Drachenlord-Saga 02 - Drachenherz
versuchte, geheimnisvoll dreinzuschauen.
»Dann muß es mit einem Pferd zu tun haben«, sagte Virienne lächelnd, als sie sich wieder hinsetzte. »Ich kenne dieses Glitzern in deinen Augen.«
Raven zog einen Stuhl heran, um den Flecken Sonnenlicht zu teilen, in dem Virienne saß, und sie unterhielten sich. Virienne bestand darauf, alles zu erfahren, was Raven seit seinem Abschied getan hatte.
Sie legte die Hand an die Kehle, als sie von Tarens Leiden und seiner mutigen Flucht hörte; sie nickte verständnisvoll, als Raven davon sprach, daß ihm nach der Begegnung mit dem ehemaligen Jehangli-Sklaven klargeworden war, worin seine Pflicht bestand; sie staunte, als er Schloß Drachenhort beschrieb und davon sprach, am Tisch der Herrin gesessen und gesehen zu haben, wie Echtdrachen über die Festung hinwegflogen.
Als er über die erste Begegnung mit Sturmwind berichtete, lachte sie. »Ich wußte es!« sagte sie und klatschte entzückt in die Hände. »Ich wußte, es würde noch ein Pferd in dieser Geschichte vorkommen! Und was für ein Pferd!«
Aber dann wurde sie ernst; als sie von dem Versagen bei der Befreiung des gefangenen Echtdrachen hörte und als Raven ihr von Llelds Plan berichtete und daß er daran Anteil haben sollte – obwohl er ihr nicht genau sagte, worin dieser Anteil bestand. Sie war bleich geworden.
»Mußt du das wirklich tun?« fragte sie leise.
»Ja«, sagte er. »Ich muß. Und du mußt schwören, daß du niemandem davon erzählst. Nicht einmal Vater oder Honigan, überhaupt niemandem. Sag einfach, daß ich mit den Drachenlords Weiterreisen werde. Wirst du das für mich tun?«
Sie sagte: »Ich schwöre.« Ihre Stimme war beinahe fest Aber in ihrem Blick stand die Angst einer Mutter.
Raven nickte. Er schaute zu Boden und bemerkte, daß der Fleck Sonnenlicht, in dem sie gesessen hatten, längst weitergewandert war. Sie hatten lange miteinander gesprochen, länger, als er geglaubt hatte. Er hatte Glück, daß sein Vater noch nicht nach Hause gekommen war.
Und wenn er wollte, daß sein Glück andauerte, sollte er lieber gehen. Raven stand auf, den Umhang über dem Arm. »Ich muß jetzt gehen«, sagte er.
Auch Virienne erhob sich. »Ich verstehe. Raven, was ich vorher gesagt habe … glaub bitte nicht, daß ich nur ehrgeizig für Honigan bin«, flehte sie ihn an. »Ja, ich möchte, daß er eines Tages Rotfalks Geschäft übernimmt – aber nur, weil ich weiß, daß es dir die Freiheit geben würde, deine eigenen Träume zu erfüllen. Welche Mutter könnte sich mehr für ihre Söhne wünschen?«
Raven lächelte. »Was können wir uns mehr wünschen? Frag Maurynna. Ihr Traum hat sich erfüllt – jetzt bin ich dran.«
Sie hob die Hand an den Mund. »Ah«, sagte Virienne. »Es tut mir leid, Raven; ich weiß, daß du gehofft hast …«
»Es tut nicht mehr richtig weh«, log Raven. »Zweifellos möchtest du sie und Linden gerne sehen. Ich werde sie herbringen …«
Virienne riß entsetzt die Augen auf. »Drachenlords hier? Raven, ich habe nicht genug Zeit, etwas zu planen …«
»Virienne!« sagte er. »Es ist Maurynna! Erinnerst du dich an sie? Dieselbe Maurynna, die, als sie zehn Jahre alt war, deine beste und teuerste assantikkanische Teekanne zerbrochen hat. Plane auf keinen Fall irgend etwas Aufwendiges für sie. Bitte. Ich fürchte, wenn du das tust, wird sie doch noch zusammenbrechen und weinen. Gestern hätte ich zum ersten Mal in meinem Leben Breslin umarmen können.«
Und jetzt bin ich ihm um meiner selbst willen etwas schuldig. Er beschloß, das nicht weiter auszuführen. Sollte Virienne doch denken, daß er einfach nur aus Glück zu einem Zeitpunkt aufgetaucht war, als sein Vater nicht anwesend war.
»Breslin?« fragte Virienne erstaunt. »Dieser unangenehme, kleine – warum denn das? Ich hätte eher gedacht, daß du ihm die Nase blutig schlagen wirst.«
Raven nickte. »Ich auch. Aber als wir einliefen, hat sich Rynnas Familie benommen, als wäre eine Fremde unter ihnen erschienen, eine Prinzessin, der sie sich nicht nähern durften. Niemand hat sie umarmt, und Kesselandt wollte sogar vor ihr niederknien. Ich dachte, Rynna würde auf der Stelle in Tränen ausbrechen. Und in diesem Augenblick hat Breslin den Tag gerettet, mögen die Götter diese unsägliche Kröte segnen! Sobald er Maurynna erblickte, hat er angefangen, sich mit ihr zu streiten, als hätte sich nichts gewandelt – besonders Maurynna nicht.« Raven grinste seine Stiefmutter an, denn er wußte, wie sehr sie solche
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