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Dr. Sex

Dr. Sex

Titel: Dr. Sex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. C. Boyle
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Prostituierte damals ihre Kunden bezeichneten – heute ist er weiter verbreitet, aber damals kannten ihn nur Personen aus den unteren Schichten), machten wir es uns, so gut es ging, im Wandschrank gemütlich. Wir räumten Gingers Unterwäsche beiseite, stellten den einzigen Stuhl, den es in dem Zimmer gab, hinein und vereinbarten, ihn reihum zu benutzen, um die Anstrengung durch das lange Stehen zu mindern – es würde eine lange Nacht werden, und wir durften uns nicht durch Recken und Strecken, geschweige denn durch ein Husten oder Niesen verraten. Wir sprachen nur noch im Flüsterton und waren in aufgeregter Erwartung. Wie es war? Etwa so wie die Erregung, die man als Kind beim Versteckspiel empfunden hat, nur daß noch dieser herrliche Erwachsenenkitzel des Verbotenen dabei war. Echter Sex. In Kürze würden wir echten Sex sehen.
Es dauerte nicht lange. Vor der Tür erklangen Schritte, wir hörten leises Gemurmel und das Klicken der Klinke und erstarrten. Prok hatte den Vorhang zugezogen – wir waren nacheinander in Gingers Zimmer gegangen und hatten uns davon überzeugt, daß wir dahinter vollkommen verborgen waren –, und zwar so, daß wir das Geschehen aus zwei Blickwinkeln verfolgen konnten. Corcoran spähte durch den Schlitz am einen Ende, Prok und ich waren am anderen Ende. Er saß reglos wie ein Fakir auf der Stuhlkante, und ich beugte mich so dicht über ihn, daß wir praktisch vereint waren. Bewegungen, Stimmen. Ich spürte Proks Anspannung und wagte kaum zu atmen. Wir konnten das nun hellbeleuchtete Bett sehen, nicht aber die Tür und das, was dort geschah: Offenbar umarmten sich Ginger und ihr Freier. Wir hörten das Rascheln von Kleidern, Schritte auf den Dielen und dann den unvermittelten, überraschenden Baß eines Mannes. »Scheiße, das ist deine Bude?« sagte er, und beim Klang seiner Stimme schwang mein ganzer Körper mit, von der Hirnrinde, die das akustische Signal registrierte, bis zu den Fußsohlen. »Scheiße«, sagte er wieder. Bewegung, und da waren sie – da war er, keine zwei Meter von uns entfernt. Ich würde gern schreiben, er sei eine Art Schläger gewesen, ein tätowierter Seemann, der hier gestrandet war, ein Prachtexemplar, doch so war es nicht. Er war eher schmächtig, mittelgroß, in jeder Hinsicht durchschnittlich, und seine Haut wirkte in dem grellen Licht körnig. Ginger war auch da, ihr fülliger Körper, ihre üppigen Brüste. »Also bläst du mir einen oder was?« fragte er.
»Was immer du willst, Schätzchen«, sagte sie, beugte sich vor und strich mit der Hand über den Schritt seiner Hose. »Wer zahlt, sagt an.«
Sie trug keinen Slip – Strümpfe, ja, an der schwellenden Mitte der Oberschenkel gehalten von schwarzen Strumpfbändern – und zog sich später nur widerwillig ganz aus; dies aber war es, was wir wollten, wie Prok zuvor noch einmal klargestellt hatte. (Für sie war es lästig und reine Zeitverschwendung, das Kleid und den Büstenhalter auszuziehen, denn das hinderte sie daran, den jeweiligen Kunden so schnell wie möglich abzufertigen, damit sie sich den nächsten vornehmen konnte, doch für uns war es unerläßlich, denn wir wollten sehen, wie der weibliche Körper auf sexuelle Stimulation reagiert.) Der Mann – der Kunde, der Freier – ließ sie seinen Hosenschlitz öffnen, obgleich sie noch ganz bekleidet war, und während sie ihn oral befriedigte, massierte er ihre Kopfhaut und drückte an ihrem Kopf herum, als wäre er eine Bowlingkugel, die er gleich aufnehmen und auf die Bahn werfen wollte. Ihre Lippen glänzten von den Sekreten der Cowper-Drüse, die als natürliches Gleitmittel abgesondert werden, und sie nahm ihn ganz in den Mund. Das war sehr erstaunlich. Sie nahm seinen ganzen Phallus in den Mund, bis zur Wurzel, als wäre sie eine Schwertschluckerin auf dem Jahrmarkt. Später fanden wir übrigens heraus, daß zu den zahlreichen physiologischen Modifikationen, die mit sexuellen Aktivitäten einhergehen, auch die Aufhebung des Würgereflexes gehört, die bei einem hohen Prozentsatz von Männern und Frauen auftritt, womit die Anpassungsfähigkeit der Oralhöhle an sexuelle Bedürfnisse hinreichend demonstriert wäre. Doch lassen wir das. Soll ich Ihnen sagen, wie verwundert ich war? Wie – ganz und gar unprofessionell – erregt?
Er zog sich aus ihr zurück, bevor er zum Orgasmus kam, und erst jetzt ließ er die Hose herunter. »Aufs Bett, Schwester«, sagte er. »Wenn du denkst, du kommst so leicht davon, hast du dich geschnitten. Ich hab

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