Drachenmord (Funny-Fantasy-Serie: Gesandter der Drachen) (German Edition)
er nach einer Weile. „Zauberer nutzen sie, um dich zu binden.“
„Aberglaube! Bitte, Onkel Lynfir. Gib du mir einen Namen!“
Wieder blieb Lynfir lange still. Ich begann im kühlen Wasser zu frösteln. Plötzlich hob er sich ein wenig aus dem Wasser.
„Wenn du darauf bestehst: So sollst du also Anlys heißen.“
Sie ließ sich einfach fallen und schlang ihre Arme um seinen Hals.
„Das ist wunderschön!“
Wunderschön und ein wenig traurig.
Anlys heißt der Flaum der Waldrebe in der Sprache der Drachen. Er bedeutet Schönheit, die im Verborgenen blüht , aber auch Erinnerung . Das Wort symbolisiert Sehnsucht, weil die feinen Samen eine neue Heimat suchen, da sie es nicht wagen dürfen, in der Nähe der Mutterpflanze zu bleiben, wo sie keine Lebensgrundlage finden würden.
Anlys.
Wirklich, ein wunderschöner Name.
Ich tauchte wieder unter und schwamm zurück. Meine Kleider waren noch nicht getrocknet, aber ich zog sie trotzdem an.
Ich wusste nun, dass es Lynfir gut ging. Weshalb also noch hier bleiben? Veshira hatte mir nur wenig Zeit gegeben. Davon hatte ich die meiste verschwendet und müßige Gespräche geführt.
Nur, wohin sollte ich mich wenden? Wo – und vor allem wie – sollte ich in den wenigen verbleibenden Tagen den Mörder finden?
Was hatte ich bisher in Erfahrung gebracht?
Nichts. Weniger als nichts.
Ich lief in den Wald hinein, lehnte meine Stirn gegen einen kühlen, bemoosten Stamm und begann nachzudenken. Genau das hatte mir Veshira ja empfohlen.
Weshalb war ich diesem Rat so wenig gefolgt?
Ich würde Ruhe benötigen. Und zusätzliches Wissen.
Gab es einen Ort, an dem sich beides finden ließ?
Der Staub alter Bücher
Es kostete mich all meine Überredungsgabe, in die Halle der Bücher eingelassen zu werden. Während ich mit Azelôt herumstritt, wünschte ich mir die Gabe der Drachen, andere Wesen mit der Stimme zu binden.
Aber schließlich stand ich dann doch in Nyredds Bibliothek.
Sie sah anders aus, als man sich solche Orte im Allgemeinen vorstellt, denn Drachen möchten ihre Bücher in Augenhöhe haben.
Glücklicherweise waren die Drachenjungfern dafür zuständig, die Bände zum Lesepult zu bringen. Daher gab es zwei hohe, goldene Leitern und eine schmale Balustrade, über die ich zu den kostbaren Werken der Schriftkunst gelangte.
Es waren hunderte.
Drachen sind leidenschaftliche Sammler. Sie horten nicht nur Gold und Edelsteine, sondern auch alles andere, das als kostbar erachtet wird. Daher besitzen die Drachen oft Bücher. Am liebsten solche, die von Drachen berichten.
Sie geben sogar selbst Bücher in Auftrag. Nyredd hatte die Geschichte seines Aufstiegs zum Drachenkönig von einem Schriftkundigen auf dem Leder schwarzer Hirsche verewigen lassen, geschrieben in silberner Tinte und ausgemalt in lebhaften Farben.
Ich wuchtete den ungeheuren Band auf das Lesepult.
Da Drachen Mühe mit dem Umblättern haben, wenden Lesepulte die Seiten magisch um, wenn man Aminsul sagt. So hatte ich es selbst in einem Buch für Drachenjäger gelesen. Ich sprach das magische Wort.
Nichts rührte sich.
Also blätterte ich selbst um.
Nyredds Lebensgeschichte war im Stil aller großen Heldenepen verfasst. Schon sein Schlüpfen aus dem silbernen Ei hatten wundersame Zeichen angekündigt. Seine Mutter war von Drachentötern verfolgt worden, sein Vater bei einem großen Kampf in einen Vulkankrater gestürzt. In seiner Jugend hatte er bereits weit ältere Gegner bezwungen und Jungfrauen waren ihm nur wegen seiner zauberhaften Stimme gefolgt, um ihm zu dienen, darunter … die jüngste Tochter des Königs von Irmadnûl! So, so.
Nerade war also nicht die erste Drachenjungfer ihrer Familie. Irmadnûl musste damals ein großes und bedeutendes Reich gewesen sein, denn die junge Prinzessin hatte Nyredd ihre Aussteuer zu Füßen legen lassen, darunter 12 Rubine, jeder von der Größe eines Taubeneies, eine vergoldete Kutsche und Goldgeschirr für 144 Personen.
Der Verfasser dieses Lobpreises behauptete, Nyredd sei in seiner Jugend ein Wohltäter gewesen, beliebt bei Mensch und Tier und ausgestattet mit einer zauberhaften Singstimme. Doch dann …
Ich blätterte die Seiten immer schneller um. Nyredds Schicksal hatte begonnen, mich zu fesseln.
Wollte man der Geschichte Glauben schenken, dann war Nyredd dreimal in seinem langen Drachenleben von einem Wesen aufs Schwerste enttäuscht worden. Das erste Mal von
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