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Dornenkuss

Dornenkuss

Titel: Dornenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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nackten Brüste fielen, und biss ihn in die Unterlippe. Überrascht fuhr er zurück, um sich mit dem Zeigefinger auf die Verletzung zu tippen, ein letztes Überbleibsel seines Menschseins und eine durch und durch fehlerhafte Reaktion. Ihr Gift konnte ihm doch gar nichts tun.
    Das konnte allein ich. Mit meiner geballten Kraft, geschaffen von meiner schwelenden Wut und meiner Trauer, stieß ich ihm die rechte Fackel in sein linkes Auge, dann die linke in sein rechtes. Aug um Aug, Zahn um Zahn. Sofort roch es beißend nach verbranntem Fleisch. Schrill kreischend fiel Angelo auf seine Knie und begann mit fliegenden Fingern, den Boden abzutasten, als könne er seine Augen dort finden und einsetzen, ein hilfloses, blindes Bündel, das nie wieder sehen und nie wieder das nehmen konnte, was andere als Geheimnis ihrer Seele in ihrem Blick trugen. Auf allen vieren robbte er im Kreis, während sein Speichel in dünnen Fäden aus seinem offenen Mund lief und zischend auf dem heißen Boden verdunstete. Er brach in ein hohles, irres Lachen aus, als er merkte, dass seine Suche keinen Sinn hatte.
    »Du bist so dumm, Elisabeth, so dumm … Du willst lieber ihn, ja? Ihn? Diesen lächerlichen Affen, der glaubte, wie ein Mensch sein zu können?« Er wollte mit fuchtelnden Bewegungen auf Colin zeigen, während dieser eisern versuchte, Louis auf der Stelle zu halten, obwohl der Hengst unentwegt tänzelte und weißer Schaum aus seinem kauenden Maul troff. Doch Angelo hatte die Orientierung verloren. Ohne die Menschen war er nichts mehr. Sein Finger deutete ins Nirgendwo. »Du willst ihn 7 . «
    »Ich will vor allem mich.«
    »Du weißt es, oder? Du weißt, dass ich deinen Vater getötet habe? Oh Ellie, sei nicht so kleinlich, du hast selbst unter ihm gelitten, er war doch nie da für dich, hat dich jahrelang belogen, er hat dir sogar Angst eingejagt …«
    »Überaus praktisch für deine Pläne, nicht wahr? Du weißt nichts, Angelo, gar nichts, und du hast es auch dann nicht gewusst, als du noch ein Mensch warst. Du warst immer ein armseliges Würmchen. Du hast es nicht verdient, uns zu sehen.«
    Wieder lachte er. Seine Zähne hatten sich gelb verfärbt. »Du bist so dumm!«, wiederholte er. »Colin wird dich nicht mehr wollen! Er kann dich nicht wollen, nachdem du das zerstört hast, was seine Familie war, die einzige, die er je hatte: seine Mutter und seinen Bruder! Das will er doch unbedingt haben, eine Familie!«
    »Seinen Bruder?« Noch immer hielt ich meine Fackeln erhoben, bereit, ein weiteres Mal zuzuschlagen, falls seine Augen sich neu bilden würden. Doch das taten sie nicht. »Seinen Bruder?«
    Angelo verrenkte den Kopf, um mich anzusehen, eine eintrainierte Geste, die ihm nun nichts mehr nützte. Leere, verbrannte Höhlen glotzten mich an.
    »Du – hast – meine – Mutter – getötet! Du hast meine Mutter getötet! Ich wollte sie doch zurückholen, für uns beide, unsere Mutter, aber du machst alles kaputt, alles hast du kaputt gemacht, und du – du auch!« Wieder versuchte er, auf Colin zu zeigen. »Ihr seid die Monster, nicht ich bin es!«, heulte er.
    Colin blieb weiterhin auf Abstand, er konnte Louis nicht näher an uns herantreiben, weil der Hengst Angelo fürchtete, aber er wollte es auch nicht mehr.
    »Ich hatte eine Familie, Angelo«, sagte er emotionslos. »Menschen, Eine Mutter, die mich fürchtete, einen Vater, der mich schlug, und eine Schwester, die sich meiner erbarmte. Alle trugen sie mir mehr Empfindungen entgegen, als du jemals aus eigener Kraft hervorbringen kannst. Ich brauche keinen Bruder.«
    »Aber ich war zuerst da, ich!! Ich war ihr Sohn! Und es reichte ihr nicht, ich genügte ihr nicht, nein, es musste noch ein Kind geschaffen werden, ihr eigenes Kind, geprägt von Beginn an, du. Du!« Angelo spuckte beim Schreien, die Hände zu Fäusten geballt, den Mund verkniffen. »Sie erinnerte sich nicht mehr an mich! Sie hat mich alleingelassen! Du hast es nicht zu schätzen gewusst, du hast sie in den Wahnsinn getrieben, weil du vor ihr geflohen bist, und nur deshalb hat sie mich vergessen! Du hast sie mir genommen!« Er schaffte es nicht einmal mehr zu kriechen. Er rollte auf dem Bauch vor und zurück wie ein Baby, das noch nicht krabbeln konnte. »Sie werden mich und Tessa rächen, Elisabeth, das werden sie! Sie sind hier!«
    »Nein. Nein, das werden sie nicht«, erhob sich Morpheus’ helle Stimme hinter mir. »Wir sind alle Menschen und wir alle haben euch gesehen. Wir wissen um euch. Tut, was ihr nicht

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