DrachenKind: Gegen die Finsternis (German Edition)
fast gespenstisch vor ihnen und um sie herum tanzten. Die Luft war warm, aber im Vergleich zu jener außerhalb des Waldes angenehm kühl. Die Feuchtigkeit verschlug Eric manchmal den Atem und wenn sich dann der starke Geruch einer Pflanze verbreitete, machte es das Atmen nur noch schwerer. Diese unglaublichen Massen an Leben und Zeit in ihrer Umgebung wirkten auf Eric wie eine Art Beruhigungsmittel. Hier konnte man sich verstecken, sicher überleben und genug zu Fressen finden. Es war klar, dass ein gigantischer Wald wohl der einzige Ort sein konnte, an dem fast alle existierenden Tiere gleichzeitig überleben konnten. Eric war nach Laufen zumute. Einfach endlos und schnell durch den Wald stürmen, bis in die letzten Ecken, alles sehen und spüren, was sich hier verbergen mochte.
Der Adler trippelte langsam neben Eric her, als ob er ihm folgte und nicht dem Neuankömmling den Weg zeigte. Eric ging mit einem Mal wieder der Traum durch den Kopf. Er wollte es jemandem erzählen, unbedingt jemand anderem als denen, die er schon kannte. Der Adler schien genau der Richtige zu sein, seine Geduld und Ruhe hatten Eric sehr beeindruckt. Plötzlich lichtete sich das enge Gewirr aus Lianen und Bäumen und sie standen auf einer Lichtung. Dachte Eric. Es war keine Lichtung, es war ein Stück des Waldrandes.
Vor ihnen befand sich eine Klippe, man blickte fast direkt in den Himmel, wenn man einen flüchtigen Blick geradeaus schweifen ließ. Als Sie aber dichter am Abgrund standen, wurde der Wald unter ihnen sichtbar. Eric hatte ihn vorhin schon gesehen, aber von einer anderen Stelle aus: Da wo der Fluss sich in einen Wasserfall verwandelte und in die tiefer gelegene Etage des Naturwunders fiel. Er bekam urplötzlich Lust, sich einfach im Sturzflug dort runter zu stürzen, sich dem warmen Wind zu überlassen und einfach immer schneller zu werden. Es war so tief, dass nicht einmal seine Drachenaugen ausreichten, um mehr als eng aneinander liegende, mehr oder weniger grüne Kugeln zu erkennen, welche die Baumkronen waren. Zusätzlich lag die Feuchtigkeit in der Luft wie ein grau-blauer Schleier darüber. Eric blickte nach links, konnte nur den Rand der Klippe erkennen, wie er sich in einiger Entfernung nach links schlängelte und hinter dem Waldrand verschwand. Zu ihrer Rechten war auch nicht mehr zu erkennen, aber Eric lauschte und konnte deutlich das Getöse des riesigen Wasserfalls hören. Der Adler drang in seine Gedanken vor.
„Bitte folge mir, Drachenjunge.“
Er spannte die Flügel, streckte sich kurz und fiel einfach über die Felskante. Einen Moment lang wirkte es, als wäre er tot heruntergefallen, doch dann entdeckte Eric ihn, wie er als kleiner werdender Punkt über dem Wald schwebte. Eric spürte wie Freude in ihm aufstieg. Er spannte die Muskeln an und machte einen gewaltigen Satz über den Rand, schoss geradeaus ins Leere. Noch bevor er zu fallen begann hatte er sich verwandelt und jagte dem Adler hinterher. Ein Gedanke zischte durch seinen Körper, ein kurzer, kribbelnder Impuls. Jagen, Beute. Hitze flammte in ihm auf, seine Pupillen weiteten sich leicht und nur der Adler blieb als dunkler Punkt sichtbar, seine Flügelhäute zogen sich leicht zusammen und zwangen ihn dazu, den Segelflug zu beenden und mit den Flügeln schlagend immer schneller werden zu müssen, um in der Luft zu bleiben. Schlagartig war ihm bis auf wenige Zentimeter klar, wann und wo er sich den Adler schnappen würde, ohne, dass der ihn jemals zu Gesicht bekäme. Eric schüttelte den Kopf und verdrängte diesen aufdringlichen Instinkt, welcher seinen feurigen Blick fast automatisch von den Baumkronen unter sich auf den Adler gelenkt hatte, der nun näher kam. Es war nicht leicht, denn sein Hunger war tatsächlich gewaltig.
Eric hörte auf mit den Flügeln zu schlagen, faltete sie ein wenig mehr auseinander und segelte nun schnell und lautlos, wie auf großen Tragflächen, durch die warme Luft. Die Suche nach Aufwinden war kaum nötig, über einem Wald wie dem dort unten befanden sich unendlich viele davon und die Luft war ständig in Bewegung. Er schnupperte, als er durch die Spur aus Geruch und Körperwärme flog, welche der Adler hinterließ, bemerkte den eindringlichen, vom Wald aufsteigenden Duft der vielen verschiedenen Harze, der Wassertropfen auf den Blättern, der Tiere in ihren Höhlen und in den Baumkronen. Plötzlich ließ der Geruch nach, erstarb vollständig. Von einem Kilometer auf den anderen. Eric flog nicht weit hinter dem
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