Drachenmord (Funny-Fantasy-Serie: Gesandter der Drachen) (German Edition)
Treppe und gelangte in eine nicht weniger verrufene Pinte, das Fliegende Einhorn . Das Haus befand sich über dem See, gestützt von Holzstangen, die tief in den Seegrund getrieben worden waren. Es verfügte über einen eigenen Anlegesteg und eine verborgene Luke, durch die man unliebsame Gäste verschwinden lassen konnte, nachdem man ihnen einen Schlag über den Schädel gegeben hatte. Ich erinnere mich da an Bredegar … aber das ist eine andere Geschichte.
In dieser Nacht blieb die Luke geschlossen. Nissel, der Wirt, war bester Laune. In der Gaststube drängten sich mehrere Dutzend Menschen. Man trank, würfelte, betrog und suchte Händel, aber wie überall in der Stadt verlief alles auf eine stille Art, die Fremde oft irrtümlich für Friedfertigkeit halten.
Solch ein unerfahrener Reisender saß zwischen Einheimischen, die ihn offensichtlich schon ordentlich ausgeplündert hatten, denn vor ihnen türmten sich Münzen, während bei ihm nur noch drei Silberlinge zu sehen waren.
Ich sah zu, wie auch diese drei Geldstücke verschwanden, setzte mich unaufgefordert dazu, langte in die Tasche und setzte einen Goldlich.
„Worauf denn?“, fragte einer der Spieler.
„Darauf, dass ihr ihm wiedergebt, was ihr ihm abgenommen habt.“
Man starrte mich nur entrüstet an. Der Fremde sah in die Runde.
„Du möchtest doch nicht andeuten, dass diese Männer falsch spielen?“
„Natürlich tun sie das“, sagte ich. „Da bedarf es keiner Andeutungen.“
Sofort packten mich zwei von den Burschen.
Ich besann mich auf die Gepflogenheiten der Stadt, stets leise zu bleiben, und drückte dem einen mit der linken Hand die Luft ab, während ich dem anderen nach Art meines Freundes Sirluîn das Knie in den Schritt rammte. Beide gingen beinahe lautlos zu Boden.
„Noch jemand?“, erkundigte ich mich freundlich.
Vorerst meldete sich niemand.
Ich räumte den beiden Raufbolden die Taschen aus und häufte Münzen vor dem Fremden auf die Tischplatte.
Er stand auf.
„Offensichtlich hältst du mich für einen Weichling, der nicht selber auf sich aufpassen kann.“
Ich nickte.
Im nächsten Augenblick fiel ich mitsamt der Sitzbank rückwärts und Blut schoss mir aus der Nase. Der Fremde flankte über den Tisch und wollte eben seinen zweiten Fausthieb anbringen, da strich ein bestickter Kleidersaum an meiner Wange vorbei, es gab einen vernehmlichen Schlag, und der Fremde ging neben mir zu Boden. Über uns stand Sirluîn.
Dann geschah, was unweigerlich geschieht, wenn man in einer Spelunke dieser Stadt einen Streit vom Zaun bricht: Jeder geriet mit jedem aneinander. Nur verzichtete man in Schattensee auf Gebrüll und das Zerschlagen der Einrichtung, um Lärm zu vermeiden.
Umso verbissener wird gekämpft.
Mir troff immer noch Blut auf den Kragen, da hatte mich schon irgendein Kerl gepackt und versuchte, meinen Kopf gegen die Kante der Bank zu hämmern. Sirluîn ging in einem Wust aus schwitzenden Körpern unter. Am Boden glänzten die Münzen des Fremden.
Ich schleuderte meinen Gegner über mich hinweg, stemmte mich hoch und gab mir alle Mühe, Sirluîn unter den Raufbolden hervorzuziehen. Dann fasste eine Hand den Stoff, den ich mir um die Stirn gewunden hatte. Auf der anderen Seite des Tisches gab es einen Aufschrei, als Licht auf den Sirtâsh fiel.
Ich versuchte noch, dieses vermaledeite Schmuckstück mit der Hand zu bedecken, aber es war zu spät.
Binnen weniger Augenblicke hatten sich die eben noch so kampflüsternen Burschen aufgerappelt. Einige schwangen sich durchs Fenster auf den schmalen Steg. Einen von ihnen hörte man ins Wasser platschen. Die anderen drückten sich durch die Tür.
Außer dem Wirt waren binnen weniger Sekunden nur Sirluîn, der Fremde und ich in der Schenke geblieben.
Ich richtete die umgefallene Bank auf und bestellte einen Krug heißen Gewürzwein, drei Becher und ein nasses Tuch.
Der Fremde verstand den Wink. Er sammelte sein Geld auf und setzte sich manierlich an den Tisch. Der Wirt brachte das Tuch und den Würzwein, dessen kräftiger Geruch mir half, die Nase freizubekommen. Ich drückte das nasse Tuch auf die Nasenwurzel und wischte mir das Blut ab.
Der Fremde musterte mich und dabei fiel mir auf, was ich viel früher hätte bemerken müssen: Er hatte Elfenaugen – grün wie edler Chrysopras und umrandet von langen Wimpern. Doch sein Gesichtsschnitt war ein wenig zu grob für einen Elfen, die Ohrkrempen nicht spitz, sondern ganz und gar menschlich.
Ein Ganymor – ein
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