DRACHENERDE - Die Trilogie
hingehörte und sich doch trotz aller Kunst seiner Hofärzte nicht vertreiben ließ.
„Mein Kaiser“, erhob Lord Drachenmeister Tarejo noch einmal die Stimme. „Ihr habt den Befehl gegeben, über die Mittlere See zu fliegen und Magussa unverzüglich anzugreifen! Soll Eure Drachen-Armada vielleicht ohne Euch in die Schlacht ziehen?“
„Das soll sie!“, entschied Katagi überraschenderweise. Ein Ruck war kurz zuvor durch seinen Körper gegangen, und plötzlich war ihm das Gefühl überkommen, die kaiserliche Gondel, mit der Sharanzinôn ihn nach Magussa tragen sollte, nicht betreten zu dürfen, wollte er nicht seinem Untergang entgegenfliegen.
„Wie bitte? Habe ich Euch richtig verstanden, mein Kaiser?“
Tarejo war offensichtlich verwirrt. Eine tiefe Furche zeigte sich in der Mitte seiner Stirn. Er hob den Blick und sah seinen Lord Drachenmeister direkt in die Augen. Er hatte eine Entscheidung gefällt, die – oberflächlich betrachtet - allem widersprach, was man Vernunft oder militärische Logik hätte nennen können. Vielleicht konnte man es am besten als eine Ahnung beschreiben, was Katagi dazu bewog. Eine Ahnung kommenden Unglücks, die begleitet wurde von einer Furcht, wie er sie bisher nicht einmal in seinen finstersten Momenten gespürt hatte. „Ihr werdet die Kriegsdrachen-Armada gegen Magussa führen, Lord Drachenmeister!“, bestimmte er.
„Und was ist mit Euch?“
„Ich werde hier in Vayakor auf Euch warten, sofern man mich nicht andernorts braucht.“
„Ihr habt nicht einmal einen Gondeldrachen hier!“, gab der Lord Drachenmeister zu bedenken.
„Eine Botschaft per Zweikopfkrähe ist schnell verschickt, sodass ich diesen Luxus nicht lange werde entbehren müsse. Davon abgesehen rechne ich damit, dass Ihr und das Drachenherr in Kürze erfolgreich zurückkehren werdet, Tarejo.“
Tarejo atmete tief durch. Es lag ihm offenbar noch eine Erwiderung auf der Zunge, aber in all den Jahren, da er Katagi schon gediente, war ihm immer wieder vor Augen geführt worden, wie verhängnisvoll es enden konnte, dem amtierenden Kaiser zu widersprechen. Tarejo hatte viele dieser Unglücklichen persönlich foltern dürfen, was ihm immer wieder ein nicht enden wollender Quell düsterer Freude gewesen war. Aber er war sich durchaus der Tatsache bewusst, dass seine eigene Position in Katagis Gefolge zwar herausgehoben, aber nicht unantastbar war.
Und so verneigte er sich, obwohl es zahlreicher Argumente dafür gegeben hätte, auf der Anwesenheit des Kaisers zu bestehen. „Wie Ihr befehlt, mein Kaiser.“
„Ihr werdet Euch sicher wundern, da Ihr noch bis vor ein paar Augenblicken davon ausgehen konntet, dass ich den Feldzug persönlich anführe.“
„Es steht mir nicht zu, meine Verwunderung zu äußern“, gab Tarejo demütig zurück. Er erkannte schon am Tonfall seines Herrschers, wie prekär die Situation auf einmal war. Ein falsches Wort konnte den Tod bedeuten, wenn der Kaiser in dieser Stimmung war. Also war größte Zurückhaltung geboten.
„Ich habe mir überlegt, dass es in der gegenwärtigen Lage nicht gut wäre, hielte ich mich außerhalb des Reichs auf. Schließlich ist Drachenia an mehreren Fronten in einen Krieg verwickelt. Da ist mein Platz hier – in Drachenia. Außerdem habe ich das Gefühl, dass es zwischen mir und dem Fürsten von Sajar inzwischen ein paar Differenzen über das weitere Vorgehen in Tajima gibt. Und da ist es gewiss von Vorteil, wenn ich ihn im Auge behalte.“
„Ich verstehe“, sagte Tarejo auf eine Weise, die sein Unverständnis kaum verbarg.
„Mir fiele diese Entscheidung schwerer, wenn ich nicht wüsste, wie würdig Ihr mich vertreten werdet“, sagte Katagi. Er trat auf Tarejo zu und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Ihr werdet einen großartigen Sieg erringen, Lord Drachenmeister. Den wichtigsten dieses Krieges.“
„Jedenfalls werde ich Prinz Rajin töten, darauf könnt Ihr Euch verlassen, mein Kaiser!“, versprach Tarejo.
Katagi verzog das Gesicht zu einem zynischen Lächeln. „Tut mir nur einen Gefallen, Lord Drachenmeister.“
„Jeden, mein Kaiser!“
„Ihr mögt mit all jenen, die Euch in die Hände fallen, tun, was Ihr wollt und sie meinetwegen zur Befriedigung Eurer düsteren Leidenschaften länger am Leben lassen, als es erforderlich wäre. Aber was Prinz Rajin betrifft, so möchte ich, dass Ihr den schnellen und sicheren Weg wählt und ihn sofort vernichtet.“
„Mein Wort! Obwohl es gewiss von besonderem Reiz wäre, die innere
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