Drachenklänge
Wohnstätten. Er verschaffte ihm einen Einblick in den Alkoven, den er sich mit drei anderen Jungen geteilt hatte, und dann lotste er ihn in die gigantische Badehöhle. Dampfschwaden
quollen von dem großen Becken hoch, in dem man mit Leichtigkeit schwimmen konnte, wie Rob mit einer Anwandlung von Neid bemerkte. Hinter dieser Bade-anlage befanden sich weitere Vorratshöhlen.
»Außerdem ein Labyrinth aus nicht mehr benutzten Gängen und abgesperrten Räumen«, schloss er. »Wenn ich erst Weyrführer bin, erkunde ich das gesamte Areal«, versprach er schmunzelnd.
Er unterbrach sich, als sie heftiges Glockengeläut hörten.
»Abendessen!« Prompt bugsierte er Robinton in die Unteren Kavernen zurück.
»Sind alle Weyr im Wesentlichen gleich angelegt?«
»Außer diesem Weyr kenne ich nur noch Telgar.
Dort sind die Räumlichkeiten ähnlich, natürlich gibt es eine Brutstätte, einen Königinnenweyr, ein Archiv und all das, was man für die Organisation einer Gemeinschaft braucht. Warst du schon einmal droben im Fort Weyr?«
»Da darf keiner hin; der Zugang ist verboten«, erwiderte Robinton ausweichend und schielte seinen Freund von der Seite an.
Falloner lachte. »Seit wann hält das die Leute ab, trotzdem hinzugehen? Ich wette, da droben herrscht ein reger Verkehr.«
»Na ja, so ganz Unrecht hast du nicht, aber …«
Falloner zwinkerte ihm vertraulich zu. »Jeder Weyr ist auf seine Art einzigartig, aber wenn man sich in einem auskennt, findet man sich in allen anderen zurecht. Das liegt in der Natur der Sache. Wenn du erst mit den Örtlichkeiten bei uns vertraut bist, 172
kannst du dich daheim in Fort ohne weiteres orientieren.«
»Ich weiß. Danke, Fal.«
»Keine Ursache, Rob.«
Sie betraten die Unteren Kavernen. Robs Mutter
stand auf einem Podium, auf dem sich die Hohe Tafel für die Weyrführer und die Ehrengäste befand. Eine kleine Bühne mit Stühlen und Notenständern war den Musikanten vorbehalten.
»Wie viele Musiker gibt es hier?« erkundigte sich Rob, der vierzehn Stühle zählte.
»Wir haben einen wirklich guten Gitarristen, C'gan, einen ganz ordentlichen Geiger und dann die üblichen Flötenspieler und einen Trommler. Unser Trommler ist nicht schlecht, aber dir kann er natürlich nicht das Wasser reichen, Rob.«
Rob freute sich über das Lob. Er sah, wie sich die Hohe Tafel langsam mit Drachenreitern füllte. An den Schulterknoten, die die Festtagsgewänder zierten, erkannte er, dass außer Bronze auch alle anderen Farben vertreten waren.
Zu seiner größten Zufriedenheit bedeutete ihm seine Mutter, er solle sich weiter an Falloner halten. Die Weyrleute, von der hektisch bimmelnden Glocke gerufen, setzten sich dort hin, wo es ihnen gerade beliebte. Falloner zog Rob an einen Tisch, an dem bereits sechs Jungen in ungefähr ihrem Alter saßen. Er riss den Arm hoch und streckte zwei Finger aus, um die beiden jüngeren Buben, die sich anschickten, die letzten freien Stühle zu besetzen, davonzuscheuchen.
»Zu spät«, bekräftigte ein Junge, dessen schwarze Locken ihm wirr in die Stirn hingen. »Los, ihr Knirpse, setzt euch woanders hin. Es sind genügend Plätze frei.«
Die Buben trollten sich ohne Murren.
»Das ist Robinton aus der Harfnerhalle«, stellte Fal-173
loner seinen Freund vor, während er sich auf einen Stuhl plumpsen ließ. »Und das ist Pragal«, fuhr er zu Robinton gewandt fort, auf den schwarzhaarigen Jungen deutend. »Jesken, Morif, Rangul, Sellel und Bravonner. Das ist mein jüngster Bruder.«
Robinton fand, die beiden sähen sich gar nicht ähnlich, bis auf die Augenfarbe, ein helles, beinahe goldenes Bernsteinbraun. Aber schließlich stammten sie von verschiedenen Müttern. Falloner hatte ihm erzählt, seine Mutter sei im Kindbett gestorben.
»Wieso bist du zurückgekommen?« fragte Bravonner.
»Ich sagte doch, ich gehe nur des Unterrichts wegen nach Benden«, erwiderte Falloner freundlich. »Ist bei dir alles in Ordnung?« Herausfordernd blickte er die anderen Jungen der Reihe nach an.
»Klar …« begann Bravonner.
»Ich hab's dir versprochen«, begehrte Pragal ärgerlich auf. »Keiner hat ihn geneckt oder sonstwie schlecht behandelt.«
»Außer dir«, rief Bravonner mit einem Seitenblick auf Pragal dazwischen und erntete einen Knuff in die Rippen. »Siehst du?« trumpfte er zu Falloner gewandt auf.
»Ja. Ich hab's gesehen. Was gibt's denn zu essen?«
fragte er Rangul.
Rangul war ein stämmiger, pummeliger Bursche.
Sein unsteter Blick huschte von einem
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