Drachenmord (Funny-Fantasy-Serie: Gesandter der Drachen) (German Edition)
hier bewusstlos unter einen Tisch zu sinken.
„Statten wir dem Städtemeister einen Besuch ab!“
„Geh allein“, sagte Sirluîn. „Ich erledige inzwischen einige Einkäufe.“
Die Kunde meiner Ankunft war mir offensichtlich schon vorausgeeilt. Ein alter Bekannter öffnete mir die Tür: Troje von Calys.
Er hatte die freie Hand auf dem Schwertknauf liegen. Sein Lächeln war eine einzige Beleidigung.
„Welche Freude“, sagte er. „Welch Licht in unserer armseligen Behausung! Anjûl, der Drachentöter, der Erretter zahlloser Jungfrauen, der Schatzjäger …“
„Mund zu“, sagte ich und schob ihn beiseite.
„Ich vergaß Gesandter der Drachen “, zischte er in meinen Nacken.
Ich drehte mich ganz langsam zu ihm um.
„Genau das, Troje. Und ich erwarte den Respekt, den man – wenn nicht mir – dann doch meinem Amt gegenüber bezeigen sollte, wenn man keines schmerzhaften Todes sterben will.“
„Respekt“, wiederholte er und es klang, als habe er etwas Ekelerregendes im Mund, das er nicht ausspucken konnte. „Gewiss haben wir Respekt. Und wir empfinden Bewunderung für einen Mann, dem es gelungen ist, so unerwartet, sagen wir: aufzusteigen. Eben noch warst du ein Flüchtling. Gehasst und verachtet. Ein Drachenjäger auf der Flucht vor dem, was er eigentlich jagen wollte. Und auf einmal – was tritt uns entgegen? Ein frisch gebackener Gesandter der Drachen.“
„Kein Wunder, dass ihr das komisch findet. Ich finde es selber komisch.“
„Komisch war nicht das Wort, das mir in den Sinn kam. Aber ganz egal: Wir wollen dich deinem Gastgeber nicht länger vorenthalten. Er erwartet dich bereits.“
Merchlund, der Städtemeister, war ein schlanker, hochgewachsener Mann mit verkniffenem Lächeln. Noch immer trug er den Titel des Herren über alle Städte am See, auch wenn nur diese eine damals übrig geblieben war, als Nyredd die Gegend unterworfen hatte.
Merchlund streckte beide Hände nach mir aus.
„Sieh da“, sagte er leutselig. „Anjûl! Ich grüße den Träger des Sirtâsh! Willkommen in Schattensee und in meinem Haus! Wie erfreulich, dass ein Mann von deinen Fähigkeiten schließlich zu seiner wahren Berufung gefunden hat.“
Leider bestand er darauf, mich in eine Umarmung zu ziehen. Ja, dieser Mann wusste, was Diplomatie ist.
Aber ich kann bisweilen auch falsch sein.
Ich erwiderte den leichten Druck seiner Hände und bedankte mich für den warmherzigen Empfang, während sich Troje von Calys am Tisch schon einen schnellen Schluck aus seinem Becher genehmigte.
Ich wurde eingeladen, mich neben ihn zu setzen.
„Oh, ich nehme lieber diesen Stuhl hier“, sagte ich und zog mir den Sessel des Städtemeisters heran.
Merchlunds Lächeln verschwand ganz kurz, um doppelt so strahlend zurückzukehren.
„Natürlich. Wie gedankenlos von mir. Nur der beste Platz für den Träger des Sirtâsh.“ Er setzte sich neben Troje. „Und nun greif zu!“
Die Tafel war reich gedeckt und ich ließ mich nicht zweimal bitten. Der Wels aus dem See der Schatten ist weithin berühmt. Ebenso die Hechtpastete, die aus dem Fleisch des Grauhechts bereitet wird.
Ja, manchmal hat es eben auch sein Gutes, ein Gesandter der Drachen zu sein! Ich aß und sprach dem guten Wein zu. Trotzdem blieb ich vorsichtig.
Nachdem Troje den dritten oder vierten Becher geleert hatte, fand ich es an der Zeit, ihm einige Fragen zu stellen, denn ich wusste noch genau, wie wenig er vertrug.
„Dumm für euch, das Ganze, nicht wahr?“
„Was?“
„Nyredds Tod.“
„Ah, das. Ja. Natürlich.“
Merchlund, der weit mehr vertrug, zuckte nur die Achseln.
„Wir werden dem neuen Herrscher selbstverständlich genauso treu ergeben sein.“
„Und wer wird das eurer Meinung nach sein?“
Troje lachte und bekam Schluckauf.
„Wer schon“, sagte er und hickste dann, bis ich ihm unerwartet die Faust in die Seite stieß. Der Städtemeister schenkte ihm fürsorglich nach.
Fürchtete er Trojes Redseligkeit denn gar nicht?
Ich versuchte es also auf einem anderen Weg.
„Mir könnt ihr es sagen“, behauptete ich.
„Was sagen?“, fragte Merchlund.
Ich setzte ein wissendes Lächeln auf und schwieg.
Aber auch so kam ich nicht weiter. Merchlund aß geruhsam, ohne sich durch die plötzliche Stille bei Tisch irritieren zu lassen. Trojes Kopf sank irgendwann nach vorne. Seine Stirn ruhte bald auf dem breiten, versilberten Tellerrand. Er schnarchte vernehmlich. Ich nahm das zum Vorwand, um nach einem Nachtlager zu fragen.
„Es
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