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Downtown Blues

Downtown Blues

Titel: Downtown Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra Cakan
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hübsche Spielsachen vermittelt. Könnte mich an ihn gewöhnen, an diesen Onkel Wang – als ob das sein Name wäre. Doch in DWNTN ist ein Name so gut wie der andere. Wenn man diese Art von Geschäften macht, ist Anonymität schon das halbe Startkapital, ein Gesicht und ein Name erhöhen nur das Risiko.
    Zwei Uhr morgens. Das Gesicht geschwärzt, im hautengen Camouflage-Schleicher aus Smart-Wear, bis an die Augenbrauen mit Onkel Wangs Hightech-Armierung und Tarnausrüstung bestückt, ziehe ich mich über die Mauer aus künstlich gealtertem Granit, renne geduckt über den Designerrasen, suche Deckung hinter kugelfischartigen Ziersträuchern. Mit anderen Worten: Ich bin zurück. Mein Ziel: der schwarze Würfel. Doch dann sehe ich es. Im Erdgeschoss der Jones-Festung brennt Licht, dringt durch einen schmalen Spalt in den schweren Vorhängen. Ich schleiche näher. Die Schiebetür ist nicht verriegelt. An die Mauer gedrückt lausche ich mit angehaltenem Atem in die Stille. Hey, das ist ’n echter Spürhundjob. Was kann mir Schlimmes passieren, wenn ich die Tür ganz sachte aufschiebe? Schon habe ich meine Hand ausgestreckt – Bewegungsmelder? Vergiss es. Heute ist meine Nacht.
    Wie von selbst gleitet die Tür auf. Dann stehe ich wieder in diesem Raum, nein, stolpere in diesen Raum. Ein viel zu lautes Scheppern. Verdammt. Hab nicht mal gemerkt, wie drinnen das Licht ausging. Mein Puls rast. Hat man mich gehört?
    Durch das Wummern meines Blutes höre ich zwei Stimmen, Worte, die ich nicht einordnen kann. Reden sie über mich? Adrenalin-OD. Wortfetzen schwappen heran. »… die restliche Summe … morgen, verstehen …« Diese Stimme habe ich schon mal irgendwo gehört, flach, tonlos, tödlich. Denk, Donovan, denk nach! Die reden nicht über mich, gut.
    Meine Hände tasten sich durch die Dunkelheit. Vor zwei Tagen stand dieses blöde Metalltischchen noch zwei Meter weiter links. Bist ’n toller Einbrecher, Donovan. Langsam fange ich wieder an zu funktionieren und aktiviere den Lichtverstärker. Gerade rechtzeitig. Fast wäre ich über einen kleinen Hocker gestolpert.
    »Meine Geschäftspartner …«
    Jetzt erkenne ich den Sprecher. Es ist der Hombre aus der Endstufe. Wie lange ist das her, dass ich Bru vor ihm gewarnt habe? Stopp, Donovan, falsches Assoziationsmuster. Herman Santero und Harding Jones und eine, vermutlich große, Summe … hier werden illegale Geschäfte gemacht.
    Ich bewege mich vorsichtig zu der angelehnten Tür und spähe durch den Schlitz. Ein greller Blitz. Meine erweiterten Pupillen senden flackernde Schmerzsignale. Ich klappe das Visier hoch und reibe mir die Augen. Vielleicht sollte ich ein andermal wiederkommen – wenn ich mit meinem neuen Equipment vertraut bin. Doch die beiden Stimmen nageln mich fest.
    »Sie haben das Geschäft mit meinem Neffen abgeschlossen. Ich habe nichts mehr damit zu tun.«
    »Die Señora sieht die Angelegenheit anders.«
    »Wie Ihr Lady-Boss die Angelegenheit sieht, interessiert mich einen Scheiß, Señor.«
    »Weiß der Mayor …«, setzt der Hombre an, als sein Kopf herumfliegt.
    Ich habe es auch gehört – dieses Wimmern. Es ist der gleiche nervenzerfetzende Ton, den ich vor zwei Tagen bei dem schwarzen Würfel gehört habe.
    Im Nebenzimmer geht eine Tür auf. Hogie schleicht auf Zehenspitzen näher, flüstert Jones ins Ohr. Etwas Intimes liegt in dieser Geste. Meine Finger schalten reflexartig den Soundverstärker ein.
    »Wir haben ein Problem.«
    »Schon wieder? Verdammte Sauerei. Sieh zu, dass du sie loswirst.«
    »Es werden immer mehr.«
    »Glaubst du, ich weiß das nicht?« Ein rascher Blick zu Santero. »Wir reden später weiter.«
    Genauso sacht, wie sie geöffnet wurde, fällt die Tür wieder zu. Das Wimmern wird zu Hintergrundrauschen.
    »… vom Stand der Verhandlungen?«
    »Verdammt, kapier es endlich, du Bohnenfresser. Es gibt keine Verhandlungen und es gibt kein Geschäft!«
    Sie stehen sich in der hell erleuchteten Empfangshalle gegenüber. Jones: rot im Gesicht, Santero: gelassen. Er weiß, wie man mit solchen Situationen umgeht. Zuckt die Schulter, geht zur Tür – wir sehen uns noch, Señor.
    Ich versuche, das Belauschte mit Brubakers DCU-Infos in Kontext zu bringen. Jones soll die Formel an den Capistrano-Clan verkauft haben, bei der Übergabe wurde ein Probenset geklaut, das inzwischen – sagt Ranson – bei den Triaden sein soll. Doch was ich eben gehört habe, passt nicht ins Bild. Welcher Major? Steckt die Armee mit drin, die DCU? Ich stehe

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