Dornteufel: Thriller (German Edition)
von mir hat mir den Tipp gegeben, über Serail Almond zu recherchieren. Der Vorstand von Serail Almond trifft sich gerade in Hamburg, um einige kurzfristig angesetzte Krisensitzungen abzuhalten. Dafür wurden auch Urlaubsreisen abgesagt. Tja, und obwohl Herr Wilson eigentlich großen Stress hat und seine gesamte Energie in die Krisenbewältigung stecken müsste, trifft er sich am helllichten Tag mit einer Frau in einem Lokal wie diesem. Könnte ich so weit noch verstehen. Zumindest, wenn die Frau, also Sie, angemessen erfreut über seine Gesellschaft gewesen wäre. Aber Sie sind nicht seine Freundin oder Geliebte, das ist eindeutig. Bleibt nur die Möglichkeit, dass Sie direkt oder indirekt mit seinen geschäftlichen Aktivitäten zu tun haben. Mit einer wichtigen Angelegenheit, die meine Recherchen betrifft, wenn er Sie ausgerechnet heute trifft.«
»Ich muss Sie enttäuschen. Es war rein privat.«
»Hübscher Versuch. Sagen Sie mir doch einfach die Wahrheit.«
»Ich kenne seine Schwester. Sie ist meine Freundin. Es war wirklich privat.«
»Komisch. Ich glaube Ihnen schon wieder nicht.«
Julia bedachte ihn mit dem Blick, der ganze Semester hormongetriebener Studenten der Ingenieurwissenschaften in die Flucht getrieben hatte. »Das geht zu weit. Lassen Sie mich jetzt in Ruhe essen.«
»Warum sind Sie so schön gebräunt?«
»Wie bitte?« Die Gabel mit dem Salatblatt verharrte in der Luft.
Er riss die Augen auf und schlug sich vor die Stirn. »Sie sind Ingenieurin, nicht wahr? Sie kommen gerade aus Indien. Von Serail Almond? Julia Bruck?«
Offensichtlich war der Journalist gut informiert. Möglicherweise wusste er etwas über Serail Almond, das ihr unbekannt war – etwas, das ihr weiterhelfen konnte. Er war an einer Geschichte dran, und dafür gab es einen Grund. Möglich, dass seine Recherchen überhaupt nichts mit ihren Erlebnissen in Bihar zu tun hatten. Aber im Grunde glaubte Julia das nicht. Sie entschied, ein wenig offener zu ihm zu sein, um mehr von ihm zu erfahren. »Das stimmt. Ich habe für eine Firma gearbeitet, die mich für eine gewisse Zeit in ein Forschungszentrum von Serail Almond nach Indien geschickt hat. Ich war allerdings mit der Klimatechnik des Gebäudes betraut und hatte mit der medizinischen oder kosmetischen Forschung nicht das Geringste zu tun.«
»Hmm. Aber kaum sind Sie wieder da, will Stefan Wilson, ein Vorstandsmitglied von Serail Almond, mit Ihnen sprechen. Oder hatten Sie vorher schon Kontakt?«
»Nein.«
Er überlegte einen Moment, schien dann zu einem Entschluss gekommen zu sein. »Frau Bruck, kennen Sie eine Hilfsorganisation namens Hanseatic Real Help? «
Das war ein Verein, der sich für Flüchtlinge einsetzte, wie Julia wusste. Sonja arbeitete seit Kurzem dort, hatte sie ihr erzählt. »Was haben die mit alledem zu tun?«, fragte sie beunruhigt.
»Wir können einander behilflich sein, denke ich.« Er sah sich nervös über die Schulter. »Wenn Sie mehr wissen wollen, kommen Sie heute Abend um elf ins Kaschinsky’s am Hamburger Berg 19.«
»Ich kann nichts versprechen«, sagte Julia unentschlossen.
Er hob die Augenbrauen, trank seinen Espresso und schüttete danach den Tequila in sich hinein. »Gegen die Müdigkeit«, erklärte er und stand auf. »Überlegen Sie es sich. Wir können einander vielleicht helfen.« Sie tauschten ihre Mobilnummern aus bevor er ging.
P ARIS , F RANKREICH
»Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht«, sagte Juliette Reyer, die zuständige Polizeibeamtin, als Rebecca Stern ihr gegenüber Platz genommen hatte.
»Die gute würde mir heute reichen«, antwortete Rebecca. Sie fühlte sich schlapp und müde, und sie sah auch so aus: mit Ringen unter den Augen, die nicht einmal das dick aufgetragene Make-up hatte kaschieren können. »Aber ich vermute mal, Sie wollen beide loswerden«, setzte sie hinzu.
»Die gute ist, dass es einen Passer zu der DNA-Probe gibt, die wir in Ihrer Wohnung gefunden haben.«
Nett ausgedrückt, dachte Rececca. Die wir auf Ihrem Slip gefunden haben , das wäre präziser – und persönlicher.
»War es … Sperma?«
»Ja. Und die DNA-Analyse weist auf einen Mann namens Frank Gellert hin.« Juliette Reyer sah sie aufmerksam an, doch bei Rebecca klickte es nicht. Sie hatte den Namen noch nie gehört.
»Ein Deutscher?«
»Ja, er stammt aus Passau. Er hat schon mal eine Haftstrafe wegen bewaffneten Raubüberfalls und schwerer Körperverletzung abgesessen. Zurzeit ist er aber auf freiem Fuß.«
Rebecca
Weitere Kostenlose Bücher