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Dornenkuss

Dornenkuss

Titel: Dornenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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widerwillig.
    »Musste halt sein. Ich hab hier oben keine Partys gefeiert, Ellie. Aber ihr hättet mich das Zeug nicht ausprobieren lassen. Du bist schon beim Kokain in die Luft gegangen … ach, schon beim Haschisch …«
    »Und jetzt kennst du alles, was? Gibt es eigentlich eine Droge, die glücklich macht?«, fragte ich wie nebenbei.
    »Nein. Wenn man nicht glücklich oder zufrieden ist, können Drogen auch nicht glücklich machen. Ist meine Meinung. Bei mir funktioniert es jedenfalls nicht«, stellte Tillmann in nüchternem Ton fest. »Glücklich müsst ihr schon von alleine werden.«
    Ja, das mussten wir wohl. Ich konnte das Glück nicht beschwören zu kommen. Ich wusste ja nicht einmal genau, was Glück eigentlich war. Woraus es sich zusammensetzte, welche Komponenten es unweigerlich brauchte.
    Jetzt zum Beispiel gab es sachlich betrachtet keinen Grund, glücklich zu sein. Colin hatte erneut nicht mit mir geschlafen, er war nachts aus meinem Bett geflüchtet, Gianna hatte ihn nackt gesehen und glaubte nicht mehr an unsere Beziehung, ich hatte wieder einmal Kopfschmerzen, Tillmann hatte den ganzen bisherigen Urlaub lang Drogen genommen, ich sollte sogar zusammen mit ihm Drogen nehmen, obwohl ich mich davor fürchtete wie vor kaum etwas anderem … Eine lange Liste an Glücksblockern.
    Und doch fühlte ich mich für einen Moment lang so zufrieden und gelöst wie lange nicht mehr.
    Glück war es nicht. Aber es gab plötzlich wieder eine Zukunft.

DER GOLDENE AUGENBLICK
    »Fuori!«, rief Gianna triumphierend und hechtete dem davonrollenden Volleyball hinterher. »Der ist im Aus!«
    Ich streckte Paul und Tillmann die Zunge raus. Geschah ihnen recht. Der nächste Punkt würde an uns gehen. Die sollten bloß nicht glauben, uns mit ihren geschnittenen Aufschlägen und brutalen Schmetterbällen beeindrucken zu können. Paul wackelte nur lasziv mit den Hüften, während Tillmann gewohnt breit grinste.
    »Teambesprechung«, raunte ich Gianna zu, als sie mir den sandigen Ball in die Hand drücken wollte. »Wir brauchen eine neue Taktik.«
    Wir wandten den Jungs unsere Hintern zu. Ich wusste genau, dass sie draufglotzten; wir trugen nur knappe Bikinis. Aber das zählte für mich bereits zur neuen Taktik. Mit Technik konnten wir offenbar nicht gewinnen. Also mussten wir es mit anderen Tricks versuchen.
    Normalerweise spielten Tillmann und ich gegen Paul und Gianna. Das klappte ganz gut und war eine ausgeglichene Angelegenheit, denn ich war besser als Gianna und Paul war besser als Tillmann. Paul hatte zwar keine Kondition, aber ein sagenhaftes Ballgefühl. Genau das ließ Gianna und mich jetzt in die Blamage schlittern. Wir waren den beiden nicht gewachsen. Nicht mit normalen Spielmethoden.
    »Was schlägst du vor?«, fragte Gianna flüsternd.
    »Eierball statt Volleyball.«
    »Waaas? Eierball?« Gianna begann zu kichern und auch ich fing wieder an zu lachen. Mein Zwerchfell schmerzte bereits. Ich wusste nicht, woran genau es lag, aber ich benahm mich, als hätte ich einen Schwips. Wir alle benahmen uns so. Vielleicht hing es mit dem Wetter zusammen. Die Luft war klarer und reiner als sonst und vor allem hatte der Wind kräftig zugelegt. Zum ersten Mal verwöhnte uns das Ionische Meer mit einer stürmischen Brandung und ich liebte es dafür, weil seine schaumbedeckten Brecher mich morgens von meinen Kopfschmerzen befreit hatten. Ich hatte nur zehn Minuten in den Wellen gestanden und es hatte ausgereicht, um mich wie neugeboren zu fühlen, weil die Wogen mich am ganzen Körper massierten. Ich vermisste Colin schmerzlich, doch solange er nicht da war, erwartete niemand von mir, glücklich zu werden, und noch weniger erwarteten wir Tessa. Ich wollte mich mit diesen Gedanken nicht belasten, nicht heute, wo die anderen vor guter Laune und Energie schier platzten. Außerdem gehörte das Meer uns allein. Die wenigen Italiener, die sich zu solch stürmischen Zeiten an den Strand gewagt hatten, streckten nicht mal den kleinen Zeh in die Brandung. Die Wellen könnten ja Medusen anspülen.
    Das hatten sie tatsächlich. Ich war trotz der Dünung weit hinausgeschwommen und hatte ein stattliches Exemplar entdeckt, ein paar Meter vor mir. Ich tauchte sofort unter, um die Qualle beobachten zu können. Mittlerweile machte es mir nichts mehr aus, im Salzwasser die Augen zu öffnen, obwohl ich in den ersten Sekunden jedes Mal den Reflex verspürte, zu blinzeln oder zurück an die Oberfläche zu steigen. Aber die Qualle war so schön, dass ich

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