Drachenmord (Funny-Fantasy-Serie: Gesandter der Drachen) (German Edition)
aufbrach, las ich trockene Äste auf und schichtete sie über der Leiche auf, bedeckte das Ganze dann noch mit den verschlungenen Ausläufern der Waldrebe und machte mich dann auf den Weg ins Gebirge.
Ich erschrak nicht schlecht, als mitten im Aufstieg über eine Steilwand plötzlich hinter mir schwere Flügel schlugen. Ich verlor den Halt, konnte mich noch einen Augenblick lang einstemmen und schrammte dann abwärts an der Wand entlang, bis eine samtige Zunge meinen Sturz auffing. Die Zungenspitze schleuderte mich nach oben und ich kam in Lynfirs Nacken auf.
„Spinnst du eigentlich?“, brüllte ich, als ich wieder Luft bekam. „Das hätte mein Tod sein können!“
„Hab dich doch“, sagte Lynfir unbekümmert und flog eine weite Schleife.
Er sah besser aus. Sehr viel besser.
„Wo warst du überhaupt?“, fragte ich.
„Ich habe dich gesucht. Warum bist du da im Wald auf einmal verschwunden?“
„Ich hatte etwas zu erledigen.“
„Aha. Und wohin bist du nun unterwegs?“
„Was meinst du denn?“, fragte ich gereizt. „Wohin könnte jemand wollen, der sich eigens diese Felswände hinauf quält?“
„Aber was willst du denn da?“, fragte Lynfir zurück. „Das letzte Mal wolltest du so schnell wie möglich dort fort.“
„Dort fort“, äffte ich ihn nach. „Du reimst. Bist du verliebt?“
Mir fiel ein, dass ich ein möglicherweise delikates Thema ansprach, da ließ sich Lynfir schon zur Seite rollen. Ich versuchte, mich anzuklammern und seinen Hals mit den Beinen zu umschlingen. Vergebens. Mit dem Kopf nach unten verlor ich den Halt und stürzte dem weit entfernten Boden entgegen.
Der Sturz dauerte nicht lange.
Lynfir fing mich ab. Aber damit ich mir nicht einbildete, er habe es meinetwegen getan, redete er nun nicht mehr mit mir. Kurz bevor wir den Nestgrund erreichten, pflückte er mich von seinem Nacken und trug mich weiter wie eine tote Ziege.
Er spuckte mich Veshira buchstäblich vor die Füße.
„Besuch“, sagte er misslaunig.
Aber da war er an die Falsche geraten.
Veshira verpasste ihm einen wuchtigen Nasenstüber, der ihn benommen den Kopf schütteln ließ.
„Du lernst mal Manieren“, sagte sie und wandte sich dann mir zu. „Ist dein Auftrag erfüllt?“
Meine Laune war inzwischen auch nicht mehr die beste, aber ich legte keinen Wert auf einen Stoß mit der Schnauze.
„Nahezu“, sagte ich deswegen. „Ich muss dich einiges fragen.“
Sie beäugte mich.
„Dann frage, Anjûl!“
„Nicht hier.“
Veshira überdachte das. Dabei warf sie immer wieder besorgte Seitenblicke über den Nestrand. Anscheinend waren die Jungen geschlüpft, denn ich hörte das charakteristische Zirpen und gelegentliche leise Grollen der Nestlinge.
Die anderen Drachenmütter betrachteten mich mit einer Mischung aus Abneigung und Neugier. Der Geruch von Blut und Sommerhitze auf Gestein lag schwer über dem Plateau. Kein Wind ging.
Veshira packte mich unvermittelt und trug mich auf einen höher gelegenen Felsabsatz.
„Komm zur Sache“, befahl sie.
Sie wirkte sehniger, so als habe sie an Gewicht verloren. Ihre Augen hatten zu viel Glanz.
„Geht es dir gut?“, fragte ich unwillkürlich.
„Danke der Nachfrage! Ja, es geht mir gut“, schnappte sie. „Bist du gekommen, um dich nach meinem Befinden zu erkundigen?“
Ich musterte sie.
„Ja“, sagte ich dann. „Denn ganz gleich, was du behauptest, es geht dir überhaupt nicht gut. Du machst dir Sorgen.“
„Wundert dich das?“
Sogar ihre Stimme klang matt.
„Ja, es wundert mich. Was soll einem Drachen Sorgen bereiten? Höchstens andere Drachen.“
Ich hörte sie leise schnaufen.
„Wer?“, fragte ich.
„Rate!“
Nun, letztlich lag es auf der Hand.
„Niflingyr?“, fragte ich.
Zeuge zu werden, wie ein Drache in Tränen ausbricht, ist es gewiss wert, einiges zu erdulden. Aber es ist auch nass.
Ich stand eine ganze Weile in einem heftigen Sprühregen, der meine Kleider schließlich bis auf die Haut durchweichte.
„Wird schon“, sagte ich aufmunternd und wrang den Saum meines Gewandes aus.
Im Nachhinein war es Veshira sichtlich peinlich. Sie leckte sich das Gesicht und mied meinen Blick. Dann straffte sie sich.
„Du musst mit deinen Untersuchungen vorankommen!“
„Ich käme schneller voran, wenn du mir mehr sagen würdest. Zum Beispiel muss ich wissen, was es mit dem Mädchen im Wald auf sich hat, von dem Lynfir Onkel genannt wird.“
„Schhhh!“ Ihr Flügel klatschte mich gegen die Felswand. „Bist du
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