Drachenauge
sich Meranath. Darüber wird sich jeder freuen, K'vin.
»Ich bin froh, dass der Plan deine Billigung findet«, sagte er zu der Königin und deutete eine Verbeugung an. Es gefiel ihm, dass sie seinen Namen in letzter Zeit häufiger benutzte. Ob das bedeutete, dass Zulaya immer öfter an ihn dachte? Doch diese Frage hielt er in einem Winkel seines Gehirns verborgen, auf den selbst Charanth keinen Zugriff hatte.
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Er war sich nicht sicher, ob Zulaya ihn als Weyrführer wirklich akzeptierte. In der Öffentlichkeit verhielt sie sich stets freundlich ihm gegenüber, und dafür war er ihr aufrichtig dankbar. Ansonsten ließ sie nie durch-blicken, was sie von ihm hielt. Dabei sehnte er sich nach mehr Intimität mit ihr, aber sie blieb nach wie vor distanziert. Ob es ihm je gelänge, sie vorbehaltlos für sich zu gewinnen? Hatte sie vielleicht diese Exkursion vorgeschlagen, weil sie hoffte, sie kämen sich dadurch ein bisschen näher?
»Wann hat man das letzte Mal nach den Würmern gesehen?«, wollte er wissen?
Sie zuckte die Achseln. »Darauf kommt es nicht an.
Der ganze Weyr braucht etwas Abwechslung, und die
bekommen wir im Süden geboten. Vermutlich ist es
ohnehin das Beste, wenn wir während der Zeit des Fä-
denfalls in die betreffende Gegend fliegen, um uns persönlich davon zu überzeugen, ob die Würmer auch tatsächlich die Funktion erfüllen, für die sie ursprünglich gezüchtet wurden.«
»Vielleicht werden die Drachengeschwader bald ar—
beitslos, wenn die Würmer wirklich so effektiv sind«, überlegte er.
Zulaya schüttelte den Kopf. »Solange die Fäden vom
Himmel fallen, muss es kampfbereite Drachen und deren Reiter geben. Es ist wichtig, dass möglichst wenige dieser Organismen den Boden überhaupt berühren. Die Würmer sind eine zusätzliche Abwehrmaßnahme, ganz sicher keine Patentlösung.«
Die beiden Weyrführer hatten es versäumt, Meranath
zu bitten, das Ziel der Exkursion noch geheim zu halten, und so war der bevorstehende Ausflug bald in aller Munde. Ein jeder drängte, mitgenommen zu werden.
Selbst Tisha wollte sich nicht ausschließen.
»Einige der Bronzedrachen werden zwei Passagiere
befördern müssen«, meinte K'vin, der im Kopf rasch ein paar Zahlen überflog.
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»Die Weyrlinge müssen allerdings hier bleiben«,
dämpfte Zulaya die euphorischen Erwartungen. »Aber
sobald die Jungdrachen flügge sind, kann T'dam mit
dem Nachwuchs eine Exkursion in den Süden veranstalten.«
»Das wird erst der Fall sein, nachdem der Fädenregen eingesetzt hat«, hielt K'vin ihr entgegen.
»Sicher, doch da wir vorhersagen können, ob die
Schauer im Norden oder im Süden niedergehen, lässt
sich ohne weiteres ein Ausflug einrichten. Und einen freien Tag dürften sich die Hilfsmannschaften ruhig gönnen.«
Somit war dieser Punkt ebenfalls geklärt.
Der gesamte Weyr versammelte sich, um Passagiere
und Vorräte zu verfrachten. Mittlerweile hatte man die Exkursion für drei Tage angesetzt. K'vin meinte, sie brauchten so viel Zeit, wenn sie nachforschen wollten, inwieweit sich die Würmerpopulation verbreitet hatte.
Er nahm Landkarten und Schreibmaterial mit, um gewissenhafte Aufzeichnungen zu machen.
Der Aufbruch gestaltete sich recht turbulent. Um
Tisha auf den Rücken des braunen Branuth zu verfrachten, bedurfte es vier kräftiger Männer. T'lel, Branuths Reiter, lachte während der Aktion so herzhaft, dass er einen Schluckauf bekam.
Branuth verrenkte sich den langen Hals um mitzubekommen, was sich hinter ihm tat. Sein langes, schmales Gesicht nahm einen höchst skeptischen Ausdruck an, und in dem Eifer, seine Neugier zu befriedigen, zerrte er sich einen Nackenmuskel und musste von T'lel und Z'ran massiert werden.
»Hör endlich auf damit und lass uns losfliegen,
T'lel«, schnauzte Tisha ihn an. Ihre stämmigen Beine standen weit gespreizt vom Sattel ab. »Ich habe das Ge-fühl, als würde ich entzweigerissen. Wieso habe ich nur darum gebeten, den Ausflug mitmachen zu dürfen! Ich hätte lieber in der Kaverne bleiben sollen! Hier oben 391
sitzt es sich sehr unbequem. Was lachst du so, T'lel?
Steig auf und setz den Drachen in Bewegung!«
Tisha auf Branuths Rücken zu hieven hatte so lange
gedauert, dass sämtliche anderen Drachen abflugbereit waren, als T'lel sich endlich vor Tisha in den Sattel schwang.
»Nicht nur, dass es mich schier zerreißt, die Kanten dieses verflixten Widerrists sind auch noch messer-scharf. Hast du sie mit Absicht so zugeschliffen,
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