Drachenlanze - Die Erben der Stimme
Schlafen zu bringen. Daraufhin ging der Magier.
Eid Ailea versuchte, Flint mit einem Wiegenlied zu
beruhigen, das bei Kindern ihrer Aussage nach Wunder wirkte.
Er war sich nicht so sicher, wie er das zu verstehen hatte,
lauschte aber ihrer warmen Altstimme, als sie die alte Melodie
anstimmte.
»Schlafe, schlafe, kleiner Elf«, sang sie, »schlaf bis zum
Morgen bei den Sternen, kleiner Elf. Reite durch die Wälder,
reite durch die Bäume, erwach morgen früh mit einem Lächeln,
kleiner Elf. – Das ist ein sehr altes Lied. Meine Mutter hat es
mir schon vorgesungen«, sagte sie und schaute dann zu Tanis,
der die Falle untersuchte, die die Dolche geworfen hatte. »Und
ich habe es dir und Elansa vorgesungen, als du erst ein paar
Minuten alt warst, Tanthalas.«
Tanis lächelte. »Ich wette, es gefiel mir damals genausogut
wie heute«, sagte er.
»Schmeichler«, meinte Ailea. »Mit deiner silbernen Zunge
wirst du keine Probleme haben, eine Elfenfrau zu finden.«
Tanis wurde rot und beschäftigte sich noch eifriger mit der
Falle. Vorsichtig entschärfte er sie und baute sie zur genaueren
Untersuchung ab. »Wer diese Falle gebaut hat, wußte, was er
tat, Flint. Es ist eine ausgeklügelte Konstruktion, die perfekt
gezielt war. Ein Glück, daß der Mechanismus beim zweiten
Dolch geklemmt hat. Deshalb hat er zuerst nur einen nach dir
geworfen. Ein paar Augenblicke später ist der zweite dann
durch die Spannung losgeschnellt.«
Tanis vermied es, die alte Hebamme anzusehen. »Und wenn
ich eine Menschenfrau finde, Eld Ailea?« meinte er schließlich
mit sorgsam beherrschter Stimme.
Ein Schatten glitt über Aileas katzenartiges Gesicht, als sie
Flint wieder die Decke um sein bärtiges Kinn zog. »Das wird
dir auf die Dauer hauptsächlich Kummer bereiten, Tanthalas«,
sagte sie. »Menschen sind schwach, und selbst wenn du eine
Liebste findest, ist es schrecklich zuzusehen, wie sie alt wird,
während du jung bleibst. Nur eine starke Liebe kann das
verkraften.« Sie hörte sich müde an.
Er blickte von der Falle hoch. Runde braune Augen trafen
mandelförmige braune Augen, und ein Funke sprang zwischen
den beiden Elfenmischlingen über.
»Versuch, daran zu denken, Tanthalas«, sagte Ailea traurig.
Tanis schluckte. »Ich werde es versuchen.«
»He!« meckerte Flint von seinem Feldbett. »Wird es nicht
Zeit für mein Bier?«
Da vergaß Eld Ailea ihren Kummer und klopfte dem Zwerg
lachend auf die heile Schulter. »Du tust mir gut, Meister
Feuerschmied.« Mit frischer Energie huschte sie zum Tisch,
wo Tanis die Tüte mit den Kräutern hingelegt hatte.
»In der Quelle steht ein Eimer Bier«, erklärte Flint
hilfsbereit.
Nach kurzem Nachdenken beschloß Eld Ailea, daß Bier dem
Zwerg beim Einschlafen helfen könnte
– und ihn vor allem
ruhig halten würde. Also holte sie den fast leeren Behälter aus
der Quelle und goß den Rest in einen Krug. Als sie das
Päckchen mit den Kräutern aufmachte, ging ein befremdlicher
Ausdruck über ihre klaren Züge. Dann trug ihr Gesicht wieder
die übliche Freundlichkeit zur Schau. »Flint, hat Miral dir aus
diesen Blättern einen Tee gekocht?« fragte sie beiläufig.
»Ja«, sagte Flint. »Mit Wasser. Schmeckte scheußlich. Mit
Bier ist es bestimmt viel besser.« Er grinste zutraulich über
seinen weißen Verband hinweg. »Viel Bier.«
Eid Ailea stand einen Augenblick mit dem Päckchen da.
Dann machte sie es wieder zu und steckte es in eine Tasche des
grauen Mantels, den sie bei ihrer Ankunft über die Bank
geworfen hatte. Aus einer anderen Tasche zog sie, ohne daß
Tanis und Flint es merkten, ein kleines Säckchen, das mit
einem Lederband zugebunden war, und maß einen Teelöffel
von dem Pulver darin ab. Während Tanis dann den Rest des
Ladens nach weiteren Fallen absuchte, mischte Ailea das
Pulver in das Bier und gab es dem Zwerg zu trinken. Er kippte
es mit einem Zug herunter.
Was es auch war, es bekam ihm nicht. Flint fiel in einen
festen Schlaf, erwachte jedoch bald darauf, um sich in den
leeren Biereimer zu übergeben, den Ailea am Bett
stehengelassen hatte. Dann fiel der Kopf des Zwergs zurück,
und er schlief weiter, wobei sich sein grauschwarzer Bart mit
seinen tiefen Atemzügen hob und senkte.
Tanis stellte sich zu Ailea an Flints Bett. Die zarte Elfin sah
mit einem leichten Lächeln auf den Zwerg hinunter, das ihre
Erschöpfung kaum verbergen konnte.
»Wird er wieder gesund?« flüsterte Tanis.
»Aber sicher«, sagte sie. »Meine Kräuter bringen ihn wieder
auf die Beine. Zumindest
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