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Dornenliebe

Titel: Dornenliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feher
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spaziert allein über das Unigelände, um sich alles weiter einzuprägen, trinkt Milchkaffee aus einem Pappbecher mit Deckel, die frische Luft hilft ihr, wieder klar zu denken, zu sehr spürt sie noch immer den Alkohol im Blut. Zweimal ist sie versucht, auf ihr Handy zu schauen, vielleicht hat Sarah eine Nachricht geschickt, vielleicht sogar Jaron, irgendwann zwischendurch hat er gestern Abend sein Handy gezückt, nach Lunas Nummer gefragt und sie gleich gespeichert. Doch ihr Telefon ist noch immer bei Falk. Die Stimmung am Campus wirkt wie die am zweiten Schultag nach den Sommerferien, die Wiedersehensfreude mit den Freunden ist dem Alltag gewichen, alle sind ruhiger, konzentrierter, das Lernen hat wieder begonnen, es bleibt wenig Zeit, sich um Neue zu kümmern. Luna braucht Zeit, um ihre Gedanken zu sortieren, versucht, sich allein zurechtzufinden, immerhin kommt sie zu allen Vorlesungen pünktlich, hat begriffen, wie sie die Hörsäle und die Gruppenräume findet.
    Am Nachmittag fühlt sie sich besser. Mit Bahn und Bus fährt sie zu Falk nach Hause, hat unterwegs eingekauft, Garnelen, Rucola und dünne Bandnudeln; ein selbst gekochtes
Essen wird ihm zeigen, dass sie nach dem Abend mit den Kommilitonen wieder ganz bei ihm ist, dass es ohne Bedeutung war, nur Spaß, nichts, was die Nähe zwischen Falk und ihr zerstören könnte.
    Als er ihr öffnet, fällt Luna sofort seine legere Kleidung auf, die ungewohnt auf sie wirkt. Falk trägt einen weichen weiten grauen Sweater und abgewetzte Jeans, durch ein Loch in Kniehöhe sieht Luna etwas von seiner leicht behaarten Haut an den Beinen, stellt sich vor, mit dem Finger durch diese Lücke im Stoff zu fahren und ihn zu streicheln, bis sie beide mehr wollen, noch anziehender als sonst erscheint er ihr jetzt, wo er sich auf ihre Ebene begeben hat, statt sich mit seinen teuren Designerhosen von ihr abzuheben. Falk muss gerade geduscht haben; seine Haare sind noch feucht und stehen in alle Richtungen ab, als habe er aufgehört, sie mit dem Handtuch trocken zu rubbeln, als er sie klingeln hörte. Sie legt ihre Arme um seinen Hals und küsst ihn auf den Mund, genießt das Gefühl seiner warmen Lippen auf ihren und die von winzigen Bartstoppeln raue Haut, heute wirkt er wie einer von ihrer Clique, mit der sie gestern unterwegs war, wie einer unter vielen Studenten, Lunas Freund, der bestaussehende junge Mann von allen.
    Falk lächelt, als er den Einkaufskorb sieht.
    »Genau richtig«, lobt er sie. »Du musst gespürt haben, worauf ich heute Appetit habe.« Er nimmt Luna den Korb ab und geht ihr voraus in die Küche, stellt zwei Tassen unter die Espressomaschine, drückt auf den Schalter, sofort steigt frischer Kaffeeduft in ihre Nase. Falk stellt den Einkaufskorb auf einen Stuhl, schäumt Milch auf, füllt sie in die Tassen und reicht Luna eine.
    »Gehen wir ins Wohnzimmer«, bestimmt er, noch immer lächelnd. »Sicher hattest du mindestens einen so anstrengenden Tag wie ich.«

    Luna setzt sich neben ihn auf sein helles Sofa und nippt vorsichtig an ihrem Kaffee, bei Falk schmeckt er besonders aromatisch, auch die Crema schmilzt auf ihrer Zunge wie Sahneeis, er bestellt immer eine spezielle Sorte, die er im Urlaub in Italien kennengelernt hat. Mit jedem Schluck, den Luna trinkt, spürt sie, wie ihre anfängliche Unsicherheit verfliegt. Die verhaltene Furcht, Falk könnte ihr doch übel nehmen, dass sie gestern nicht für ihn da gewesen ist, obwohl er es bisher nicht gezeigt hat, weicht einem sich langsam ausbreitenden Gefühl von Geborgenheit und Wärme, sie kommt an bei ihm, fühlt sich schon etwas heimischer als zu Beginn, lässt ihren Blick durch Falks Wohnung schweifen, die vanillegelbe Tapete, die Pinienmöbel in der Essecke, die hohen, schlanken Grünpflanzen, die silbern gerahmten Aquarelle an den Wänden, die klar geschnittenen Lampen, die Falk heruntergedimmt hat, sodass sie ein beruhigendes, sanftes Licht spenden. Es hat etwas für sich, dass alles hier so aufgeräumt ist, denkt sie. Das Auge kommt zur Ruhe. Falk hält ihre Hand, erneut spürt sie seine weiche, gepflegte Haut, fährt mit der Fingerkuppe seinen glatt gefeilten Daumennagel nach. Vielleicht wäre es doch richtig, schon in naher Zukunft mit ihm zusammenzuziehen, er ist ihre Insel, ihre Oase. Lunas Blick fällt auf ihr Handy, das halb verdeckt von einem flachen Stapel Zeitungen auf dem Couchtisch liegt, auch seines ragt darunter hervor. Ein leiser Stich durchfährt ihren Körper, schon ist sie versucht, nach

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