Drachenklänge
verloren, Mann«, versetzte Robinton und packte seinen Freund fest beim Arm. »Ich konnte mich wohl kaum an dich wenden …«
In einer gereizten Geste strich sich F'lon das Haar aus der Stirn. »So nah standen wir uns nicht. In einem Weyr legt man nicht viel Wert auf familiäre Bindun-gen. Splitter und Scherben! Durch diesen Abgang hat er alles vermasselt!«
Robinton wusste nicht, ob dieser Ausbruch F'lons Art war, seinen Kummer zu zeigen, doch der junge Mann war eindeutig wütend. Dabei hatte Robinton
nie daran gezweifelt, dass F'lon stolz darauf war, der Sohn des Weyrführers zu sein. Zwar spielte er diesen Umstand gern herunter und äußerte sich eher geringschätzig über die Verwandtschaft, doch zumindest hatte er eine Beziehung zu seinem Vater gehabt. Robinton beneidete ihn darum.
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»Die anderen waren auch schon ohne diese Katastrophe nervös genug«, fuhr F'lon bissig fort, wobei er es vermied, Robinton in die Augen zu sehen. Kopfschüttelnd trat er mit der Stiefelspitze nach kleinen Kieseln, die den Boden bedeckten. »Und ich hatte ihm noch gesagt, er dürfe die Schmerzen in der Brust nicht auf die leichte Schulter nehmen. Aber ihm wäre ja nie in den Sinn gekommen, auf seinen Sohn zu hören. Er wusste immer alles besser.«
Im Schein der Leuchtkörbe bemerkte Robinton nun
die Tränenspuren auf F'lons Wangen, und er wünschte sich, ihm würden ein paar tröstende Worte einfallen.
Aber für diesen Schmerz gab es keine Linderung.
»Nun geh schon, Rob. Bei C'gan bist du im Augenblick ohnehin besser aufgehoben als bei mir.«
»Halte mich auf dem Laufenden, wie sich die Dinge bei euch entwickeln, F'lon. Ich weiß, dass du die Trommelsprache beherrschst.«
Er drückte noch einmal kurz F'lons Arm, um sein
Mitgefühl und sein Bedauern zu bekunden, schnappte sich seine Packsäcke und marschierte aus der hell er-leuchteten Zone hinaus in die Schwärze des Kraterkessels. Wie im Traum gewahrte er die schemenhaften Umrisse von C'gans blauem Tagath und die Kette aus traurig glänzenden Drachenaugen an den felsigen
Flanken des Weyrs.
312
Kapitel 11
ls Robinton in Benden eintraf, suchte er zuerst
AMaizella auf und erkundigte sich nach Lady Hayaras Befinden. Das Mädchen sah vor Kummer verhärmt aus.
»Sie hat einen Beruhigungstrunk bekommen und
schläft jetzt«, erzählte Maizella. »Gleich nehme ich selbst diese Medizin. Ich kann es immer noch nicht fassen, was passiert ist. Gibt es eine Chance, dass sie aus dem Dazwischen wieder auftauchen?«
Robinton schüttelte den Kopf. »Das wüssten die
Drachen. Und sie beklagen eindeutig Chendiths Tod.
Es tut mir ja so Leid, Maizella.«
»Das weiß ich, Rob.« Sanft berührte sie seinen
Arm. »Und jetzt nimmt Raid das Ruder in die Hand«, fügte sie mit einem Anflug von Bitterkeit hinzu.
»Hätte er damit nicht bis morgen warten können?
Ach ja, er möchte, dass du dich im Trommelturm ein-findest.«
Es oblag Robinton, die traurige Nachricht zu verbreiten. Raid hatte den Text bereits formuliert und drückte Rob abrupt das Blatt in die Hand, sowie der Harfner im Turm eintraf. Robinton war die lange Treppe hinaufgestürmt, und er musste erst Atem
schöpfen, ehe er die Botschaft las.
Unterschiedliche Temperamente reagieren unterschiedlich auf Tragödien, fand er. Im Gegensatz zu Maizella hielt er Raid nicht für kaltherzig oder gefühllos. Er tat nur das, wofür er sein Leben lang erzogen 313
worden war – er übernahm die Burgherrschaft und
handelte, wie die Pflicht es ihm gebot.
Die Burgherren von Fort, Süd-Boll, Tillek und dem Hochland forderten sofort Drachen zum Transport an.
Später trafen Nachrichten aus Telgar, Ista, Igen und Nerat ein.
Am frühen Morgen wussten sämtliche größeren Festungen Bescheid und bestätigten die Meldung. Nicht mehr lange, und die ersten Grundbesitzer aus Benden ließen sich in der Burg blicken, einige brachten Wein oder Proviant mit. Die Frauen begaben sich entweder in die Küche, um dort zu helfen, oder gesellten sich zu den trauernden Familienmitgliedern. Die Harfner anderer Burgen lösten Robinton beim Trommeln ab. Dessen Hände waren von der Arbeit mit den Trommel—schlegeln geschwollen, und er konnte sich kaum noch auf die Entschlüsselung der eintreffenden Nachrichten konzentrieren, geschweige denn, fehlerfreie Botschaften absenden.
Als er endlich mit dem Trommeln aufhören konnte, fiel er todmüde auf sein Bett und schlief ein paar Stunden. Später wurde er von F'lon geweckt, der ihm Klah und einige
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