DrachenKind: Gegen die Finsternis (German Edition)
bohrte sich in seinen linken Oberarm. Er wälzte sich keuchend auf den Rücken. Die Blätter waren spröde und vertrocknet, aber in seinen Händen fühlten sie sich an wie Watte. Er sammelte alles, was er an Kräften noch aufbringen konnte, stützte sich kurz auf die rechte Hand und drückte sich vom Boden hoch, hockte auf dem Boden, auf den zerstörten Knien. Sein Hirn war so überreizt, dass das Schmerzempfinden allmählich nachließ. Er nahm es nur durch einen Schleier wahr, dass die Gestalt direkt vor ihm ihre Waffe auf seine Brust richtete. Er sah ihr ins Gesicht, konnte aber nichts erkennen. Dann durchbohrte ihn ein Pfeil, er schoss direkt durch das Herz. Seine Wucht gab ihm einen heftigen Ruck, das laute, schnappende Geräusch der Waffen verhallte dumpf in seinem Kopf. Zwei weitere Pfeile durchbohrten seine Lungen. Das Blut quoll warm aus den Wunden, aus seinen Knien, aus dem Arm, aus dem Mund, aber er spürte es nicht. Er konnte nur sehen, dass der Waldboden immer näher kam. Die Schmerzen waren für einen kurzen Moment überwältigend, dann wurde alles blau um ihn herum.
Kapitel 21
Ein Schatten drang in ihr Bewusstsein. Kurz und unerwartet. Langsam begann sich die anhaltende Taubheit in den Gliedern in ihre Gedanken zu pflanzen. Sie bemerkte die starken Rückenschmerzen. Die Augen schmerzten. Sie versuchte zu blinzeln, aber nichts regte sich. Einen Moment lang tat sie gar nichts, lag einfach nur da und versuchte sich an das, was geschehen war, zu erinnern. Und ganz allmählich sah sie den Berghang, die Kräuterwiesen vor sich, wie sie sich nach oben mühte, als plötzlich ein Schlag auf den Hinterkopf sie betäubte. Ihre Lebensgeister kehrten träge zurück, als sie an die anderen beiden dachte. Seath und Jack. Noch ein paar Schatten flogen über sie hinweg, doch durch die geschlossenen Augenlider konnte sie keine Formen erkennen. Sie konzentrierte sich auf ihren Körper, analysierte jeden Knochen und jedes Organ, jedes Gefühl und jeden Gedanken. Nichts von all dem schien verletzt zu sein. Sie nahm ihren Willen zusammen und öffnete die Augen. Direkt über ihr kreisten Vögel, lauernd und ungeduldig.
Mia kramte in dem kleinen Beutel, den sie an den Gürtel gebunden hatte und zog eines ihrer Bonbons hervor. Kaum hatte sie es im Mund, durchfluteten ein übermäßig scharfer Geschmack und ein Adrenalinstoß ihren Körper. Sie richtete sich auf. Seath lag neben ihr. Und Jack? Sie sprang auf die Füße, streckte sich und sah sich um. Nirgends war etwas von ihm zu sehen. Der Waldrand war etwa hundert Meter entfernt, er sah dunkel aus. Auf dem Boden lagen Gestalten herum, aus denen ganz schwach dunkler Qualm heraufstieg. Mia schloss die Augen, ein Kloß machte sich in ihrem Hals bemerkbar. Die Erinnerungen an das, was geschehen war, und das, was nach ihrer Ohnmacht geschehen sein musste, zogen die Gelassenheit wie schwarze Löcher aus ihr heraus. Sie bückte sich und hielt Seath zwei Finger auf die Stirn. Nach ein paar Minuten wachte sie auf, offensichtlich nicht ganz so geschwächt. In den Gedanken ihrer Tochter sah Mia die Bilder, die sie selber gerade gesehen hatte. Seath stand auf, nahm dankend eines von Mias Bonbons entgegen und schauderte. Beide starrten einander an, der starke Geruch der vielen Pflanzen um sie herum schmerzte leicht in ihren Köpfen.
„Wo ist Jack?“, fragte Seath unsicher und mit brennender Zunge.
„Ich weiß es nicht. Aber sieh dir mal an, was alles da ist.“
Mia deutete auf die umliegenden Körper der Diener, die in ihren schwarzen Gewändern auf einer dünnen, weißen Raureifschicht lagen. Da fielen ihnen die Fußspuren auf. Sie führten in den Wald, begannen bei einem großen Abdruck, ein paar Meter neben ihnen. Dort musste Jack gelegen haben. Mia und Seath machten sich unverzüglich auf den Weg, folgten laufend den Spuren bis sie den Waldrand erreichten. Hier zogen beide ihre Schwerter, schlichen langsam weiter, nachdem sie die Armbrustpfeile auf dem Boden hatten liegen sehen. Es war deutlich wärmer hier. Mia ging voran, konnte es kaum aushalten so langsam zu gehen. Die Sorge um Jack machte sie fast krank. Und Eric? Was war mit ihm geschehen? Mias Herz begann zu rasen. Die Lichtung, von der sie gekommen waren, wurde langsam zwischen den hohen Bäumen vor ihnen erkennbar. Mia ließ alle Vorsicht fahren, rannte weiter bis sie am Rande der Lichtung stand, die im Gegensatz zum Rest des Waldes nicht in goldenes Sonnenlicht sondern in dämmriges, ungemütliches Licht getaucht
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