Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre
zu einem Sideboard, das unter dem Fenster stand, und holte eine zusammengerollte topographische Karte des Naturreservats heraus, rollte sie auf seinem Tisch aus und beschwerte sie an den Ecken mit Büchern.
Thornton und ich sahen einander an. »Da liegt der Hase im Pfeffer«, sagte ich. »Wir wissen es nicht genau.« Arpads Blick schwenkte von mir zu Thornton und wieder zurück. Ich legte eines der Fotos auf die Karte. »Wir glauben, er liegt hier begraben, wo das Foto von dieser Scheune gemacht wurde.«
»Und wo ist die Scheune?«
»Das ist es ja«, sagte ich. »Wir wissen nicht, wo sie ist. Oder war.«
Fassungslos sah er uns an. »Sie meinen, sie könnte überall im Naturreservat stehen oder gestanden haben?« Ich nickte verdrießlich. »Und Sie wissen nicht mal, ob es sie überhaupt noch gibt?« Ich nickte wieder. »Sie reden von einem Suchgebiet von, na, zweihundert Quadratkilometern? Das Gebiet mit der Sonde abzugehen würde ein ganzes Leben dauern. Mehrere Leben. Es macht mir nichts aus, nach der Nadel im Heuhaufen zu suchen, aber das sind fünfzigtausend Heuhaufen. Rufen Sie mich an, wenn Sie es auf einen eingegrenzt haben.«
Als wir vom Forschungskomplex wegfuhren, sagte ich zu Thornton: »Arpad ist recht zurückhaltend, aber er findet die Sache hier wirklich aufregend.«
Thornton brach in schallendes Gelächter aus. »Ja«, meinte er, »und Miranda wählt bei der nächsten Wahl die Republikaner.«
Jetzt lachte ich. »Okay, er findet es nicht besonders aufregend«, räumte ich ein. »Ich wollte nur optimistisch sein. Tut mir leid, dass wir den Weg umsonst gemacht haben.«
»Nicht umsonst«, sagte er. »Ich kann Arpads Geldgeber beim Justizministerium anrufen und ihnen sagen, dass das Ding funktioniert. Solange man weiß, wo die Leiche liegt.« Ich schaute wohl erschrocken drein, denn er fügte rasch hinzu: »Nur ein Scherz. Das war ein Scherz.«
Wir fuhren ein, zwei Kilometer ostwärts Richtung Oak Ridge und Knoxville, dann zeigte Thornton auf der linken Seite auf ein Schild. »Da ist es: SPALLATIONSNEUTRO-NENQUELLE«, sagte er. »Da muss ich hin.« Die Straße wand sich in einer Reihe weicher Kurven den Hügel hinauf, und oben auf dem Hügelrücken erstreckte sich ein riesiges neues Gebäude, fünf geschwungene Etagen aus grünem Glas und gebürstetem Aluminium.
»Wow«, sagte ich. »Arpad sollte sich mit den Knaben hier anfreunden. Die haben viel schickere Quartiere.« Ich parkte in der Nähe des Eingangs auf einem Platz, der mit BE-SUCHER gekennzeichnet war, obwohl wir unter Dutzenden von bequemen Plätzen hätten wählen können. »Und mehr Parkplätze.«
»Ich glaube, hier wird noch letzte Hand angelegt«, sagte er. »Ich glaube nicht, dass die Spallation schon auf vollen Touren läuft.«
»Erklären Sie mir noch mal, was Spallation bedeutet«, sagte ich, als wir auf die Glastüren zugingen.
»Stammt von derselben Wurzel wie Sch-plit« ,sagte er und lachte. »Nein, das war schon wieder ein Scherz. Es kommt von spallieren, absplittern, wie Beton. Spallation ist eine subatomare Version von absplitterndem Beton. Das Ding schießt Millionen von Neutronen aus einem riesigen Linearbeschleuniger – sehen Sie den langen, schnurgeraden Erdwall da, der vom Hauptgebäude zu dem kleineren Gebäude ganz da hinten führt? Ich glaube, darunter ist der Beschleuniger. Wie auch immer, er schießt Neutronen auf sogenannte Targets oder Materialien, und dann finden Menschen, die viel klüger sind als ich, alle möglichen wichtigen Sachen über diese Materialien heraus, je nachdem, was passiert, wenn die Neutronen in sie hineindonnern.«
»Hineindonnern?«
»Hineindonnern. Einschlagen. Rumsen. Wie Sie wollen. Das sind alles wissenschaftlich exakte und präzise Begriffe.«
»Exakt.«
»Und präzise.«
»Und beim Hineindonnern produzieren sie hier gelegentlich auch Radioisotope?«
»Hä? Ich glaube nicht«, sagte er. »Wie kommen Sie darauf?«
»Na, Sie haben doch einen Termin mit einem Radioisotop-Menschen«, sagte ich, »und wir sind hier.«
»Ach so«, sagte er. »Kluge Schlussfolgerung, aber leider falsch. Die Isotopen produzieren sie in einem Forschungsreaktor, dem Hochflussreaktor. Aber da sind die Sicherheitsvorkehrungen viel strenger, und hier sind die Quartiere besser. Und der Radioisotop-Mensch hat offensichtlich bessere Verbindungen als Arpad.«
Thorntons »Radioisotop-Mensch« – wie sich herausstellte, der Direktor des Programms, Barry Vandergriff – empfing uns im Atrium und lud uns
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