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Drachenauge

Drachenauge

Titel: Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey
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und stürmisch war. Selbst durch die drei Meter dicken Felswände hörte man den Wind jau-len.
    Als Iantine danach völlig ausgelaugt, aber erleichtert zu seiner tiefer gelegenen Kammer hinunterstieg, spür-te er die eisige Kälte, die sich in den unteren Etagen der Festung ausbreitete. Die prasselnden Feuer in den vier Kaminen hatten die Große Halle ein wenig aufgeheizt, doch hier drunten gab es keine Wärmequelle. Es war so bitterkalt, dass Iantine lediglich seine Stiefel auszog und den Hosengurt lockerte, ehe er sich in sein Bett verkroch. Was hier als Matratze durchging, war hart und unbequem und sah aus wie ein Teil aus den Schiffen, mit denen die Auswanderer nach Pern gekommen waren. Er kuschelte sich in seine Pelzdecke, froh, dass er seine eigene Zudecke mitgebracht hatte, und schlief ein.
    Arktische Temperaturen, die ihm schmerzhaft ins Gesicht schnitten, weckten ihn. Seine Nase fühlte sich wie abgestorben an, und trotz der wärmenden Felldecke fiel 157
     
    es ihm schwer, die Muskeln zu strecken. Sein Nacken war steif, und er fragte sich, ob er sich während der Nacht überhaupt einmal bewegt hatte. Am liebsten
    wäre er unter der warmen Decke geblieben, doch er
    musste seine Blase entleeren.
    Er zwängte die Füße in die steif gefrorenen Lederstiefel, wickelte sich in seine Decke und hastete den Korridor entlang zum Abort. Sein Atem gefror zu einer
    weißen Wolke, und die Kälte biss ihm in Nase und Wangen. Er verrichtete sein Geschäft und kehrte nur ins Zimmer zurück, um sich seinen dicksten Wollpullover überzustreifen.
    Er verwarf den Gedanken, die Pelzdecke als Umhang
    zu benutzen, und rannte die endlosen steinernen Trep-penfluchten hinauf, vorbei an Wänden, von denen das Kondenswasser tröpfelte. Vor dem ersten Fenster auf einer der oberen Etagen blieb er stehen. Die Scheibe war mit Eisblumen zugefroren. Er hetzte einen Treppenauf-gang höher und öffnete die Tür zum Küchentrakt, in dem es eigentlich hätte wärmer sein müssen.
    War über Nacht jedes Feuer in der Burg ausgegan—
    gen? Waren die Kaminjungen auf ihren harten Pritschen festgefroren? Als er suchend in die Richtung blickte, wo sich die Schlafstellen der Kaminjungen befanden, blieb sein Blick erschrocken an dem Fenster haften. Schnee türmte sich bis eine Hand breit über das Sims. Er trat näher heran und spähte auf den Burghof hinunter, doch er sah nichts außer einer unberührten weißen Fläche.
    An der Stelle, wo der Boden abschüssig zu der tiefer gelegenen Straße führte, war keine Delle mehr zu sehen, die dicke Schneeschicht ebnete alles ein. Nirgendwo rührte sich menschliches oder tierisches Leben. Keine Spur deutete darauf hin, dass jemand von den Außengebäuden den Burghof überquert hatte.
    »Das hat mir gerade noch gefehlt!«, hauchte Iantine, von dem Anblick total niedergeschmettert. »Unter Um-ständen sitze ich hier wochenlang in der Falle.«
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    Und er musste natürlich für Kost und Logis berappen!
    Wenn doch nur die Kinder nicht die Masern gehabt hätten! Inbrünstig wünschte er sich, er wäre mit der Restauration der Wandbilder nicht fertig geworden. Wovon sollte er leben? Würde überhaupt noch etwas von dem Honorar – das ihm anfänglich so großzügig erschien – übrig bleiben, wenn er dieses elende Loch endlich verlassen konnte?
    Später am Morgen, als die halb erfrorenen Menschen
    sich anschickten, mit den Folgen des Blizzards fertig zu werden, handelte er eine weitere Abmachung mit dem
    Burgherrn und seiner Gemahlin aus. So sorgfältig hatte Iantine noch nie einen Text formuliert. Er erbot sich, sie zu porträtieren, beide gewandet in prunkvoller Garderobe; der Untergrund sollte Skybroom-Holz sein, für jedes Bild ein Quadratmeter, wobei Lord Chalkin sämtliches Material stellte. Als Gegenleistung verlangte er freie Mahlzeiten und die Unterbringung in einem der oberen Stockwerke, sowie ausreichend Brennstoff für ein Kaminfeuer.
    Lady Nadona ließ sich ohne größere Schwierigkeiten
    malen. Sie saß mucksmäuschenstill, da sie jeden Vorwand nutzte, um schier gar nichts tun zu müssen. Doch als das Bild zur Hälfte fertig war, wollte sie ihre Robe wechseln, weil sie meinte, die Farbe Blau stünde ihr besser als Rot. Sie hatte Recht, doch er schmeichelte ihr solange, bis sie mit ihrer Meinung umschwenkte.
    Behutsam kaschierte er ihren von Natur aus hektisch geröteten Teint und verschaffte ihr eine hellere Färbung. Ihre wie verwässerten bleichen Augen dunkelte er nach, sodass sie in ihrem

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