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Drachenauge

Drachenauge

Titel: Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey
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angeblich irgendetwas besser sehen zu können.
    Falls Debera der Körperkontakt unangenehm war,
    konnte sie ja einfach ein Stück von ihm abrücken. Doch es schien ihr nichts auszumachen, wenn er sie hin und wieder streifte, weil er so emsig mit Zeichnen beschäftigt war, dass er auf andere Dinge nicht mehr achtete.
    Aber in Wirklichkeit war er sich ihrer Nähe vollauf bewusst; er sog das Parfüm ein, das nach Blumen duf-tete und die Ausdünstung ihres Kleides, das noch neu ›roch‹, nicht zu überdecken vermochte. Das helle Grün stand ihr ausgezeichnet; die Farbe erinnerte an sprie-
    ßende Blätter im Frühling und verlieh ihrem Teint einen sanften Schmelz.
    Angie hatte ihm verraten, welche Farbe Deberas neues Gewand haben würde, und er hatte sich eigens ein Hemd aus dunkelgrünem Stoff gekauft, sodass sie ein gut zusammenpassendes Paar abgaben.
    Immer wieder warf er bewundernde Blicke auf ihre
    Frisur; das lange Haar hatte sie zu einer Krone geflochten, in die hellgrüne Bänder eingewirkt waren, deren lange Enden anmutig den Rücken hinunterbaumelten.
    Selbst ihre Schuhe waren grün. Er hoffte, dass die Musiker auch zum Tanz aufspielen würden, aber eigentlich 366
     
    endete jede Feier zum Ende eines Planetenumlaufs mit einem Tanzvergnügen für alle. Er beugte sich vor, in der Absicht, sie zu bitten, ihm Tänze zu reservieren, doch sie legte ihm einen Finger an den Mund.
    »Psst, Ian, hör lieber zu.« Gerade führte man die Landungssuite auf. »Der Text ist genauso schön wie die Musik.«
    Iantine schaute nach vorn und merkte erst jetzt, dass Sänger sich zu dem Orchester gesellt hatten. War er so abgelenkt gewesen, weil er zum ersten Mal neben Debera saß, ohne dass Morath in der Nähe herumlungerte?
    Ich bin hier! Ich höre auch zu.
    Erschrocken fuhr er hoch, als er unverhofft Moraths Stimme in seinem Kopf vernahm. Er schluckte krampfhaft. War der Drache immer zugegen, immer bereit, sich in seine Gedanken hineinzudrängen?
    Im Geist stellte er diese Frage. Keine Antwort. Weil es darauf nichts zu antworten gab? Oder fiel die Antwort so selbstverständlich aus, dass Morath es nicht für nötig erachtete, darauf einzugehen?
    Doch Morath schien es nichts auszumachen, dass er
    so völlig in Deberas Nähe aufging. Der Drache hatte zufrieden geklungen. Iantine wusste, dass Drachen Musik liebten.
    Er spähte über die Schulter in den Weyrkessel und
    entdeckte längs der östlichen Felswand etliche Paare von Drachenaugen, wie blaugrüne Laternen, über den gesamten Kraterwall verteilt. Dort hatten es sich die Drachen bequem gemacht, um dem Konzert zu lausche.
    Alsdann konzentrierte er sich auf den gesungenen
    Text und war fasziniert von der Vorstellung, obwohl er die Geschichte, die in der Suite zum Ausdruck kam, seit seiner Kindheit kannte. Dieser Vers schilderte die Ankunft der gigantischen Kolonistenschiffe im Orbit von Pern und wie die Siedler sie endgültig verließen. Ein Tenor verkündete die Dankbarkeit der Siedler, die Ab-367
     
    schied nahmen von den Raumschiffen, die nun auf
    ewig den Planeten umkreisen würden; die Brücken verlassen, die Korridore verwaist, die einzelnen Stationen ausgeschlachtete Höhlungen, in denen die Stille wider-hallte. Die Stimme, die eine ausgefeilte Atemtechnik verriet, verklang allmählich, wie wenn sie sich in der riesigen Entfernung zwischen den Schiffen und dem Planeten verlöre.
    Nach einem respektvollen Schweigen ertönte begeisterter Applaus für den Solisten. Mit raschen Strichen zeichnete Iantine den jungen Mann, ehe dieser sich wieder unter die anderen Sänger mischte.
    »Das hast du wunderbar hingekriegt, Ian. Es war
    herrlich, nicht wahr?« Debera reckte den Hals, um ihm zuzusehen. Derweil klatschte sie wie besessen Beifall.
    »Er wird entzückt sein, wenn du ihm das Bild zeigst.«
    Iantine spürte eine Anwandlung von Eifersucht, weil der Sänger Deberas Aufmerksamkeit und Bewunde-rung auf sich gezogen hatte. Doch er lächelte und strengte sich an, sich nichts anmerken zu lassen.
    Sie mag dich, Ian , flüsterte Morath wie aus weiter Ferne, obwohl sie zusammen mit den anderen Jungdrachen, die noch nicht fliegen konnten, auf dem Grund des Kraterkessels hockte.
    Ian? Er stutzte. Andere Reiter hatten ihm erzählt, dass sich Drachen zwar mit Menschen unterhielten, die nicht ihre Reiter waren, sich deren Namen indessen nur selten merkten. Morath kennt meinen Namen?
    Natürlich, was dachtest du denn? Schließlich höre ich ihn oft genug. Es klang pikiert.
    Morath wird

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