche, um uns einen Drink zu machen.
    Der Garten lag bereits größtenteils im Schatten, was die Zikaden in ihrem stetigen Kreischen nicht aufhalten konnte. Bis zum Abend würden sie noch eine Schippe drauflegen, bevor ihre Konzertzeit beendet war und die Grillen übernahmen. Deshalb hörte ich nicht sofort, dass wir Gesellschaft bekamen, als ich auf dem kleinen Absatz vor der Küchentür stand, mich mit der Hüfte ans Geländer lehnte und meine langen, nassen Haare auswrang.
    »Madame …« Colin tippte sich ehrerbietig, aber nicht minder spöttisch an die Stirn und führte Louis zum Stall, wo er ihn festband und sich daranmachte, den Gartenschlauch an den Wasserkanister anzuschließen, den er in den Nachtstunden gefüllt hatte, um sein Pferd jederzeit tränken und kühlen zu können.
    »Wir haben Besu-huch!«, flötete ich zu Gianna in die Küche, die gerade die kleine MP3-Stereoanlage lauter stellte. Denn es lief Welcome Home von Radical Face, der Song aus der Werbung, in den wir uns alle verliebt hatten und der mich in diesen Tagen als Ohrwurm in den Schlaf begleitete. Laut trällerte Gianna den Refrain mit, und ohne es zu wollen, stimmte ich ein. Gianna hatte lange nicht mehr gesungen. Ich hörte ihr gerne dabei zu.
    Mit wiegenden Hüften trat sie zu mir, in der Hand zwei leere Gläser, um zu sehen, wer uns mit seiner Anwesenheit beehrte.
    »Ooooh, unser Stallbursche ist da!« Gackernd lehnte Gianna sich neben mich an das Geländer, wo wir mit wogendem Puls stehen blieben und Colin dabei beobachteten, wie er den Schlauch nahm, das Wasser anstellte und Louis abzuduschen begann – eine Zeremonie, der Louis immer noch mit Skepsis begegnete, auf der Colin jedoch bestand, da ein Friese seiner Meinung nach nicht für diese hohen Temperaturen konzipiert war.
    Nervös tänzelte Louis auf der Stelle,

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