Dornenliebe
werden. »Genau aus dem Grund bin ich in die Hauptstadt gekommen.«
Jaron geht jetzt so dicht neben ihr, dass sein Handrücken
manchmal ihren streift. »Super Entscheidung! Und wenn dir in deiner Bude doch mal die Decke auf den Kopf fällt, komm einfach in der WG vorbei! Wir hocken nicht ständig aufeinander, aber freitags abends kochen wir oft zusammen und fast jeder von uns lädt noch jemanden mit ein.«
»Danke«, antwortet Luna. Er hat nicht gesagt, dass ich Falk mitbringen soll, denkt sie; für diesen Moment verdrängt auch sie den Gedanken an ihn, keiner von beiden erwähnt seinen Namen.
Schweigend setzen sie ihren Weg fort. Luna hängen in Gedanken noch Jarons Worte nach: Du bist frei, du kannst jeden Tag selbst entscheiden, was du machst ; denkt an Falk, der gesagt hat: Ich bin bei dir, ich sehe dich, wo immer du bist . Verstohlen blickt sie sich um, fühlt sich plötzlich beobachtet, aber natürlich zeigt sich Falk nicht, sicher bildet sie sich alles nur ein. Besser, sie hält ein wenig Abstand zu Jaron.
Wenig später erreichen sie die Cocktailbar.
»Genau zur Happy Hour: zwei Cocktails zum Preis von einem!«, jubelt Jaron und will ihr um den Hals fallen, ganz nüchtern ist er nach den ersten Kneipen nicht mehr, er weiß doch, dass Luna Falks Freundin ist, am Vormittag war er deswegen noch so vorsichtig. Behutsam schiebt sie ihn von sich fort und setzt sich rasch auf den freien Barhocker neben Sarah, die bereits am Tresen Platz genommen hat und die Getränkekarte studiert.
»Wollen wir uns die Happy Hour teilen?«, fragt Luna sie leise. »Ein Cocktail für jede von uns genügt doch. Ich glaube, ich vertrage nicht mehr so viel.«
»Ach, das verträgst du schon«, widerspricht Sarah. »Wir nehmen Sex On The Beach , da ist nicht so viel Verschiedenes drin, schmeckt aber richtig lecker. Oder willst Du lieber einen Kir Royal, Cassis mit Sekt? Der hat’s nicht so in sich. Wir bestellen Erdnüsse dazu, dann verträgst du es besser.«
Luna widerspricht nicht, will keine Spielverderberin sein. Doch als der zweite Cocktail vor ihr steht, merkt sie, dass es ihr schwummerig im Kopf wird, sie sieht nicht mehr klar, Sarahs Gesicht verschwimmt vor ihren Augen, gleichzeitig verspürt sie eine Leichtigkeit, die zuvor nicht da gewesen ist, denkt nicht mehr an Falk, nicht an Thore. Ole erzählt einen Blondinenwitz, den Luna schon mehr als einmal gehört hat, und doch fängt sie an zu lachen, kann nicht mehr aufhören, kichert zuerst in sich hinein und dann lauter, ungehemmt, ihr Zwerchfell kneift bereits und macht es nur schlimmer, sie bekommt keine Luft mehr, begegnet Jarons erstauntem Blick, als sie ihren Kopf an seine Schulter lehnt, bemerkt nur am Rande, dass er nicht mehr mitlacht, sondern sie besorgt anschaut, sanft von sich schiebt und dennoch nicht mehr aus den Augen lässt, auch dann nicht, als sie plötzlich doch wieder ernst wird und von ihrem Barhocker rutscht, um zur Toilette zu gehen.
Luna schwankt, als sie in der Kabine steht, mit beiden Armen muss sie sich an den Wänden abstützen, zum Glück ist es eng genug darin. In ihrem Magen rumort es, ich hätte zu Hause noch etwas essen sollen, denkt sie; in der nächsten Kneipe muss ich eine Kleinigkeit bestellen, wenigstens einen Burger. Sie öffnet ihre Hose und schafft es, sich hinzusetzen, lehnt ihren Kopf gegen die Wand hinter sich und schließt die Augen, das Drehen wird dadurch noch schlimmer, also öffnet sie sie wieder. Die anderen haben alle gesagt, zwei kleine Biere und zwei Cocktails wären nicht besonders viel; Luna hat noch nie so viel getrunken. Sie verspürt einen leichten Brechreiz, doch es kommt nichts, irgendwie schafft sie es, sich abzuputzen und wieder in den Waschraum zu treten, wo sie ihr Gesicht ausgiebig mit kaltem Wasser abspült und sogar ihre Arme bis zu den Ellbogen hineintaucht, danach
fühlt sie sich besser. Die anderen haben inzwischen die Aufgabe gelöst, dieses Mal mussten die Namen des teuersten und günstigsten Cocktails aufgeschrieben werden, Luise von den Erstsemerstern hat die Lösungen gefunden. Sarah steht bereits vor dem Garderobenständer und sucht nach ihrem Mantel, Jaron bezahlt, Ole, Judith und Katharina amüsieren sich im Gang über den Kondomautomaten, wenig später wenden sich alle dem Ausgang zu.
»Kommst du auch, Luna?«, fragt Judith in ihre Richtung, doch Luna ist eingefallen, dass sie ihre Getränke noch nicht bezahlt hat, sucht in der Tasche nach ihrer Geldbörse, kämpft erneut mir einem leichten
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