Drachenlord-Saga 03 - Das Lied des Phönix
Rhampul.«
Das war tatsächlich überraschend. »Rhampul? Dort gibt es gar nichts; es ist eine kleine Garnisonsstadt …«
»Und der höchste Offizier hat Verbindungen zu Jhanun. Und das Seltsamste daran ist, daß eine ganze Anzahl von Männern, die seine Ansichten teilen …«
All jene, deren Haarknoten nach Xianes Ansicht zu fest geschlungen waren, aber er erwähnte es nicht …
»… ebenso die Hauptstadt verlassen haben.« Musahi blickte auf die Papiere in seinen Händen nieder, als weigerten sie sich bewußt, ihm ihre Geheimnisse zu verraten.
Xiane pfiff leise vor sich hin. Es war kein Zufall, daß die konservativsten Jehangli-Adligen alle gleichzeitig nicht in der Hauptstadt weilten. Irgend etwas war im Busch; daran bestand kein Zweifel.
Er mußte wissen, was. Aber die andere Seite dieser Angelegenheit war, daß die Abwesenheit besagter Adliger und ihre daraus folgende Unfähigkeit, ihm zu widersprechen, ihm ermöglichten, daß er selbst mit seinen geheimen Plänen fortfuhr.
Es würde rasch geschehen müssen; tagelange Vorbereitungen würden nur bedeuten, daß diese Adligen Gelegenheit haben würden, in die Hauptstadt zurückzukehren. Es war ungerecht gegenüber Shei-Luin, aber sie würde sich mit dem zufriedengeben müssen, was innerhalb von einem oder zwei Tagen arrangiert werden konnte.
Und der Thron von Riya-Akono, dachte er, würde sie für vieles entschädigen.
*Shima! Shimal*
Shima, wieder auf dem Heimweg, nachdem er für Zhantse eine Botschaft ins Tal gebracht hatte, zügelte sein Pferd. Die kleine Stute, dankbar für die unerwartete Ruhepause, senkte den Kopf, um sich nach Grashalmen umzusehen. Shima schloß die Augen und konzentrierte sich. Miune, was ist los?
*Ich habe eine andere gefunden, die so wie du ist! Ist das nicht wunderbar?* fragte die Gedankenstimme.
Bist du sicher?
*0 ja. Ich folge ihr. Ihr Haar ist deinem ganz ähnlich, aber ihre Gefährten! Nie habe ich solche Menschen gesehen. Sie reisen mit einer Händlerkarawane mit vielen Wachen.*
Reisende Gaukler aus dem Norden, dachte Shima bei sich. Aber »viele Wachen«? Das war ungewöhnlich.
Einige Wachen, ja – genug, damit eine Händlerkarawane nicht mehr so attraktiv für Banditen war. Aber welcher Kaufmann würde für »viele Wachen« bezahlen? Miune, sei vorsichtig! Wenn die Wachen dich sehen …
*Ich bin immer vorsichtig. Ihre Pferde würden dir gefallen, ich – oh! Ihre Mittagsrast ist vorüber, und sie machen sich bereit, weiterzuziehen. Ich muß gehen!*
Der Kontakt endete so abrupt, wie er begonnen hatte. Shima schüttelte beunruhigt den Kopf. Ich hoffe, Miune weiß, was er tut. Wenn er zu aufgeregt wird und den Kopf zur falschen Zeit aus dem Wasser streckt …
Dennoch, der Gedanke, daß es andere wie ihn gab, war ein Trost. Er trieb die Stute wieder an und hoffte, Miune würde ihm bald mehr Neuigkeiten bringen.
10. KAPITEL
Die Tempel an den vier Schutzpunkten waren größer, und der Tempel auf dem heiligen Berg Rivasha heiliger, aber nichts war großartiger als der Tempel des Phönix in der kaiserlichen Hauptstadt. Hier wurden die Kaiser – und nun die erste Kaiserin in mehr als hundert Jahren – gekrönt.
Zum ersten Mal, seit sie in Xianes Harem eingetreten war, bewegte sich Shei-Luin unverschleiert und in einer offenen Sänfte durch die Straßen der Stadt. Menschenmengen drängten sich am Weg, riefen einander aufgeregt zu und verbeugten sich beim Anblick Xianes in der Sänfte vor ihr, und sie verbeugten sich auch vor ihr.
Nur die Soldaten mit ihren Holzstöcken verhinderten, daß die Menge auf die Straße hinausdrängte, als sich alle gegenseitig schubsten, um besser sehen zu können. Eltern hielten ihre Kinder hoch, damit sie das Spektakel sehen konnten; Shei-Luin hörte, wie eine Mutter ihr Kind mit schriller, aufgeregter Stimme aufforderte, sich an diesen glückverheißenden Tag zu erinnern. Viele fuchtelten mit brennenden Räucherstäbchen herum und sangen: »Tausend, tausend Jahre für unseren Kaiser! Tausend, tausend Jahre für unsere Kaiserin! Kinder des Phönix, herrscht für immer!« Eine betörende Mischung aus Sandelholz, Kiefern, Rosen und Myrrhe wehte über Shei-Luin hinweg, als ihre acht Träger in stetigem Tempo durch die Straßen marschierten.
Einen feierlichen Schritt nach dem anderen kamen sie dem Tempel und ihrem Schicksal näher. Sie war einen Augenblick lang besorgt, als sie sah, wie steil die Treppe war, und stellte sich vor, wie sie ausgesprochen unwürdig hintenüber aus
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