Drachenland: Roman (German Edition)
ins Kamerantal treiben und sie dann angreifen.«
Kiorte runzelte die Stirn. »Mit einer kleinen Flotte? Wie töricht – dies ist ein Krieg!« Kiortes Hand umklammerte den Rubin.
»Falkenwind möchte die Windschiffe vor dem Drachen schützen. In der Luft könnten sie ihn anlocken.«
»Dem Drachen? Was soll das nun wieder sein?!«
Jibron sagte ernst: »Den Drachen gibt es, Kiorte. Ich habe ihn mit eigenen Augen gesehen!«
Kiorte war entsetzt. »Ein Drache? In Simbala?«
Tolchin nickte. »Es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln. Vora und die anderen glauben, dass die Fandoraner das Wesen beherrschen. Wie sonst hätten sie eine Invasion gewagt?«
»Fandoraner hin, Fandoraner her, mit einem Geschöpf der Lüfte sollten sich die Brüder des Windes auseinandersetzen!« Kiorte ging zur Umkleidekammer. »Ich schaue selbst nach. Wann hat Thalens Flotte Kurs auf das Kamerantal genommen?«
»Das war vor unserer Auseinandersetzung mit Falkenwind«, sagte Tolchin. »Du bist kaum in der Verfassung, ihn einzuholen.«
»Liebling«, rief Evirae, »höre auf Tolchin! Du …«
»Komm mir jetzt nicht mit Einwänden, Evirae!« Kiorte verschwand hinter der reich verzierten Holztür.
Evirae schlug ihre langen Nägel leicht gegeneinander. Kiortes Entschluss steht fest, dachte sie. Wir werden ja sehen, wie lange sich der Bergmann der Familie widersetzen kann.
»Wie sehen Falkenwinds Pläne für die übrige Flotte aus?«, fragte Kiorte aus der Umkleidekammer.
Tolchin antwortete: »Sie bleiben unten, bis man weiß, was mit dem Drachen ist.«
»Wir nehmen es mit jedem Drachen auf!«, sagte Kiorte. »Thalen würde ohne mein Einverständnis nicht zustimmen.«
»Thalen denkt immer noch, dass du vermisst bist«, sagte Jibron. »Falkenwind hat ihn nach Nordwelden geschickt mit dem Auftrag, dort Soldaten zu rekrutieren.«
»Rekruten aus Nordwelden? Raufbolde?«
»Vora ist damit einverstanden.«
»Es ist ein törichtes Unternehmen.«
Jibron nickte. »Falkenwinds General ist ein törichter Mensch.«
Evirae verließ das Bett. »Offensichtlich kümmert das alles Falkenwind wenig. Er hört nur auf Ephrion und die Rayanerin.«
»Darum sind wir hier«, sagte Tolchin. »Falkenwind darf Simbala nicht in den Krieg führen! Er hat keine Ahnung von einer Schlacht!«
»Er ist der Monarch«, sagte Evirae. »Sein Amt gibt ihm das Recht.«
»Dann darf er nicht länger Monarch sein«, sagte Tolchin ernst. »In diesem Punkt sind dein Vater und ich gleicher Meinung.«
Kiorte tauchte in der Uniform der Brüder des Windes aus der Kammer auf. Er schüttelte den Kopf. »Ich möchte mir erst selbst ein Bild von der Lage machen.«
»Dazu ist keine Zeit mehr!«, warnte Tolchin. »Du müsstest es doch am ehesten verstehen, dass wir dringend handeln müssen!«
»Es geht nicht um irgendeine Amtsenthebung, sondern um unsere Verteidigung.«
»Höre auf Tolchin«, warf Jibron mit unterdrücktem Zorn ein. »Es ist sinnlos, mit dem Bergmann zu sprechen! Er hat den Rubin weggeworfen! Sage dich jetzt von ihm los! Noch können wir Blutvergießen verhindern.«
Kiorte musterte die Familie. Er wusste, dass Jibron und Eselle für eine Amtsenthebung Falkenwinds waren. Tolchin war zornig, aber das war er oft. Außerdem war ihm wohl seine Bitte um Truppenbegleitung ins Südland peinlich. Mit der Ablehnung Falkenwinds überspielte er seinen eigenen Fehler.
Kiorte sah Alora an. War sie der gleichen Meinung wie ihr Gemahl? Obwohl die beiden ein sehr enges Verhältnis zueinander hatten, stritten sie oft, denn sie vertraten einerseits die Interessen der Kaufleute, andererseits die der Kämmerer Simbalas. »Bist du der gleichen Ansicht wie die Familie?«, fragte Kiorte sie.
»Ein Monarch kann nur auf einstimmigen Beschluss der Familie seines Amtes enthoben werden«, sagte Alora mit dem unbefangenen Lächeln der Kämmerer, »oder wenn sein Vorgänger es fordert. Doch daran hat Ephrion kein Interesse, und die andere Möglichkeit lehnst du ab. Meine Meinung ist belanglos.«
Kiorte hatte den Eindruck, die Baronesse stelle ihn auf die Probe. Aber er wandte sich Tolchin zu und sah Missbilligung in seinen Zügen.
»Alora«, sagte Tolchin, »was für romantische Vorstellungen du auch von Falkenwind haben magst – sie dürfen nicht die Sicherheit des Waldes gefährden.«
Alora entgegnete gelassen: »Ich bin ebenso besorgt wie du, mein Gemahl, aber die Frage einer Amtsenthebung Falkenwinds müssen wir alle uns reiflich überlegen. Schließlich liegen keine Beweise für
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