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Dr. Gordon wird Vater

Dr. Gordon wird Vater

Titel: Dr. Gordon wird Vater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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Kellers
im Ärztequartier auf eine Flasche Bordeaux und einen Korb Orangen zusammengeschrumpft.
Zur Feier der Verlobung eines Kollegen schlug Grimsdyke vor, eine Rotweinbowle
jener Art anzusetzen, wie sie bei Geburtstagskränzchen junger Damen üblich ist,
jedoch etwas reinen Äthylalkohol hinzuzufügen, den wir normalerweise zur Präparierung
mikroskopischer Schnitte verwendeten.
    «Schließlich», hatte er damals
auseinandergesetzt, «ist es ja der Methylalkohol, der bewirkt, daß man
ein interessantes Objekt für die Artikel in den Ärztezeitschriften wird.
Äthylalkohol hingegen ist vollkommen reines C 2 H 5 OH, also
genau dasselbe Zeug, was man aus einer Flasche Champagner herauskriegen würde,
wenn man ihn destillierte, statt ihn zu trinken.»
    «Aber sogar Äthylalkohol muß man mit
Respekt behandeln», hatte ich voll der Zweifel vorgebracht.
    «Stimmt aufs Haar, lieber Junge. Die
Leute begehen nur den Fehler, zu vergessen, daß es sich um einen
fünfundsiebzigprozentigen Sprit handelt und daß man ihn nur in wohlbemessenen
Mengen beimischen darf. Wir werden es auf hochwissenschaftlicher Basis
durchführen. Ich werde aus dem biochemischen Labor eine Pipette stibitzen und
fünfzig Kubikzentimeter in die Mischung tröpfeln, sobald die Party die Neigung
zeigt, flau zu werden. Wird so präzis gehandhabt werden wie eine intravenöse
Injektion.»
    Dies funktionierte glänzend bis zu dem
Augenblick, da, nach dem Genuß mehrerer Gläser Bowle, Grimsdykes Ungeduld im
selben Maße wuchs, wie seine Hemmungen schwanden, und er begann, den Alkohol
aus einer großen Standflasche, die unter dem Tisch versteckt war, in das Gebräu
zu kippen. Einige bemerkenswerte Szenen waren die Folge, und selbst als wir den
ganzen Schaum zur Seite geschafft hatten, wußten wir noch immer nicht, wo wir
die leeren Feuerlöschapparate verscharren sollten.
    «Mein klinischer Zustand damals im St.
Swithin», setzte Grimsdyke seine Erzählung in unserem trauten Heim fort, «fand
im Savoy Hotel zu Poparaped eine exakte Wiederholung. Schwindel und Doppelsehen
stellten sich ein, und mein Magen war so, als hätte sich jemand mit der
Fahrradpumpe daran zu schaffen gemacht. Sogar der alte George, der Barmann,
wachte auf und sah beunruhigt aus — wahrscheinlich aber nur, weil wir die
Drinks noch nicht bezahlt hatten. Immerhin half er mir vom Hocker herunter und
brachte mich ins Zimmer nebenan, während sich der Alte in ein angeregtes
Gespräch mit einem ausgestopften Affen vertiefte. Ich brach auf einem alten
eisernen Bettgestell, das nur drei Beine hatte, zusammen und wünschte, ich läge
nett verpackt, einen Eisbeutel auf dem Schädel, in einem Bett des St. Swithin,
ein Rudel ausgebildeter Schwestern um mich.»
    Er hielt inne, bei der bloßen
Erinnerung erbleichend.
    «Und dann schwanden dir die Sinne?»
fragte Nicky mitfühlend.
    «Ärzten, die aus dem St.-Swithin-Spital
hervorgegangen sind, Madame, schwinden nicht die Sinne. Mich meiner ausschweifenden
Jugendtage erinnernd, konzentrierte ich meinen Blick auf einen Fleck an der
Zimmerdecke, der sich als zerquetschte Küchenschabe herausstellte. Doch dies
verlieh zumindest meinen Nervenzellen neuen Schwung. Es lag auf der Hand, daß
ich nicht gleich am ersten Tag stockbesoffen in diesem Schuppen aufgefunden
werden durfte. Ebenso lag es auf der Hand, daß ich, bliebe ich hier, raschest
von jenen Insekten, die man unter dem schönen Namen
zusammenfaßt, aufgefressen werden würde. Daher holte ich nach einem Weilchen
tief Atem, erhob mich, klaubte meinen Hut auf und machte mich, ohne nach rechts
oder links zu blicken, auf den Heimweg, in der Hoffnung, mich in der
gewünschten Richtung zu bewegen.
    Diese Wanderung werde ich nie
vergessen. Auf dem Hinweg war mir die Strecke knapp eine halbe Meile lang
erschienen. Das einzige, was mich weiterstreben hieß, war die Vorstellung
meiner kühlen weißen Couch und der Klimaanlage am anderen Ende.
    Hatte seinerzeit eine ganze Menge über
die Übel der Trunksucht predigen hören, doch erst in jenem Augenblick erfaßte
ich voll und ganz, was die Kerle mit der großen Trommel an der Straßenecke
wirklich meinen. Schließlich und endlich stolperte ich dann aber doch in meinen
Bungalow, ein Gebet zum Himmel schickend, daß niemand mich gesehen habe, und
sackte auf der Bettdecke zusammen.
    «Aber», fuhr Grimsdyke traurig fort,
«für einen Arzt höret die Arbeit nimmer auf.»
    «Was, du hattest nicht einmal Zeit,
dich auszuschlafen?» fragte

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