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Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Titel: Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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Vergrößerungslampe zu halten. Nachdem er es einen Augenblick betrachtet hatte, lehnte er sich zurück. »Wirf einen Blick auf die Angel«, sagte er.
    »Okay. Wo muss ich hinschauen, um die Angel zu sehen?«
    Er lachte. »Die Angel ist die Verlängerung der Klinge, mit der diese an das Heft genietet ist«, sagte er. »Dieses Messer hat eine dicke Klinge, also ist auch die Angel dick – drei Millimeter, vielleicht auch vier oder viereinhalb. Der Griff ist aus Horn, darauf haften Abdrücke schlecht, doch die Metallangel kann vom Fett eines Fingerabdrucks sogar geätzt werden. Schau hier«, sagte er und zeigte auf einen Fleck in der Nähe des Handschutzes, der die Angel von der scharfen Schneide der Klinge trennte. Dutzende dicht beieinanderliegender Linien kreuzten die Angel, mit einem winzigen Wirbel in der Mitte. »Das ist ein ziemlich guter Abdruck«, meinte er.
    »Aber der ist keine sieben Millimeter breit«, sagte ich. »Reicht das, um irgendeine Übereinstimmung festzustellen?«
    Art nahm einen Ausdruck zur Hand, auf dem ein kompletter Satz Fingerabdrücke war. »Sieh dir den rechten Daumen an«, sagte er. Ich nahm das Blatt und hielt es unter die Lupe. »Was meinst du?«
    »Die Schleife in der Mitte weist dieselbe kleine Unterbrechung auf wie die auf dem Messer«, sagte ich. »Ich glaube, es ist derselbe Abdruck.«
    »Ich glaube auch«, sagte er, »und ich bin ziemlich gut auf dem Gebiet.«
    Ich warf einen Blick auf die Worte auf dem Blatt. Die Abdrücke stammten aus einer Sicherheitsüberprüfungsakte der US-Regierung. »Verdammt«, sagte ich. »Er hatte wohl keine Lust, allein ins Jenseits zu gehen, was?«
    In seinen letzten Augenblicken hatte Leonard Novak – ein dreiundneunzigjähriger wandelnder Geist – einen Mann erstochen, der kaum halb so alt war wie er.

34
    Die Obduktion des dritten Opfers aus Oak Ridge – Fall 09-03 – war beinahe überflüssig, schließlich hatte die Todesursache aus der Brust des Mannes geragt. Laut dem Medical Examiner aus Nashville enthielt die Lunge eine geringe Menge Wasser, was andeutete (aber nicht zwingend bewies), dass das Opfer gerade eingeatmet hatte, als sein Herz krampfte und stehen blieb. Darüber hinaus enthielt der Obduktionsbericht nichts Außergewöhnliches, obwohl er ein wenig Licht auf das Leben des Mannes warf: ein Weißer mittleren Alters, einen Meter zweiundfünfzig groß, blaue Augen, lichtes blondes Haar und grauer Bart. Dünne, weißliche Narben deuteten auf ältere Operationen am rechten Knöchel und an der linken Schulter. Eine Reihe von Ganzkörperröntgenaufnahmen brachte zahlreiche verheilte Frakturen zum Vorschein – vier Rippen auf der rechten Seite der Brust waren gebrochen gewesen sowie sechs Rippen auf der linken, zwei davon mehrfach. Der rechte Oberschenkelknochen wies Spuren eines Bruches in der Kindheit auf, hieß es in dem Bericht, und war sechs Millimeter kürzer als der linke. Die Wirbelsäule wies, insbesondere im Bereich des Nackens, osteoarthritische Knochenauswüchse auf- gezackte Ränder an den Halswirbeln, die für einen Mann seines Alters überraschend ausgeprägt waren. Wegen der vielen Knochenbrüche war mein erster Gedanke: Zu viele Kneipenschlägereien. Doch das Opfer hatte eine gut entwickelte Beinmuskulatur und – bis die Messerklinge eingedrungen war – einen stabilen Kreislauf. Vielleicht doch keine Kneipenschlägereien, dachte ich. Vielleicht ein Fahrradunfall. Wie dem auch war, der Mann schien einiges eingesteckt und sich nicht geschont zu haben.
    Miranda, Emert, Thornton und ich drängten uns im Polizeirevier Oak Ridge um einen Tisch mit trockenen Keksen und dünnem Kaffee. Ich kam direkt aus dem kriminaltechnischen Labor, und Miranda war mit Thornton gekommen. Genau genommen gab es keinen zwingenden Grund für ihre Anwesenheit, doch es war wichtig, Miranda irgendwie zu beschäftigen. Ihre drei verbrannten Fingerspitzen wurden schlimmer, aus den Bläschen waren offene, nässende Wunden geworden, eingewickelt in Verbandmull, und sie hatte die fieselige Rekonstruktionsarbeit an dem Skelett aufgeben müssen.
    Sie konnte auch ihre Angst um Garcia nicht abschütteln. Obwohl das Personal auf der Intensivstation alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen hatte, hatte er eine Infektion bekommen, und sein Zustand war prekärer denn je. Er konnte weder essen noch trinken, und seine Eingeweide wurden von Krämpfen und blutigem Durchfall gefoltert, während die Darmauskleidung sich ablöste. Sie konnte sich in den kommenden Wochen und

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