Drachenklänge
schlug sie vor.
»Das geht nicht«, wehrte er entschieden ab. »Ich kann ihn nicht in Gefahr bringen.«
554
»Und um dein Leben ist dir nicht bange?« fragte sie, während sie ihn in einen Raum führte, in dem Bekleidung aufbewahrt wurde. »Dich erkennt man doch allein schon an deiner Größe.«
Er zog den Kopf ein, nahm eine gebückte Haltung
an und fing an zu humpeln.
»Hmm. Du hast einen Gang, als hätte dich jemand
in den Allerwertesten getreten.« Sie schüttelte den Kopf.
Als Sebell sich zu ihnen gesellte, hatte Robinton mit Silvinas Hilfe die passende Kleidung gefunden. Ein Blick in das Gesicht seines Meisters genügte, und Sebell enthielt sich jeden Kommentars. Und selbst er musste zugeben, dass Robinton nicht mehr viel mit dem würdevollen Meisterharfner von Pern gemein
hatte, sowie er seine Schultern hängenließ und hinkte.
»Vielleicht solltest du die Sachen vor dem Anziehen auf dem Misthaufen wälzen«, meinte Silvina scherzhaft.
Sebell fing an zu kichern und war überrascht, als Robinton ihm das Zeug in die Hände drückte und ihm auftrug, genau das zu tun.
»Der Gestank wird jeden davon abhalten, mich all-zu kritisch zu mustern«, fand er. »Und während ich fort bin, müsst ihr allen erzählen, ich läge mit Fieber im Bett.«
Sebell nickte, obwohl es ihm nicht passte, dass sein Meister sich in Gefahr begab. Doch er wusste genau, wann er seine Meinung für sich behalten musste.
*
Erst am Ufer des Roten Flusses zog sich Robinton die Verkleidung an. Big Black hatte gescheut und wollte ihn nicht aufsitzen lassen, als er sich ihm mit dem stinkenden Kleiderbündel näherte. Nun ließ er den Ren-555
ner bei den Grenzposten zurück und ermahnte die
Männer, besonders vorsichtig zu sein.
Auf Schleichpfaden pirschte sich Robinton an die Festung Ruatha heran. Draußen im Viehpferch entdeckte er lediglich zwei magere Milchkühe. Plötzlich tauchte wie aus dem Nichts ein Drachengeschwader in der Luft auf, und ein erschrockener Mann rannte so schnell herbei, dass er beinahe über seine eigenen Füße stolperte.
Unentwegt schrie er mit sich überschlagender Stimme:
»Die Drachenreiter sind da! Jeden Moment kann Fax eintreffen. Die Drachenreiter sind da …« Aus voller Kehle brüllend verschwand er in der Burg.
In seiner Maskerade als Knecht machte sich Robinton nicht verdächtig, als er aus seinem Versteck her-vorhinkte und offenen Mundes die Drachen begaffte.
Aus einigen Mäulern züngelten noch Flammen. Ein
Drache nach dem anderen stieß schrille Trompetentöne aus, und Robinton kam es vor, als klängen sie überrascht.
Als sie kreisend in den Landeanflug einschwenkten, erkannte er einen blauen Drachen, bei dem es sich nur um Tagath handeln konnte. Es bestätigte seine Vermutung, dass F'lar dieses Geschwader anführte. Ausgerechnet im Hochland nach geeigneten Kandidaten für die Gegenüberstellung zu suchen, erforderte einen Mut, den wohl nur F'lons Sohn aufbrachte.
Vielleicht konnte er in einem unbeobachteten Augenblick ein paar Worte mit C'gan wechseln. Und er hoffte, endlich den erwachsenen F'lar kennen zu lernen. Er fragte sich, ob R'gul die Suche in diesem Gebiet überhaupt genehmigt hatte. Irgendwie zweifelte er daran. Doch dann wandte er sich wieder den drin-gendsten Problemen zu.
Er vergegenwärtigte sich, dass ein einfacher, ungebildeter Knecht bei der Landung der Drachen schleunigst das Weite suchen würde. So schnell es sein vor-556
getäuschtes Lahmen erlaubte, hoppelte er zu den anderen Kulis, die auf dem Hof herumlungerten.
Der Verwalter, dem der Schreck über diesen Besuch ins Gesicht geschrieben stand, kam im Eilschritt an-marschiert, um sich selbst von der Ankunft der Drachenreiter zu überzeugen. Alsdann brüllte er eine Flut von widersprüchlichen Befehlen, schnappte sich einen der herumstehenden Knechte und stieß ihn brutal vor sich her.
»Wir müssen Vorbereitungen treffen! Wir müssen
uns sputen! Los, schafft etwas zu essen her! In diese Burg muss endlich Ordnung einkehren. Ich krieg euch schon ans Arbeiten, ihr faules Pack!« Während er wie ein Tobsüchtiger schrie, verteilte er Hiebe und Fuß-
tritte an die zerlumpten und ausgezehrten Sklaven, die an ihm vorbeihuschten.
Robinton konnte einem Tritt gerade noch ausweichen, doch bereitwillig begab er sich in die Burg. In der Großen Halle blieb er entsetzt stehen. Der einst-mals wunderschöne Saal war schmutzig und verkommen, das große Eingangsportal hing schief in den Angeln. Dann prallte jemand gegen ihn,
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