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Dr. med. Erika Werner

Dr. med. Erika Werner

Titel: Dr. med. Erika Werner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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bestimmte Versuchsergebnisse meiner Blutforschungsreihe, die ich nicht im Journal finden kann. Sie würden der Wissenschaft einen großen Dienst erweisen, wenn Sie die Erlaubnis –«
    »Ich muß erst mit der Oberstaatsanwaltschaft sprechen.« Der Zuchthausdirektor war sehr dienstlich. »Bitte, rufen Sie im Laufe des Tages noch einmal an.«
    Bornholm blieb zu Hause und wartete. Gegen 16 Uhr hatte er die Erlaubnis. Zehn Minuten Sprecherlaubnis. Am Freitag.
    Zufrieden legte er den Hörer zurück. Er fuhr in die Stadt, aß in einem bekannten Speiselokal zu Abend und kam im Hause Professor Rahtenaus an, als die Familie in festlicher Kleidung in die Oper abfahren wollte.
    »Ach!« sagte Professor Rahtenau, nachdem Petra Bornholm zwar mit einem Kuß, aber sehr kühl begrüßt hatte. »Der Eremit kehrt zurück. Du hättest anrufen sollen … jetzt sind wir auf dem Wege …«
    »Laßt euer Programm nicht durcheinander kommen!« Bornholm legte den Arm um die schmale Schulter Petras. »Hast du den Australienvertrag annullieren können?«
    »Ja … es fehlt nur noch deine Gegenunterzeichnung vor dem Konsulat.«
    »Am Freitagnachmittag …« Bornholm drückte Petra an sich und küßte sie auf die Stirn. »Ich begleite euch zur Oper.«
    Helga Pilkowski hatte dreimal versucht, zu Erika Werner ins Zuchthausrevier zu kommen. Sie entwickelte dabei eine Erfindungsgabe, die niemand der dicken, blonden Dirne zugetraut hatte.
    Zunächst ritzte sie sich mit einem Nagel in den Unterarm und legte in die Wunde ein kleines Holzstückchen. So wurde aus dem Riß eine große, eiternde Entzündung, die Helga erst dann meldete, als sie wirklich böse aussah und eine Blutvergiftung drohte.
    »Verrücktes Frauenzimmer!« brüllte Katharina Pleuel, als Berta Herkenrath sie mit 39,5 Fieber zu ihr brachte. »Aber dir Luder versalze ich die Suppe! Du wirst in der Zelle behandelt!«
    »Ihr Mistziegen!« schrie Helga zurück und warf sich auf das Bett der Pleuel. »Laut Zuchthausordnung hab ick Anspruch auf stationäre Behandlung im Revier! Ick werde mir beschweren!«
    »Die Entscheidung liegt beim Arzt!«
    »Ihr steckt alle unter einer Decke! Ick will ins Revier! Sofort!« Sie hielt ihren Arm empor. Er war dick geschwollen und stark gerötet. »Oh, mein Arm!« wimmerte sie schrill. »Ick sterbe … ick hab' 'ne Blutvergiftung …«
    »Die haste!« schrie die Pleuel. »Aber 'ne Syphilis!«
    Berta Herkenrath hatte unterdessen den Anstaltsarzt Dr. Rumholtz angerufen. Er kam hinüber in den Block III und sah sich den Arm an. Helga Pilkowski war still geworden … mit großen Augen sah sie zu, wie Dr. Rumholtz vorsichtig an dem geschwollenen Fleisch herumdrückte.
    »Tut's weh?« fragte er.
    »Nee!« Helga grinste ordinär. »Mir hat's nie weh getan, wenn mich 'n Mann drückte. Wenn Se ooch bloß 'n Arzt sind –«
    Dr. Rumholtz ging auf den Ton nicht ein. Er war ihn gewöhnt. Nirgends ist das Leben ordinärer als in einem Frauenzuchthaus, nicht einmal in den Slums der amerikanischen Industriestädte. Was die Dauerinsassen eines Frauenzuchthauses vom Typ Helga Pilkowskis an Gemeinheit und Hysterie aufstauen, ist unübertreffbar.
    Der kleine Holzsplitter hatte sich festgeeitert. Dr. Rumholtz fühlte ihn unter seinen tastenden Fingern. Er fragte nicht danach, er kannte die Tricks zu genau.
    »Alkoholumschläge!« sagte er und ließ den Arm Helgas los. »Später, wenn die Entzündung etwas zurückgegangen ist, Verbände mit einer Zugsalbe.« Er legte ein Röllchen Tabletten auf den Tisch. »Und das fürs Fieber!«
    Helgas Augen funkelten. »Also keene Station?«
    »Nein!« Dr. Rumholtz drehte sich um und wusch sich die Hände. »Das mußt du schon klüger anstellen.«
    Vier Tage später kam eine Regenperiode. Es wurde kalt. Der Herbst kündigte sich an. Durch den kleinen Garten des Zuchthauses pfiff der Wind und peitschte den Regen gegen die hohe Backsteinmauer.
    Helga Pilkowski, die sich ein Stück Garten zugelegt hatte, blieb zwei Stunden in diesem Unwetter stehen. Sie ließ sich einregnen, sie fror im kalten Wind … sie riß das Kleid auf und stand mit geschlossenen Augen und klappernden Zähnen an der Mauer, gegen die der Sturm prallte.
    Aber die ersehnte Lungenentzündung stellte sich nicht ein. Nur ein Schnupfen.
    »Du bist zu fett!« lachte die Pleuel, als man ihr die neue Tat Helgas meldete.
    Mit einigen unschönen Bemerkungen ging Helga zurück in ihre Zelle und rieb sich Schnupfensalbe unter die rote Nase.
    »Sauladen!« schrie sie die Herkenrath an,

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