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Dr. Ohio und der zweite Erbe

Dr. Ohio und der zweite Erbe

Titel: Dr. Ohio und der zweite Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Stichler
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Boris nickte trotzig.
    „Du hast mir immer noch nicht gesagt, warum dir das mit Wieri früher nicht passiert wäre“, sagte Erika, ohne auf ihn einzugehen.
    „Früher war ich noch kein reicher Erbe“, sagte Boris und grinste.
    „Na toll.“ Erika verdrehte gelangweilt die Augen.
    Boris sah sie scharf an, als wolle er sie prüfen. Er kniff die Lippen zusammen und holte Luft.
    „Ich war Soldat früher“, flüsterte er, und als er merkte, dass Erika wenig beeindruckt war, fügte er hinzu: „Ich meine, in einer ganz speziellen Armee.“
    „Mhm“, machte sie.
    Boris schien sich zu ärgern. Was hatte er erwartet? Eine Regung, eine Frage vielleicht ...? Er kniff düster die Augenbrauen zusammen.
    „In der Fremdenlegion“, sagte er hart. „Ich war in der Fremdenlegion. Und dass ausgerechnet ich diesem kleinen Fanatiker aufsitze ... Und das gleich zweimal ...“
    „So klein ist er auch wieder nicht. Und beim ersten Mal wusstest du ja noch gar nicht, dass du verfolgt wirst“, erwiderte Erika schnippisch und blickte zurück in ihr Zimmer. „Ich muss mich noch umziehen“, sagte sie kühl. „Ich komme dann gleich runter.“
    „Aber ...“, sagte Boris. Erika schloss die Tür.
    Frau Adler war nicht die Frau, der ungebetene Gäste großes Kopfzerbrechen bereiteten. Sie war es gewohnt, viel zu kochen. Früher, erzählte sie, während sie Berge von Fleisch und Knödeln auf Dr. Ohios Teller lud, hatten ihre Kinder oft Freunde zum Essen mitgebracht. Und die hätten sich nie vorher angekündigt. Und seit die Kinder aus dem Haus waren, fanden die Adlers es sowieso ein bisschen zu ruhig in dem großen Bauernhaus in ihrem kleinen Dorf. Da war der ungewöhnliche Besuch eine nette Abwechslung.
    „Vor allem der junge Mann muss kräftig essen. Tu ihm tüchtig auf. Er sieht ein bisschen blass um die Nase aus“, sagte Adler und schenkte Bier in ein großes Glas. Alles in diesem Haushalt schien riesige Dimensionen zu haben. Boris lächelte unglücklich.
    „Mir geht’s schon viel besser“, sagte er, langte aber trotzdem kräftig zu. Erst als der Duft der Knödel und des Gulaschs in seine Nase gestiegen war, hatte er bemerkt, wie hungrig er war.
    Das Essen hielt, was die Umgebung und die runden, ausladenden Körperlinien der Adlers versprachen: Es war deftig und ausgezeichnet.
    Das Essen und die Anstrengungen des Tages machten alle drei schnell müde. Lange hielt es zur Enttäuschung beider Adlers keiner ihrer Gäste am Tisch aus. Die Platten waren kaum geputzt, als Boris sich als Erster verabschiedete. Er entschuldigte sich mit seiner angeschlagenen Gesundheit. Erika folgte ihm bald. Dr. Ohio saß mit Herrn und Frau Adler noch auf ein Bier zusammen, dann ging auch er nach oben und legte sich schlafen.
    Die Wolken hatten sich vollends verzogen, als die Sonne untergegangen war. Es war spät am Abend und der Ort lag ringsum eingerahmt vom dunklen Wald unter dem silbrigen Schein eines schmalen, tief hängenden Mondes. Die Sterne glitzerten am schwarzblauen Himmel. Im Dorf ging man früh schlafen und die wenigen, die noch wach waren, sagten später, sie hätten nichts gehört von der Ankunft des Dämons. Mit Karacho und einem Affenzahn raste Wieri mit seinem Leihwagen, einem knallroten VW Polo mit Heckspoiler, die Bundesstraße entlang. Er bog schräg links ab und fuhr wie die Reinkarnation des bösen Zauberers aus dem Märchenwald auf der schmalen Landstraße beinahe ungebremst ins Dorf hinein. An der Kreuzung stoppte er den Wagen. Ungeduldig stotterte, spuckte und brodelte sein Motor, unbeherrscht zuckte sein Fuß auf dem Gaspedal, während er mit fiebrigen Augen die Straßenschilder studierte. Dann gab er Vollgas, bog mit quietschenden Reifen nach rechts ab und folgte ein paar geschlängelten Gässchen, bis er sein Gefährt zitternd neben einer weiten, im Mondlicht graugrün schimmernden Wiese anhielt.
    Auf der anderen Seite, zu seiner Linken, lag die riesige, schwarze Silhouette von Adlers Bauernhof. Kein Lichtlein brannte, Menschen und Tiere schienen in tiefem Schlaf zu liegen. Aber das interessierte Wieri nicht. Mit nervösen Fingern löste er den Gurt, diese Geißel des lässigen Aussteigens aus einem motorisierten Fahrzeug, betätigte den Knopf zum Öffnen des Kofferraums und sprang mit einem Satz ins Freie. Das Weiß in seinen Augen leuchtete gelblich auf im Lichtschein der mageren Kofferraumbeleuchtung. Er riss seinen Rucksack heraus und knallte den Kofferraumdeckel zu. Kein Warten, kein Zögern, kein Gedanke und kein

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