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Dr. med. Erika Werner

Dr. med. Erika Werner

Titel: Dr. med. Erika Werner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Urteilsverkündung.
    Drei Jahre Zuchthaus.
    Es ging nicht anders. Das Gesetz befahl es. Nicht die persönliche Einstellung ist maßgebend, sondern die Strafe, die eine Tat nach sich zieht, wenn sie sich außerhalb der menschlichen Gesellschaftsordnung stellt.
    Mit starrem Gesicht hörte Erika Werner stehend das Urteil. Sie sah nicht zur Seite, wo Dr. Bornholm saß und auf seinen Freispruch wartete. Sie verzichtete auch auf das angebotene Schlußwort. Sie schüttelte bloß den Kopf und wandte sich zum Stuhl zurück, um sitzend die Urteilsbegründung anzuhören.
    Nur als sie wieder hinausgeführt wurde, eine Zuchthäuslerin, die damit automatisch aufgehört hatte, für die weitere Zeit ihres Lebens eine Ärztin zu sein, warf sie schnell einen Blick auf Alf Bornholm.
    Er saß mit gefalteten Händen und starrte zum Fenster hin. Sein Gesicht kam ihr gelöst vor, entspannt, frei von Sorgen.
    Nur den Bruchteil einer Sekunde zögerte ihr Schritt. Es war ein Abschied für drei Jahre.
    Dann schloß sich die schwere Eichentür hinter ihr. Der Prozeß Erika Werner war abgeschlossen.
    Das Leben ging weiter. Die Zeitungen brachten ein paar Berichte. Aber schon am nächsten Tag wußte niemand mehr, wer Erika Werner gewesen war.
    Ein Taximord war das Tagesgespräch. Morgen würde es vielleicht der Bruch einer Talsperrenmauer sein. Das Leben war ja so spannend und abwechslungsreich …
    Langsam fuhr der Gefängniswagen, die ›Grüne Minna‹, in den Innenhof des Zuchthauses ein.
    Drei hohe, stahlbeschlagene Tore mit elektrischen Öffnern mußten passiert werden, ehe der Wagen mit knirschenden Bremsen vor der Aufnahme hielt. Hohe Ziegelmauern umgaben den Hof. Die von einer runden Kapelle ausgehenden Zellengebäude bildeten einen großen roten Stern, zwischen denen die Spazierhöfe lagen, mit elenden, schmalen Grasstreifen in der Mitte und nach Sonne hungernden, struppigen Haselnußbüschen.
    Erika Werner preßte das Gesicht gegen das mit einem dichtmaschigen Stahlgeflecht gesicherte Fenster des Transportwagens. Die ersten beiden Tore wurden von Gefängnisbeamten bedient … vom dritten Tor ab sah sie nur weibliche Beamte. Die Abgeschlossenheit von der Welt war plötzlich deutlich.
    In der Tür zur Aufnahme stand eine dicke Beamtin. Ihre Augen hinter der scharfen Brille blinzelten in die Sonne, als sei sie aus langer Dunkelheit in den Tag getreten. Sie hatte die Arme in die Hüften gestemmt und sah zu, wie Erika Werner aus der ›Grünen Minna‹ kletterte.
    »Nun mal flott!« rief sie, als Erika die vier eisernen Leiterstufen herunterkam. »Natürlich, mit den meterhohen Absätzen geht's nicht so gut. Aber das wird anders. Los, los … zuerst wird gebadet, und dann geht's zum Arzt!« Die dicke Beamtin sah Erika Werner von oben bis unten an, eine Musterung wie bei einem Pferdekauf. »Schon geschlechtskrank gewesen?« bellte sie.
    »Ich bin Ärztin …«, sagte Erika schwach.
    Oberaufseherin Katharina Pleuel faßte Erika am Arm und zog sie in das halbdunkle, muffig riechende Gebäude. Ein paar Türen klappten, sie wurde hin und her geführt, dann stand sie vor einem Tisch und mußte ihre Personalien angeben. Eine etwas freundlichere Beamtin sagte schlicht: »Zelle 365 Flügel E« und entließ sie wieder.
    »So!« bellte Katharina Pleuel auf dem Flur. »Und jetzt zur Kleiderkammer. Wenn du erst die Klamotten los bist, haste dich schon halb eingelebt …«
    Mit gesenktem Kopf ging Erika der Beamtin voraus zum Kleidermagazin. Sie weinte plötzlich, zum erstenmal seit ihrer Verhaftung.
    In der Kleiderkammer stand hinter einer langen Theke eine andere Aufseherin, klein, spitznäsig, mit flinken Mausaugen. Neben ihr zwei Kalfaktorinnen, langjährige Sträflinge, die Sonderrechte genossen und in ›gehobenen Posten‹ eingesetzt wurden … in der Kleiderkammer, beim Bad, in der Schneiderei als Vorarbeiterinnen, als Streckenaufseherinnen bei der Gartenarbeit.
    »Nanu?« sagte die Spitznasige zu Katharina Pleuel. »Sie heult? Ne Neue wohl, wat?«
    »Was Besseres! Drei Jahre wegen Tötung. Hat 'nem jungen Mädchen 'n Kind weggemacht, und die Kleene ist dabei drauf …«
    Die Spitznasige musterte Erika Werner. »Nu komm mal her … ausziehen!« kommandierte sie.
    Erika Werner sah sich um. Sie standen mitten in der Kleiderkammer. Katharina Pleuel stand grinsend am Fenster, die beiden Häftlinge schleppten Bündel aus den Regalen heran … grobe Röcke, Unterwäsche, einen leinenen blauen Rock, eine weite Bluse, eine blaue Jacke, dicksohlige,

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