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Drachenlanze - Ungleiche Freunde

Drachenlanze - Ungleiche Freunde

Titel: Drachenlanze - Ungleiche Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Daniell
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sturmgrauer Farbe trug, blickte irritiert zum bleiernen
Himmel.
»Ich finde, wir sollten die heutige Stunde lieber absagen«,
sagte der Elfenlord, doch seine Gefährten - außer Porthios stöhnten. Der Erbe der Stimme musterte die Gruppe nur
ungerührt. Er hatte die hellen Augenbrauen zu seinem
typischen Stirnrunzeln zusammengezogen.
»Und womit sollen wir uns dann unterhalten?« hörte Tanis
Litanas murmeln, und Selena schlug trillernd eine Hand vor
den Mund. Tanis krümmte sich innerlich.
Aber er hatte nicht fast den ganzen Vormittag damit
verbracht, Pfeile in Heuballen zu schießen, um sich jetzt
abschieben zu lassen. Er legte einen Pfeil auf und visierte sein
Ziel an. Sein Tonfall war absichtlich sanft. »Ich halte ein
bißchen Wasser schon aus, Lord Tyresian. Wenn es Euch
allerdings stört, dürft Ihr Euch gern nach drinnen zurückziehen.
Vielleicht zündet Euch ein Diener ein Feuer an. Was mich
betrifft, ich bleibe.«
Der kurzhaarige Elf errötete vom eckigen Kinn bis zum
Haaransatz. »Wir machen weiter«, erklärte er ohne
Umschweife.
Der Regen hielt sich zurück, während Tanis Pfeil um Pfeil
auf das Ziel abschoß, wobei erst blaue, dann rote Federn
aufschimmerten, während sie über den Hof flogen. Ein paar
Pfeile prallten gegen die Mauer, aber er traf den Heustapel
immer zuverlässiger. Alle vier oder fünf Male traf er sogar die
runde Zielscheibe - aber nie das Drachenauge in der Mitte.
Tyresian leierte seine übliche Kritik herunter. »Halt die
Schulter still. Nimm den Ellbogen zurück! Du schießt wie ein
Gossenzwerg, Halbelf. Laß beide Augen offen. Du willst doch
feststellen können, wie weit das Ziel entfernt ist, oder?«
Tanis lief in der drückenden Luft der Schweiß über das
Gesicht, doch schließlich traf ein Pfeil nur zwei Fingerbreit
neben dem Drachenauge. Triumphierend drehte er sich zu
Tyresian und der plappernden Zuschauerschar um. Selena, die
dunkle Ringe unter ihren Veilchenaugen hatte, schmiegte sich
eng an Ulthen an. Sie kicherte nur noch haltlos. Ulthens
halblanges, hellbraunes Haar streifte ihre Schulter, als er
versuchte, ihr die Hand vor den Mund zu legen, um ihr Lachen
zu ersticken. Litana kniff die Augen zusammen, als er höhnisch
lachte. Lord Xenoth hingegen, der Berater der Stimme, stand
mit unbewegtem Gesicht in der Tür. Porthios stand an der
Seite, schien aber wenig beeindruckt. Er nahm Flints Spielzeug
in die Hand und spielte gedankenverloren mit dem Querbalken,
wodurch die Fische herumwirbelten.
»Da!« schrie Tanis verzweifelt. »Und was ist das? Das ist
fast das Drachenauge!« Zu seinem Entsetzen merkte er, daß er
gegen Tränen ankämpfte. Wenn ich jetzt heule, sagte er sich,
kann ich gleich nach Kargod ziehen.
Porthios stellte die Fische auf eine leere Bank und kam her,
um Tanis' glatten Eschenbogen zu nehmen. In seinem Gesicht
kämpfte der Stolz gegen Verlegenheit, und einen Augenblick
lang dachte Tanis, sein Vetter wäre durch die Wendung der
Dinge beschämt.
»Da.« Die Stimme des Elfenlords klang etwas heiser.
Scheinbar anstrengungslos schwang Porthios den Langbogen
hoch und traf mit seinem Pfeil das Ziel. Dabei spaltete er Tanis'
Pfeil mit der stählernen Pfeilspitze, die laut zwischen Holz und
Leinen aufkam. Wortlos gab er dem Halbelfen den Bogen
zurück und wollte zu der Flügeltür gehen. Wieder sah Tanis
einen Moment lang das Unbehagen in Porthios' tiefliegenden
Augen.
»Aber du hast auch nicht besser getroffen als ich!« erhob
Tanis Einspruch, woraufhin Porthios sich umdrehte. Die beiden
wurden von mehreren Regentropfen getroffen. Tanis hörte,
wie Selena Litanas hineinschickte, um ihr Ölzeug zu holen.
Auf der anderen Seite nieste Tyresian.
Mit dem Rücken zu den Zuschauern griff Porthios Tanis an
den Oberarm. »Ich habe auf deinen Pfeil gezielt, kleiner Vetter,
nicht auf das Drachenauge«, sagte er leise. Aus seinen grünen
Augen, die so sehr denen der Stimme ähnelten, blitzte eine
Warnung.
»Das sagst du jetzt!« schimpfte Tanis laut und wütend. Er
merkte, wie sich seine Hände zu Fäusten ballten. Ein
Regentropfen traf Porthios auf den Kopf und glättete eine
Locke des dunkelblonden Haars. »Ich sage, du hast das
Drachenauge verfehlt!«
Er spürte mehr, als daß er es sah, wie Tyresian neben ihm
auftauchte, und hörte den Elfenlord mit glatter Stimme sagen:
»Das klingt nach einer Herausforderung, Mylord. Wollen wir
doch mal sehen, wie unser hitzköpfiger Freund Halbmensch
sich gegen Euch hält, Porthios.«
Das Mitgefühl auf Porthios' Gesicht verflog.

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