DrachenKind: Gegen die Finsternis (German Edition)
Oder eher gesagt du musst es tun, bevor er es mit dir tut.“
Sie klopfte Eric hart und freundschaftlich auf die Schuppen und rieb sich die Finger.
„Sehr hart!“, sagte sie und schüttelte die Hand. Eric war überrascht. Es schien immer mehr zu geben, was er und Jack nicht von dieser Welt wussten, je mehr sie erfuhren desto weniger wussten sie. Und wieder fragte er sich, wie er den Herrscher und seine sechs korrupten Großmeister besiegen sollte, wenn er so wenig über sie wusste. Seath sprach weiter.
„Die anderen gefangenen Geschöpfe sind die Tiere. Sie sind nicht einfach zu beherrschen, aber sie sind machtlos gegen ihn. Sie hätten entgegen aller Naturgesetze allesamt zusammenarbeiten müssen, aber das ist unmöglich gewesen…damals. Er wusste es und hat so nach und nach jedem einzelnen den Willen zum Leben genommen, durch simples Einsperren oder auch durch Folter. Sie sind wie die Trolle geworden, mit dem Unterschied dass sie immer reinen Herzens gewesen sind, alle. Kein Tier tötet aus Vergnügen, niemals nur um zu besitzen. Wenn ein Tiger einen Menschen angreift, dann weil er Hunger hat oder weil er schlechte Erfahrungen mit ihnen gemacht hat oder sein Revier verteidigt. Aber sicher nicht, weil er das lustig findet. Sie zerbrachen schnell an der Grausamkeit, die ihren Artgenossen wiederfuhr. Nur sehr wenige sind noch übrig, verstecken sich, halten zusammen. Sie werden versuchen, den Herrscher zu bekämpfen. Aber sie wollen das ohne die Menschen tun und dann sind sie verloren, mit Sicherheit. Niemand kann es sich in dieser Zeit leisten, aus Ehre oder Rache zu handeln, oder sich wie sie der Gemeinschaft zu verweigern und ihre Kräfte zu vereinen. Wir werden noch einmal mit ihnen sprechen müssen, fürchte ich.“
Sie verstummte und Eric sah in ihren Gedanken die kleinen hässlichen Mordhani irgendwo in einer unterirdischen Höhle stehen und auf einem merkwürdig geformten Amboss Waffen schmieden, die von den wachenden Augen einiger Trolle gestapelt und auf schweren Wagen in einen glühenden Tunnel gefahren wurden.
Eric konzentrierte sich auf die Richtung in welcher sie nun schon seit über vier Stunden flogen. Ein merkwürdiger, prickelnder Geruch hing seit ein paar Minuten in seinen Nüstern fest und er konnte ihn nur schwer orten. Es war, als hätten sie eine Wand durchbrochen, hinter welcher eine völlig andere Luft war als davor. Es kam von überall. Eric bemerkte schnell, dass die anderen es nicht wahrnahmen. Er sah die Karte vor sich, hatte wieder einen Roten Punkt und ein rotes Kreuz geschaffen. Der Punkt war dem Kreuz schon recht nahe. Eric schätzte noch eine halbe Stunde bis zu ihrer Ankunft. Weit vor ihnen war ein Berg zu sehen, der fast bis zur Spitze mit Bäumen bewachsen zu sein schien. Die Sonne stand knapp darüber, war auf dem Weg zu ihrem höchsten Punkt um die Mittagszeit. Eric fragte:
„Darf ich vielleicht mal schneller fliegen? Ich möchte gerne früher da sein, einfach so…“
„Gut, wenn du meinst…Aber denk dran, wir sitzen hier nicht gerade ungefährlich! Wäre nett, wenn du uns nicht vergisst!“, sagte Mia.
Eric beschleunigte langsam. Er hatte das Gefühl, unbedingt etwas früher da sein zu müssen, einfach so eben. Vielleicht würden sie so etwas erleben, was sonst einfach verpasst wäre. Vielleicht kämen sie so eben rechtzeitig. Sie flogen sehr schnell, am Fuße des Berges wurde eine große, mit bunten Punkten gespickte Fläche erkennbar. Die Quelle des fremden, an Intensität gewinnenden Duftes.
„Da, das sind die Kräuterwiesen! Endlich…Eric, du kannst direkt da auf der Lichtung landen, den Rest gehen wir zu Fuß!“
Eric sah Seath in Gedanken auf eine kleine Lichtung direkt unter ihnen zeigen. Er kreiste über ihr und in Spiralen sanken sie nach unten. Seine Flügel berührten die Blätter der Baumkronen und ihre Luftstöße fegten das Laub und die Gräser auf dem Boden wie ein unsichtbarer Riesenbesen nach allen Seiten. Als sie mit einem sanften Ruck landeten, schnüffelte Eric konzentriert. Die Wiesen verbreiteten einen ungewöhnlichen Geruch; süßlich, säuerlich, salzig wie das Meer und duftend wie Lavendel. Der Sinneseindruck zog wie Wasserdampf kurz durch seinen Kopf, er prägte ihn sich ein. Als die drei abgestiegen waren verwandelte er sich zurück. Der Hitzestoß raschelte kurz in den Blättern, dann wurde es still. Nur ein paar Vögel und Insekten waren zu hören, Eric bemerkte einen feinen, glitzernden Staub in der Luft. Vielleicht die Samen
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