DRACHENERDE - Die Trilogie
werden wird, den Schreckensherrscher zu besiegen, mein Fürst“, gab Liisho zurück.
„Aber wir werden genug Getreue auf unserer Seite haben, um den Kampf wagen zu können“, glaubte Fürst Payu. „Nicht jetzt, aber in einiger Zeit. Dessen bin ich sicher – genauso, wie ich mir sicher bin, dass die Zahl dieser Getreuen stetig anwachsen wird.“
Für die Nacht wurden ihnen luxuriöse Gemächer in einem abgeschlossenen Teil der Burg zugewiesen.
Rajin lag schließlich allein in einem prächtigen Bett, und das Herz war ihm schwer. Er holte das Pergament hervor, in der Hoffnung, Nya zu sehen.
Wie oft hatte er in der letzten Zeit auf das Pergament gestarrt und nichts als Schwärze dort gesehen. Am Tag vor dem Flug nach Sukara waren bunte Schlieren darübergezogen und hatten ihm Hoffnung gemacht, doch bald wieder Nyas Gesicht zu erblicken und ihre Stimme zu hören, so schwer es ihm dann auch fiel, ihr nicht zu antworten. Doch dann hatten sich die Farben wieder aufgelöst, und erneut war nichts als die kalte, drückende Schwärze auf dem Pergament gewesen.
Dieses Mal hatte er Glück. Er konnte es kaum fassen, als sich erneut Formen und Farben zeigten, die sich dann tatsächlich auch verdichteten, um schließlich zu Nyas vertrauter Gestalt zu werden.
„Oh Bjonn, Geliebter! Da bist du ja!“, sagte sie. „Ich weiß nicht, wie viel Zeit wir haben und wann man uns wieder trennen wird. Deshalb werde ich einfach zu dir reden, auch wenn du mir nicht antworten magst oder kannst. Es wird einen Grund dafür geben, dass du es nicht tust …“
Rajin schluckte und dachte: Die innere Kraft der Gedanken, der Wille eines Menschen und sein Geist vermögen so viel. Wenn diese Kraft die Drachen zu beherrschen vermag, warum kann sie dann nicht auch zwei Liebende miteinander verbinden? Vielleicht verstehst du mich auch, wenn ich nicht zu dir sprechen kann, Nya …
„Es ist seltsam“, fuhr sie fort. „Zunächst ließ der Magier mich erstarren und reglos daliegen, sodass ich keinen Widerstand leisten konnte. Später schlief ich ein und bin seitdem nicht mehr erwacht. Zweifellos ist ein Bann dieses Magiers dafür verantwortlich, der mich hin und wieder sogar in meinen Träumen verfolgt.“
Erzähl mir von den Träumen, Nya!, dachte Rajin. Denn dann kann ich dir vielleicht wenigstens in ihnen nahe sein. Er legte all die innere Kraft in diesen Gedanken, die er aufbringen konnte. Es war deutlich mehr, als er gebraucht hatte, um den wilden roten Drachen zu bezwingen, mehr sogar als er hatte aufwenden müssen, um Ghuurrhaan zu seinem Diener zu machen.
Nya sah ihn im ersten Moment etwas verwirrt an. Sie schien verwundert, erstaunt. Ihre Augen wurden schmal, und sie schluckte. Hatte sie ihn verstanden? War es möglich, über den Abgrund, der zwischen ihnen lag, eine Verbindung des Geistes zu knüpfen?
Bitte!
Die junge Frau sprach weiter: „Manchmal kann ich mich in diesen Träumen selbst sehen, wie ich in einem Kasten gebettet liege, der vollkommen aus Glas zu sein scheint. Glas, das viel klarer ist als die wenigen Fenstergläser, die es in Winterborg gab, und das aus sich selbst heraus zu strahlen scheint. Dieser Kasten schwebt in einem hohen Raum, der aussieht, als sei er der Tempel eines sehr mächtigen Gottes. Überall sind Drachenköpfe zu sehen …“ Ein Lächeln glitt über ihre Lippen. „Und manchmal träume ich, dich durch ein Fenster mitten im Nichts sehen zu können. So wie jetzt. Obwohl du nichts sagst, habe ich das Gefühl, dich zu verstehen, so wie ich auch glaube, dass du mich verstehst, auch wenn du nicht antwortest …“
Sie stutzte plötzlich und drehte kurz den Kopf, um einen Blick über die Schulter hinter sich zu werfen. Der dunkle, verschwommene Hintergrund klärte sich auf. Eine Zitadelle mit fünf Türmen war zu sehen. Sie lag auf einem Felsen am Meer. In der Nähe gab es einen Hafen und eine Stadt, aber der Felsen, auf dem die Zitadelle lag, war so schroff, dass kein Weg von der Stadt emporzuführen schien.
Auf einmal sah Rajin alles mit unglaublicher Genauigkeit, so als wäre er in das Bild eingetaucht und könnte alles aus verschiedenen Perspektiven und von nah und fern beobachten. Es war, als würde er einen Traum erleben. Oder als wäre er ein Geist, der über dem Geschehen schwebte.
Die fünf Türme waren weiß wie die Stoßzähne von Seemammuts und glichen in ihrer Form Drachenhälsen mit Köpfen, die in die fünf Himmelsrichtungen dieser Welt gerichtet waren. Wächter standen in den
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