DRACHENERDE - Die Trilogie
verneigte sich.
„Folgt mir!“, waren seine einzigen Worte.
Sie wurden durch das Portal des Haupthauses in den Audienzsaal des Fürsten geführt. Fürst Payu Ko Sukara wartete dort bereits. Er war ein Mann von erhabener Gestalt, mit silberdurchwirktem Haar, einem dünnen Oberlippenbart und edlen, hochwangigen Gesichtszügen. Er machte ein Zeichen, woraufhin sämtliche Diener und Wachen den Raum verließen. Alle Türen und Fenster wurden geschlossen. Das Licht von sieben Kronleuchtern – fünf großen und zwei kleinen — erfüllte den Raum. Sie hingen von der Decke, die mit einer Karte der Welt bemalt war. Die großen Leuchter standen für die fünf Reiche, die beiden kleinen für das Südflussland und Qô, denn der Fürstenpalast war in der Zeit vor der Zerstörung Qôs errichtet worden. Sowohl im Südflussland als auch auf der Insel hatte man in jenen Tagen die Hoffnung gehegt, sich irgendwann unabhängig machen zu können, und war für diese Bestrebungen bestraft worden. Qô hatte sich von Drachenia lösen wollen und war dem Zorn Kaiser Onjins anheim gefallen; Sukara und das Südflussland hingegen hatten sich vom Luftreich Tajima gelöst; doch nur um anschließend eine Beute Drachenias zu werden, zu dem das Gebiet seitdem gehörte.
„Seid gegrüßt, mein erhabener Fürst“, sagte Liisho.
„Ich erwidere Euren Gruß, Meister Liisho“, sagte Fürst Payu und unterzog dabei Rajin und Bratlor einer kritischen Musterung. „Ihr habt mir Großes angekündigt …“
„Und nicht übertrieben“, beteuerte Liisho und wies auf Rajin. „Vor Euch steht Rajin Ko Barajan, der rechtmäßige Erbe des Thrones von Drakor, den sein Vater, unser geliebter Kaiser Kojan, durch feigen Verrat und Mord verlor.“
„Wer ist der Mann neben ihm?“, fragte der Fürst.
Da Liisho keinerlei Neigung zu haben schien, den seemannischen Barbaren vorzustellen, sah dieser sich gezwungen, dies kurzerhand selbst zu tun. „Bratlor Sternenseher bin ich“, erklärte er in dem gepflegtesten Drachenisch, das er zuwege brachte. „Ich komme aus Winterland.“
„Aus Winterland?“, wiederholte Fürst Payu erstaunt. „Ein Barbarenfreund für einen Prinzen und zukünftigen Kaiser?“
„Dafür treu ergeben und so loyal wie niemand sonst“, gab Bratlor zurück. „Und das sollte in Zeiten wie diesen mehr wert sein als hohe Geburt.“
„Deinesgleichen sorgt zurzeit dafür, dass unseren Drachen die Mägen knurren“, sagte Fürst Payu anklagend; doch offenbar war dies nicht ernst gemeint, ebenso wenig wie seine nächsten Worte, die er mit einem stillen Lächeln sprach: „Vielleicht sollten wir daher langfristig zu jener Art von Drachenpflege übergehen, die unser verehrter Meister Liisho betreibt, von dem ja bekannt ist, dass er seinen Ayyaam sich selbst ernähren lässt.“
„Es gäbe so manch fetten, fluguntauglichen Koloss weniger in der Kaiserlichen Armada, hätte man meine Ratschläge schon vor zwei Generationen befolgt“, behauptete Liisho.
Der Fürst lächelte milde. „Ja, das ist die Weisheit Eures hohen Alters … Vielleicht könnt Ihr mir in dieser Hinsicht auch ein paar Ratschläge geben, bevor sich an mir mehr Spuren der Jahre zeigen, als nur etwas Silber im Haar. Aber gekommen seid Ihr ja seinetwegen.“ Er wies auf den jungen Mann neben Bratlor. „Rajin… Das war in der Tat der Name eines der Prinzen, die das Glück des Kaiserpaares waren, bevor der Usurpator die Macht ergriff. Doch ich will sicher sein …“
„Vertraut Ihr nicht meinem Wort, meiner Zauberei und meiner Treue dem alten Kaiser gegenüber?“, begehrte Liisho auf.
„Doch, ich vertraue Euch schon, Liisho“, erwiderte der Fürst. „Aber noch mehr traue ich dem hier!“ Seine rechte Hand, die bis dahin nicht zu sehen gewesen war, kam aus dem weiten Ärmel seines Gewandes hervor. Sie hielt ein Amulett aus purem rötlich schimmerndem Gold.
Drachengold …
Das Amulett bestand aus einer goldenen Scheibe, in der eine vereinfachte Karte der fünf Reiche durch winzige eingearbeitete Edelsteine nachgezeichnet war. Jedes der Reiche wurde durch Edelsteine in einer anderen Farbe dargestellt. Den oberen Rand des Amuletts zierten fünf unterschiedlich große Steine, deren Farben denen der fünf Monde entsprachen. Rechts und links aber schmiegte sich jeweils ein Drache aus Gold an den Rand des Amuletts. Auf der Unterseite waren die Schwänze der beiden Drachen ineinander verschlungen. Ihre Augen waren mit winzigen Jadesteinen besetzt, die auf eine Weise
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