DrachenKind (German Edition)
Kontakt zu Sonnenstrahlen und Natur und vor allem die Verbindung zu Mia, Jack oder Seath verwehren oder nehmen. Keine schöne Vorstellung, so ein bis auf die Knochen abgemagerter Drache. Er dachte an den riesigen Schrank, in dem er sich am Ende des letzten Traumes versteckt hatte. Und daran, wie er sich unerwartet öffnete. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken und beinahe hätte er reflexartig die langen, scharfen Stacheln aufgestellt.
Langsam versank die Sonne irgendwo über den Bergen, wo auch sie sich jetzt befanden. Von Wäldern nichts mehr zu sehen, nur noch hügelige Wiesen und Felsen, in denen sich geheimnisvolle Höhlen gebildet hatten. An einer Stelle roch es sogar salzig und Eric dachte daran, dass das Meer einmal so hoch gewesen sein könnte, dass es die Spitzen der Berge verschlungen hatte. In der Ferne sah man noch höhere Gipfel, bedeckt von einer meterdicken Schneeschicht, Gletscher glänzten in ungeahnter Entfernung im Licht der letzten Sonnenstrahlen. Eric spürte die Erde. Sie verriet ihm mittels eines kaum merklichen Kribbelns, dass sie sich ihrem Ziel immer schneller näherten. Offensichtlich waren sie dank Erics erhöhtem Flugtempo doch einige Stunden früher am Ziel.
„Da unten, ich sehen den kleinen Bergkessel…Da wir können sein, Windschutz und ungesehen.“
Jack deutete aufgeregt nach unten, Mia und Seath berieten sich und Eric durchsuchte die Umgebung nach Spionen und dergleichen, fand aber nichts. Noch nicht. Er würde sich sicher nicht weit von Mia und Seath entfernen, auf gar keinen Fall. Sie hatten den eingeschneiten Felskessel nun direkt unter sich, Eric ließ sich langsam herabsinken ohne die Flügel zu bewegen. Als seine Füße den Schnee berührten, fühlte er zum ersten Mal etwas wirklich Weiches unter den Krallen, die sich gleich in der Eisschicht wenige Zentimeter unter dem Schnee vergruben. Er hatte Durst. Nach kurzem Überlegen grub er seine Klauen noch tiefer ins Eis und riss einen tonnenschweren Brocken aus dem Boden, biss ein großes Stück davon ab und freute sich über die erdig schmeckende, eisige Erfrischung. Die anderen drei zuckten bei der plötzlichen Bewegung zusammen doch entspannten sich schnell wieder. Seath warf den großen Rucksack einfach nach unten, dann bat sie Eric den Kopf zu senken und die drei hüpften nach kurzem Klettern hinterher. Eric war die Kälte bewusst, er spürte ihre schneidende Anwesenheit, aber er fror nicht einmal annähernd. Seine Schuppen ließen nicht einmal einen kleinen Teil der Kälte hindurch, die Hitze, welche er ausstrahlte, ließ den Schnee um sie herum langsam schmelzen. Er streckte sich ausgiebig und zerkaute die restlichen Eisbrocken, während die anderen sich die von Mia angekündigten Jacken anzogen, samt dicken Hosen. Sie sahen aus wie Bergwanderer, die den Mount Everest besteigen wollten. Eric bemerkte, dass die Luft hier oben viel dünner war. Während des Fluges war es ihm kaum aufgefallen, aber jetzt, wo er sich sehr auf die Umgebung konzentrierte, wurde ihm klar, dass sie hier oben sicher schnell erschöpft wären, sollten sie angegriffen werden. Er überlegte, ob es vielleicht besser wäre, doch nicht weg zu gehen, da es ihn nicht wirklich störte. Gerade, als er Jack fragen wollte, ob er nicht einfach für sie alle jagen wollte, verwandelte der sich in den Tiger und sah Eric erwartungsvoll an. Eric verstand die Geste ohne weiteres, sein Freund konnte auch nicht einfach alleine gehen. Er schloss die Augen, rief sich das Bild eines Tigers vor sein inneres Auge. Zuerst sah er nur Jack, aber dann formte sich ein weißer Tiger, fast so groß wie Jack und mit schwarzen Streifen. Er verwandelte sich schnell, es fühlte sich anders an. Er befand sich nun etwas weniger als zwei Meter über dem Boden, seine Pfoten versanken im Schnee und die Abdrücke der riesigen Drachenklauen erschienen ihm fast wie eine große, zerfurchte Badewanne. Er musste lachen. Ein so großer Unterschied, der doch nicht das Geringste für ihren Geist bedeutete. Seine Sinne waren immer noch dieselben, er genoss es, die vielen Schnee und Eiskristalle zu sehen und jeden einzelnen von ihnen wahrzunehmen, zu hören, zu riechen, zu bewundern. Mia und Seath standen vor ihnen, erfreut und berührt. Sie konnten es kaum fassen, wie natürlich sich die Magie des Geistes in den Alltag ihrer Schüler eingefügt hatte. So, wie sie da standen, sahen sie fast aus wie zwei ausgewachsene Tigergeschwister, beide mit leuchtend goldenen Augen und zufrieden. Jack
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