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Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Titel: Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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zumindest dieses eine Gesicht ohne aufgeschminkte Maske wie eine Pforte ist, die in die Welt der Gefühle und Gedanken des Menschen führt.
    Skamander lächelt überrascht. “Ja…, gern, wenn Sie meinen, dort haben wir es gemütlicher…”
    Hendrikje will nicht entscheiden, ob es Begehren ist oder etwas anderes, was die Stimme des Mannes rauher klingen läßt. Sie starrt nur auf die Linien seines Mundes und wundert sich über das seltsame Gefühl, das sie zu diesem Mann zieht. Denkt er etwa, ich hätte mich in ihn verliebt? fragt sie sich zaghaft, denn alles deutet auf dieses Mißverständnis hin. Komisch, daß sogar die Männer hier draußen im Kosmos nur daran denken können, wenn eine Frau Interesse an ihnen bekundet. Daß sie selbst ganz kurz und nur ganz theoretisch daran gedacht hat, wie es wohl in den Armen dieses Mannes sei, hat mit Lust oder gar Liebe nicht das geringste zu tun. Das ist eher ein Reflex, so wie grelles Licht automatisch ein Schließen der Augen auslöst.
    Nein – es ist nicht so sehr der Körper dieses Mannes, was sie anzieht, es ist mehr eine besondere Art von Atmosphäre, die ihn zu umgeben scheint und die Wärme und Geborgenheit verheißt. Wenn er in ihrer Nähe ist, hat sie beinahe das Gefühl, auf der Ikaros zu Hause zu sein, obgleich sie nicht sagen kann, woran das liegt.
    “Ja, dort ist es gemütlicher”, antwortet sie – und setzt in Gedanken hinzu: Wenn Sie mitkommen, Skamander…
    “Na also, gehen wir!” Er legt ihr mit einer Geste den Arm um die Schultern, die ebenso kameradschaftlich wie auffordernd gemeint sein kann.
    Skamander riecht anders als Goff: beruhigend, nicht aufregend. Sanft, nicht wild. Friedlich, nicht kämpferisch. Sein Geruch flößt Vertrauen ein.
    Hendrikje fingert eine Qualle aus der Dose und lutscht. Diesem seltsamen Gefühl muß sie auf die Spur kommen.
    Als sie die Galerie betreten, fühlt sie sich beschwingt und sogar zu dummen Späßen aufgelegt, nur fällt ihr leider kein geeigneter Unsinn ein, den man verzapfen könnte, und irgendwie befürchtet sie auch, Skamander würde nur mild lächeln und sie väterlich zurechtweisen. Väterlich, denkt sie, das könnte es sein. So ungefähr müßte es sein, wenn man als kleines Kind mit seinem Vater spazierengeht… Quatsch, Skamander ist knapp zehn Jahre älter als ich! Vielleicht der große Bruder?
    Hendrikje kennt so etwas nur aus historischen Selbstspielen. Im Nesturbanidum hat man zwar Dutzende von Brüdern und Schwestern, aber trotzdem muß das früher alles anders gewesen sein. Früher, als die Menschen noch Sklaven ihrer Triebe und Gefühle waren. Heute ist das alles überwunden, da beeinträchtigen diese biologischen Rudimente nicht mehr die Leistungsfähigkeit und das seelische Gleichgewicht des Individuums und damit die Stabilität der Gemeinschaft. Heute nimmt man eben eine Qualle oder meldet sich beim Büro zur Untersuchung abweichender Verhaltensweisen.
    Aber Hendrikje weiß seit längerem, daß irgend etwas in dieser Ordnung der Dinge nicht mehr stimmt. Wie könnte es sonst sein, daß gewisse Abnormitäten sie mit Sehnsüchten füllen, die sie geradezu auseinanderreißen wollen? Weshalb läßt der Gedanke an das keimende Wesen in ihrem Leib sie beben und schwingen, da sie doch besser ihr Gewissen prüfen, sich ihre Pflichten vor der Gemeinschaft ins Gedächtnis rufen sollte? Weshalb kann sie sich die Nähe eines Mannes ohne Lust wünschen, weshalb einen anderen lieben, den doch ihre ganze Verachtung treffen müßte, und einen dritten verachten, den sie einst glühend liebte? Weshalb ist sie ihren Gefühlen immer noch so wehrlos ausgeliefert wie einst ihre Urahnen?
    Ein Besatzungsmitglied kommt ihnen entgegen. Hendrikje erkennt den Mann sofort an dieser komischen Mütze, deren Rand die Ohren zu knorpligen Tütchen verdreht.
    Styx macht eine verstörte Miene, aber als er den auf den Boden gehefteten Blick kurz hebt; verzieht sich sein Mund zu einem bösen Grinsen, und er sagt zu Skamander: “Das laß mal nicht Flakke sehen, oder soll ich ihn schon darauf vorbereiten, daß du dich in seine Erinnerungen mischst?”
    Hendrikje wird es erst kalt, dann ungeheuer heiß vor Wut.
    “Was bilden Sie sich ein…!” Sie schüttelt Skamanders Arm von den Schultern und geht einen Schritt auf Styx zu. Der grinst immer noch tückisch. “Ach, Herzchen, ich kann Sie ja verstehen. Der Skamander sahnt überall zuerst ab, die Frauen reißen sich geradezu um einen Platz in der Schlange!”
    Skamander schaut erst

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