Drachenblut
überlegte er.
»Ich finde, du hast Recht«, mischte sich Lina ein, die Weyrherrin von Telgar. Sie war älter als Dâgan, und er hatte sich schon oft gefragt, ob sie ihn als Mann liebte, oder ob sie in ihm nur den Weyrführer sah, obwohl sie mittlerweile ein Kind hatten.
»Dâlin hat seine Sache heute gut gemacht«, erklärte Dâgan. Der Bursche war eigentlich noch viel zu jung, um Feuerstein zu schleppen, doch er hatte so hartnäckig gequängelt, bis Târin, der Weyrlingmeister, es ihm erlaubte. Dennoch war Dâgan überrascht gewesen, als er erkannte, dass sein eigener Sohn mitten im schlimmsten Fädenfall ihm einen Sack mit Feuerstein zuwarf.
Lina lächelte, doch in ihren Augen lag ein distanzierter Blick. »Das freut mich zu hören«, entgegnete sie. »Er ist ganz begierig darauf, dir nachzueifern, weiÃt du.«
Zu seiner eigenen Verwunderung ärgerte sich Dâgan über diese Bemerkung, obwohl er wusste, dass sie freundlich gemeint war. Aber er war bestrebt, ein Vorbild zu sein, an das niemand heranreichen konnte.
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Cârion blieb stehen, drückte die Schultern durch und zwang sich dazu, eine neutrale Miene aufzusetzen, ehe er in den Kraterkessel von Ista hinaustrat. Von allen Seiten hörte er Drachen husten, niesen und schnaufen.
Direkt über ihm schrie ein Reiter: »Valorth! Valorth, nein!«
Ein Drache tauchte vom Felssims seines Weyrs hinab und verschwand im Dazwischen . Zurück blieb Tâlerin â nein, Cârion schnitt eine Grimasse
und korrigierte sich â Telerin; die Abkürzung des Namens â eine Art Ehrenbezeugung, die zugleich der rascheren telepathischen Verständigung diente â trug ein Reiter nur so lange, wie er mit einem Drachen verbunden war. Beim Tod seines Tieres wurde er automatisch wieder mit dem vollen Namen angeredet.
Cârion schickte sich an, zu Telerin hinzueilen und ihn zu trösten â wie er während der letzten drei Siebenspannen viele seiner Kameraden getröstet hatte.
»Ich übernehme das«, sagte jemand hinter ihm. Cârion drehte sich um, wobei ihm vor Ãbermüdung schwindelig wurde und er taumelte; dann erkannte er Jâlantir.
Cârion nickte dankbar. »Giren soll kommen«, schlug er vor. »Er wird wissen, was zu tun ist.«
Jâlantir schüttelte den Kopf. »Ich halte nichts davon, so früh schon Giren einzuschalten. Tâlerin hatte sich intensiv um Giren gekümmert, als Kamenth ins Dazwischen ging.«
Cârion blickte ihn verständnislos an.
»Tâler â Telerin könnte Giren vielleicht einen Vorwurf machen«, erklärte Jâlantir. »In seinem Kummer redet er sich vielleicht ein, Giren sei Schuld am Tod seines Drachen.«
»Und wie ist es mit Gâtrial â ich meine Gatrial â¦Â« Er verstummte, als er Jâlantirs gequälte Miene sah.
»Es tut mir Leid.« In Jâlantirs Augen standen Tränen. »Ich war gerade auf der Suche nach dir, um dir zu sagen â¦Â«
Cârion senkte den Blick und nickte. Er hatte befürchtet, dass der Weyrheiler über den Verlust seines Drachens nicht hinwegkommen würde; er war zusätzlich geschwächt und demoralisiert, nachdem er hilflos hatte mitansehen müssen, wie dreiÃig Drachen aus diesem Weyr unter Qualen starben.
»Er trank eine Mischung aus Fellis-Saft, Wein und noch anderen Ingredienzen, die ich nicht identifizieren konnte«, erklärte Jâlantir. »Aber er hat es überlebt. Dalia wird ihn pflegen.«
Cârion schüttelte den Kopf und biss sich auf die Lippe. »Nein, nein. Das ist meine Aufgabe.«
Sachte berührte Jâlantir seine Schulter. »Du hast Pflichten genug, Weyrführer. Die Fäden fallen nun in immer kürzeren Abständen â¦Â«
Cârion straffte die Schultern und hob den Kopf. »Natürlich, der Weyr
braucht einen Anführer.« Er schluckte hart. »Wie viele Drachen haben wir bis jetzt verloren?«
»SechsunddreiÃig«, warf eine Frauenstimme ein. Dalia gesellte sich zu ihnen. »Jemand von den Weyrleuten betreut Telerin«, teilte sie den Männern mit. »Und dreiÃig weitere zeigen Krankheitssymptome.«
»Heute in sechs Tagen gibt es einen neuen Fädenfall«, verkündete Cârion.
Dalia setzte ein grimmiges Lächeln auf, schlang die Arme um ihn und drückte ihn an sich.
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