DrachenHatz
fragen.
»Nee, noch nicht«, sagte Harry, der immer noch nichts begriff. »Mein Freund Briegel ist als Chemiker momentan total gefragt und –«
»Kann mir vielleicht einmal jemand erklären, was meine Mieter mit einer Wanze zu tun haben?«, unterbrach Johannes ihn roh.
Verdammt und zugenäht! Und ich war auch noch selbst schuld an dem kommenden Desaster. »Du willst das gar nicht so genau wissen, Johannes. Glaube mir«, beteuerte ich in einem letzten Versuch, die Sache zu retten. Vergeblich, natürlich.
»Doch. Und außerdem entscheide ich das, Hanna. Also, was ist los?« Johannes konnte wirklich beinhart sein, wenn es darauf ankam.
Also gut. Er hatte ja recht. Ich tat ihm den Gefallen, indem ich ihm in äußerst groben Zügen Auskunft über die Angelegenheit gab. Doch je weiter ich in der Geschichte fortschritt, desto mehr verfinsterten sich seine empfindsamen Züge. »Du spionierst Rolf und Bettina hinterher?«, wiederholte er mehrmals fassungslos.
»Nur weil ich ihn in Verdacht habe, Plattmanns Holz zu stehlen«, verteidigte ich mich. Von seiner möglichen Verbindung zu Greta sagte ich nichts. Das würde meinen Freund nur noch mehr reizen. Stattdessen schob ich tapfer nach: »Und außerdem ist der Mann ein Scharlatan, Johannes.«
Er machte ein Geräusch, das klang, als leide Nirwana unter Schnupfen. »Und diese zweifellos gesicherte Erkenntnis gibt dir das Recht, sämtliche Regeln des Anstands zu brechen? Von denen des Gesetzbuches einmal ganz zu schweigen?«, entgegnete er scharf. Oh je, er war wirklich stinksauer. Sonst sprach er nie so geschwollen.
»Mein Gott«, sprang mir Marga zur Seite, »wir haben das Horchgerät doch nicht im Schlafzimmer deponiert. Nun mach mal halblang, Johannes!«
Das tat er nicht. Stattdessen fixierte er Marga kurz mit einem wütenden Blick. » Wir ?«, wiederholte er eisig und wandte sich an Harry. »Und du? Was hast du mit der Angelegenheit zu tun?«
»Nichts«, erwiderte ich hastig.
»Ich habe Hemlokk den Tipp mit der Wanze gegeben«, korrigierte Harry mich, um leise hinzuzufügen: »Wir sind schon ein echtes Trio infernale.«
»Sehr komisch«, schnaubte Johannes aufgebracht, »und jetzt passt schön auf, ihr Tridioten. Ich werde nichts gegen dich unternehmen, Hanna. Das bin ich dir wohl schuldig, als Freund und nach allem, was gewesen ist. Aber das Teil muss sofort abgebaut werden. Ich dulde das nicht. Rolf und Bettina sind meine Mieter, und die haben ein Recht auf Privatsphäre.«
»Ja«, gab ich kleinlaut zu. Hatten sie, das stimmte schon.
»Aber es hat durchaus etwas gebracht«, wandte Harry unbeeindruckt ein. »Der … wie nennst du ihn noch gleich, Hemlokk?«
»Harry!«, stöhnte ich genervt. Sein Humor ging manchmal wirklich voll an allem vorbei.
»Nun sag’s schon«, drängelte er.
»Dung-und-Döner-Tycoon, in der Kurzfassung D&D genannt«, gab ich knatschig zu. »Aber den Ausdruck kennt Johannes!«
Um dessen Mundwinkel herum begann es nichtsdestotrotz zu zucken, was zur Folge hatte, dass Harry mir in einem unbeobachteten Moment triumphierend zuzwinkerte. Das nennt man taktisches Geschick, Hemlokk, hörte ich ihn sagen, obwohl sein Mund fest verschlossen war.
»Mmh, ein bisschen viel redet Rolf tatsächlich«, meinte Johannes schließlich mit einem Grinsen. »Was allerdings nichts daran ändert –«
»Natürlich nicht. Ich baue sie schnellstmöglich ab«, versicherte ich noch einmal unmissverständlich. Er musste ja nicht wissen, dass ich sie sowieso nicht mehr benötigte. Sie hatte ihre Dienste bereits geleistet, mit dem Lack kam ich bestimmt viel weiter.
Eine Möwe hatte uns erspäht und näherte sich hoffnungsvoll hüpfend. Menschen bedeuten Futter. Das merkt sich auch so ein kleiner Vogelkopf in Windeseile. Ich verscheuchte sie, indem ich sie anschrie. Sie watschelte jedoch auch bei voller Lungenkraft genau fünfeinhalb Schritte Richtung See. Das war alles.
»Mit welcher Autofarbe schrubben diese Dung-und-Döner-Leute eigentlich durch die Gegend?«, wandte sich Harry plötzlich an Johannes. Ich starrte ihn verdutzt an. Das wusste er doch. Blau.
»Grün«, antwortete der wie aus der Pistole geschossen. »Nein, eher grau. Oder vielleicht auch ein bisschen so dazwischen.« Johannes war kein Automensch. Hätte man ihn nach der Farbe von Holz gefragt, wäre die Antwort präziser ausgefallen. »Aber es könnte auch weiß sein. Oder so ein bisschen cremig. Tut mir leid«, murmelte er in unser belustigtes Schweigen hinein. Damit war die Spannung
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