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Drachen-Mädchen

Titel: Drachen-Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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sie sie erkannte.
    Die nächste Pflanze sah aus wie ein Farn, entwurzelte sich aber schon bald von allein und schritt davon. »Ein Gehfarn!« sagte Irene. »Ach, was für eine Verschwendung kostbaren Saatguts! Wenn ich nur die Zeit hätte, sie zu bestimmen! Dann könnte ich uns viel wirkungsvoller verteidigen!«
    »Laßt mich zu ihnen sprechen«, sagte Grundy. »Vielleicht finde ich ja etwas Passendes.«
    Völlig frustriert, aber ebenso ratlos, willigte Irene ein und ließ den Golem in ihren Beutel greifen, um einzelne Samen hervorzuholen und sie zu befragen. Sie hatte gar nicht gewußt, daß er auch mit Samen sprechen konnte, aber natürlich war ihm dies mit allem möglich, was lebte. Dennoch war es eine sehr zeitraubende Prozedur, und der Drache kam immer näher.
    Chem wich immer weiter zurück; es fiel ihr nicht schwer, Abstand zum Drachen zu halten. Doch die Gorgone war zu Fuß und weniger schnell. Auf Chems Rücken, auf dem sich immerhin schon Irene, Grundy und der Samenbeutel befanden, war kein Platz mehr für sie, zumal sie weitaus mehr wog als Zora Zombie es getan hatte. Der Drache neigte dazu, sich auf das zu stürzen, was ihm am nächsten stand. Sie mußten sie in Sicherheit bringen, sonst war sie dazu gezwungen, ihren Schleier zu lüften und den Drachen zu Stein erstarren zu lassen.
    Irene blickte sich besorgt um. Seitlich von ihnen befand sich der Fuß einer einigermaßen steilen Schräge, die mit Vegetation bewachsen war. Dort konnten sie sich einigermaßen leicht verstecken. »Dorthin!« rief sie und zeigte darauf.
    Sie eilten auf die Steigung zu. Überall wuchsen Schlingpflanzen und Disteln, so daß Chem Schwierigkeiten hatte, festen Tritt zu bekommen. Der Gorgone erging es nicht besser. Irene hoffte nur, daß es den Drachen ähnlich aufhalten würde. Wenn er es erst einmal aufgegeben hatte, sie zu vertilgen, würde Grundy zu ihm sprechen können.
    Chem griff nach dem Arm der Gorgone und half ihr beim Aufstieg. »Huch!« machte die Gorgone. »Mein Schleier ist an einem Dornenstrauch hängengeblieben! Schließt die Augen!«
    Irene schloß die Augen und wandte vorsichtshalber auch noch den Kopf ab. Es war alles andere als der passende Zeitpunkt, um ohne Sicht vorgehen zu müssen, doch ließ sich eine solche Warnung nicht in den Wind schlagen. Sie wußte, daß die anderen es ihr gleich taten. Sie hörte das zornige Zischen der winzigen Schlangen, aus denen das Haupthaar der Gorgone bestand; sie liebten derartige Erschütterungen nicht.
    Kurz darauf meldete die Gorgone, daß ihr Schleier wieder an Ort und Stelle sei. Irene öffnete die Augen, blickte zurück – und sah den Drachen, der schon fast auf Dampfweite herangekommen war. »Wachsen!« schrie sie die Vegetation an, die zwischen ihnen und dem Drachen wuchs.
    Sie wuchs. Und wie sie wuchs! Das Distelgestrüpp wurde doppelt so groß und distelig wie vorher, und die Schlingpflanzen schlängelten sich schichtenweise übereinander, in immer komplizierteren Mustern. Dann schlangen sie sich auch um den Drachen selbst und benutzten ihn als feste Basis für ihren Kampf ums Sonnenlicht. Kurz darauf sah der Drache aus wie ein von Lianen überwachsener Felsbrocken.
    Das gefiel dem Reptil nicht besonders. Es peitschte mit seinem gewaltigen Schwanz und zerriß die Lianen wie dünne Baumwollfäden. Es schnaubte Dampfschwaden, und die grünen Blätter welkten. Es stampfte voran und wälzte dadurch die vielen Schichten zu einer einzigen platt. Mit ihm konnte es die Vegetation nicht aufnehmen.
    »Ein ganz schön zäher Drache!« murmelte Irene.
    »Der zäheste von allen«, stimmte Chem ihr zu und versuchte, außer Dampfweite zu bleiben. Sie keuchte beim beschwerlichen Aufstieg, ebenso die Gorgone. »Ich war (keuch!) dabei, als Krach der Oger (keuch!) vor neun Jahren in der Spalte gegen ihn gekämpft hat. (Keuch!) War ein ausgeglichener Kampf.«
    »Ein Oger ist aber schwerer als ein Drache«, meinte Irene.
    »Meistens«, sagte Chem neutral.
    Der Drache ließ wieder ein Stampfen ertönen. Nun befand er sich endlich in Dampfweite. Er blähte seinen Leib auf, um den vernichtenden Dampfstoß hervorzuschnauben.
    »Ich hab’s!« rief Grundy. »Ein Stahlnetzsamen!«
    Irene grabschte mit einer Sicherheit nach dem Samen in Grundys Hand, wie sie jeder Harpyie Ehre gemacht hätte. »Wachse!« schrie sie und schleuderte ihn dem Reptil entgegen.
    Der Same keimte noch in der Luft und wurde zu einem breiten Netz, dessen Material wie Stahl glitzerte. Das war keine gewöhnliche

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