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Drachenauge

Drachenauge

Titel: Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey
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schulde.
    »Ausnahmsweise tat P'tero nicht mehr und nicht weniger als seine Pflicht«, erwiderte M'leng mit einem scharfen Unterton. »Aber ich hätte wirklich gern ein Porträt von ihm. Sie wissen doch, demnächst reiten wir Einsätze gegen die Fäden, und ich möchte etwas zur Erinnerung, falls …« M'leng brach ab, schluckte hart und trug seine Bitte nochmals vor.
    »Ich muss schon Porträts für die Weyrführer anfertigen«, erklärte Iantine.
    »Nur für K'vin und Zulaya?«, wunderte sich M'leng.
    »Ich dachte, jeder hier hätte Sie schon mit seinen Wünschen bedrängt.«
    Iantine schmunzelte. »Tisha hat mich noch nicht aus ihrer Obhut entlassen.«
    »Ach, die!« M'leng winkte ab. »Manchmal kann sie
    einem mit ihrer übertriebenen Fürsorge auf die Nerven gehen. Aber Sie sind ein ausgezeichneter Porträtist …
    die Pose, in der Sie P'tero eingefangen haben … wie er sich gegen seinen Ormonth lehnt … das ist typisch für ihn.«
    Das Kompliment tat Iantine gut – und er wusste, dass P'tero Recht hatte, die Skizze war hervorragend gelun-188
     
    gen. Viel besser als die geschönten, unnatürlichen Bild-nisse, die er gezwungenermaßen in Bitra produziert hatte. Innerlich krümmte er sich immer noch vor
    Scham, weil er sich dazu hatte erpressen lassen, seine Objektivität als Künstler zu verraten. Er hoffte, er wür-de sich nie wieder in einer ähnlichen Situation befinden, wo er seinen eigenen Qualitätsmaßstab nicht mehr anlegen durfte. M'lengs Lob war Balsam für seine wunde Seele.
    »Ich bringe noch etwas viel Besseres zuwege …«
    »Aber genau diese Pose gefällt mir. Könnten Sie die nicht einfach übernehmen? Es ist nämlich so …« M'leng wich Iantines Blick aus. »Ich möchte nicht, dass P'tero erfährt … ich meine …«
    »Soll es eine Überraschung für ihn sein?«
    »Nein, das Bild ist ganz allein für mich bestimmt.«
    M'leng zeigte mit dem Daumen auf sich und setzte eine trotzige Miene auf. » Ich werde es behalten.«
    Angesichts dieser Kompromisslosigkeit fühlte sich
    Iantine machtlos, und ehe M'leng sich noch mehr in seine Emotionen hineinsteigern konnte, versprach er ihm feierlich, so bald als möglich das Bild zu malen. Unvermittelt füllten sich M'lengs Augen mit Tränen, und er kniff die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen.
    »Allerdings wäre das Ergebnis weitaus besser, wenn
    er mir Modell sitzen würde …«
    »Ach, das kann ich arrangieren, ohne dass er es
    merkt. Sie sind doch andauernd beim Zeichnen.« Es
    klang beinahe wie eine Anschuldigung. Mittlerweile
    war sich Iantine indessen stärker bewusst, vor welch drohender Gefahr die Drachenreiter standen. Wenn es M'leng beruhigte, ein Porträt seines Freundes zu besitzen, dann sollte es für ihn kein Problem sein, dem sym-pathischen jungen Mann diesen Wunsch zu erfüllen. Es war das Mindeste, was er für ihn tun konnte.
    »Es muss noch heute Abend sein«, beharrte M'leng in seiner Sturheit. »Ich sorge dafür, dass wir in Ihrer Nähe 189
     
    sitzen. Ich bitte ihn ganz beiläufig, sein gutes Wams zu tragen, damit Sie ihn möglichst vorteilhaft zu Papier bringen.«
    »Und wenn er doch etwas merkt …«, begann Iantine,
    der sich fragte, ob der Plan überhaupt gelingen konnte.
    »Sie zeichnen das Porträt«, betonte M'leng und klopfte auf Iantines Arm, um seine Zweifel zu zerstreuen.
    »Ich kümmere mich um P'tero …« Leise fügte er hinzu:
    »So lange ich ihn noch habe.«
    Die letzte Bemerkung erschreckte Iantine. War sich
    M'leng denn so sicher, dass P'tero sterben würde?
    »Ich werde mein Bestes geben, M'leng, das verspreche ich Ihnen!«
    »Davon bin ich überzeugt«, versetzte M'leng und
    warf den Kopf hoch, dass die Locken ihm aus der Stirn fielen. Dann lächelte er Iantine verschmitzt an. »Ich habe Sie bei Ihrer Arbeit beobachtet.« Er streckte ihm die Hand entgegen, die von dem Öl, mit dem die Reiter ihre Drachen einrieben, samtweich war. Iantine schlug ein und staunte über den harten Griff des grünen Reiters. »Waine sagte mir, eine gute Miniatur – und so etwa schwebt mir vor …« – er klopfte auf seine Brusttasche, um zu zeigen, wo er das Bild zu tragen gedachte –, »kostet vier Marken. Stimmt das?«
    Iantine nickte. Sein Kloß in der Kehle hinderte ihn am Sprechen. Sicherlich dramatisierte M'leng die Angelegenheit. Oder war das Risiko wirklich so groß? Im Hintergrund hörte Iantine, wie T'dam seinen Schülern die verschiedenen Verletzungen und deren Behandlung schilderte.
    Welch eine bizarre und

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