Dr. Gordon verliebt
schmerzlichen Einblicknehmens am Fenster, wie absurd es für einen solchen Caliban wie mich war, Nicki — ja, auch jedes andere Mädel — um ihre Hand zu bitten. Ich gehörte einfach zu jenem Typ, der nicht geheiratet wird, der verurteilt war, den Rest seines Lebens auf Buden zu hausen und vielleicht mit einem Mr. Walters Karten zu spielen, bis wir beide uns jener geisterhaften Schar nichtzahlender Gäste Miss Ashworths anschlossen.
«Ich weiß nicht», unterbrach Kitten Strudwick ein paar Tage später einen meiner Fensterguckeranfälle, «warum Sie nicht hingehen und ihr einen ordentlichen Schmatz geben. Dann hat sich die Sache von selber eingerenkt.»
«Miss Strudwick», sagte ich schicksalsergeben, «es ist wirklich nicht möglich, die Situation länger vor Ihnen geheimzuhalten. Ich weiß die menschenfreundlichen Beweggründe Ihres Rates aufrichtig zu schätzen, muß Ihnen aber in Erinnerung bringen, daß wir keineswegs in einem Film spielen. Im wirklichen Leben tut man derartige Dinge nicht. Außerdem», fügte ich hinzu, «würden sie zu nichts führen.»
«Bei mir würde das schon zu was führen. Das kann ich Ihnen versichern.»
«Möglich. Aber nicht bei... bei anderen.»
«Ach, da tät ich nicht unbedingt Gift drauf nehmen. Alle Mädels sind im Grund gleich. Schauen Sie sich mal diese Könige und Königinnen an, von denen in Everybody’s so viel steht.»
«Sie würden meine Gefühle schonen, Miss Strudwick, wenn Sie sich vor Augen führten — so wie ich es tue —, daß Frau Doktor Barrington außerhalb unserer gemeinsamen beruflichen Interessen nicht das geringste mit mir zu tun haben will.»
«Aber gehn Sie! Dem armen Mädel bricht noch das Herz. Hab grad mit ihr gesprochen.»
«Was?» fragte ich entgeistert. «Sie wollen damit doch nicht sagen, daß Sie tatsächlich mit ihr über mich gesprochen haben?»
«Natürlich hab ich das, Schatz. So bißchen mit der Kirche ums Kreuz, versteht sich. Aber ein Mädel muß irgend jemandem ihr Herz ausschütten können, finden Sie nicht? Selbst wenn’s nur Ihnen allein gehört.»
«Es wäre vielleicht besser, Miss Strudwick, wenn Sie den nächsten Patienten hereinriefen.»
«O. K. Aber vergessen Sie nicht, was ich Ihnen gesagt hab.»
Zufälligerweise geschah es, daß Nicki und ich an diesem Abend zum erstenmal seit mehreren Tagen allein beisammen waren, da uns Miss Strudwick unvorhergesehen im Sprechzimmer stehenließ.
«Wie kommen Sie mit der Arbeit voran?» fragte ich so unbefangen wie möglich.
«Mit welcher Arbeit?» Sie unterbrach ihre intensive Suche in der Kartei und blickte auf.
«Für die Fellowship.»
«Ach so, ganz gut. Ganz gut, danke.»
«Eine schwierige Prüfung, diese Fellowship.»
«Ja, sehr.»
«Nur zehn Prozent kommen durch, sagt man.»
«Ja.»
Ich spielte mit einer Ampulle Penicillin.
«Ich hoffe, wir sehen einander noch, bevor Sie nächste Woche Weggehen», sagte ich. «Um uns zu verabschieden, meine ich.»
«Ja, ja, natürlich. Hoffentlich.»
An der Türe blieb sie zögernd stehen. «Richard —»
«Ja, bitte?»
«Ich — hm — weil wir gerade von der Fellowship sprachen — ich habe einige Schwierigkeiten, meine Pathologie nachzuholen. Sie waren doch Pathologe im St. Swithin, nicht wahr?»
Ich nickte.
«Könnten Sie sich vielleicht ein kleines bißchen Zeit erübrigen, bevor ich weggehe — nur auf einen Sprung zu mir kommen und ein paar Blutabstriche mit mir durchnehmen?»
Das war wohl das wenigste, was ich für sie tun konnte, nachdem ich ihr meine Aufmerksamkeiten auf gedrängt hatte: sie ein bißchen in Pathologie unterweisen.
«Selbstverständlich. Ich tue alles, um Ihnen zu helfen, Nicki. Werde heute abend mein Mikroskop mitnehmen.»
Es gibt wenige Situationen, die einer innigen Vertrautheit zwischen Mann und Weib so förderlich sind wie das Benützen desselben Mikroskops. Man muß ganz knapp nebeneinandersitzen, die Köpfe berühren sich, wenn man wechselweise durch das Okular blickt, und die Finger bleiben aufeinander liegen, wenn man an der Einstellschraube dreht. Das Ganze kam so unerwartet wie ein Nieser. Wir diskutierten ruhig über die Pathologie der perniziösen Anämie, und ich wies gerade auf die große Menge der Megaloblasten am anderen Ende des Instruments hin, als ich aufblickte und «Oh, Nicki!» sagte, und sie «Oh, Richard!» sagte, und plötzlich lag sie in meinen Armen, und ich küßte sie leidenschaftlich, und wir beschlossen zu heiraten.
14
NICKI UND ICH ENTSCHIEDEN UNS, wie einige
Weitere Kostenlose Bücher